Mit Spirituals durch Siebenbürgen Sommerabenteuer in Rumänien - das Greifswalder Gospelkombinat Nordost erzählt

Das Gospelkombinat Nordost beim Konzert in der Burgkirche von Petersberg

Foto: Johannes Chibici-Revneanu

18.08.2019 · Petersberg/Greifswald. Trutzige Burgen und wildromantische Wälder, eine überbordende Gastfreundschaft und manche Sitten, die für Außenstehende eher befremdlich wirken: Der Greifswalder Chor Gospelkombinat Nordost war für zehn Tage auf Konzertour in Siebenbürgen, Rumänien. Chorleiterin und Pastorin Nicole Chibici-Revneanu erzählt.

Es ist schon komisch, wenn da vorn jemand unseren Chor anmoderiert, ohne dass wir ein Wort verstehen. Worüber lacht das Publikum gerade? Und was meint der ältere Herr, aus dessen Frage wir das Wort „comunist“ heraushören? Später, nach dem Konzert, werden wir unseren Reiseleiter und -begleiter Peter fragen. Bis dahin müssen wir uns damit begnügen, dass immerhin alle guter Laune zu sein scheinen – auf Rumänisch, Ungarisch oder wie auch immer.

Spirituals mit biblischen Psalmen

Ob sie gleich mitsingen werden, bei unserem ersten Lied? Mit dem neuen Programm „psalms & spirituals“ sind wir erst kurz vor der Chorfahrt fertig geworden. Einmal haben wir es schon in Greifswald-Wieck aufgeführt und gemerkt: Die Idee geht auf. Die Idee war, bekannte und damit für das Publikum mitsingfähige Spirituals mit biblischen Psalmen zu neuen Stücken zu kombinieren. Und dazwischen ein paar kleine, einfache Lieder einzustreuen, die aus der ältesten edierten Sammlung von Spirituals, den „Slave Songs of the United States“, stammen und heute größtenteils in Vergessenheit geraten sind. Das ist manchmal Theologie in ihrer kompaktesten Form, wenn etwa die Geschichte vom Sündenfall in sechs Sätzen erzählt wird. Manchmal ist es schlicht ein Zeugnis davon, dass diese Spirituals Glaubenszeugnisse von Menschen sind, die auf den Plantagen der Südstaaten oft wie Tiere gehalten wurden – und dennoch solche Kulturleistungen hervorgebracht haben.

Kulturleistungen – das ist auch ein gutes Stichwort für unser diesjähriges Chorfahrtland Siebenbürgen, wo wir vom 12. bis 21. Juli unterwegs sind. Die ersten fünf Nächte wohnen wir in Wolkendorf, die letzten vier in Absdorf/Acatari, von dort aus unternehmen wir diverse Ausflüge. Wehrhafte Kirchenburgen und raffinierte Befestigungssysteme lernen wir kennen und viele verschiedene Weisen, wie Häuser und Höfe gebaut, ausgebaut und verziert worden sind. Ob hier Sachsen, Ungarn, Szekler, Rumänen oder Roma leben oder gelebt haben, lässt sich oft am Fassadenschmuck, der Dachform, den Brunnen oder Farben erraten. Und die Kirchen? Die orthodoxen sind leicht zu erkennen: Die meisten von ihnen wurden erst in den vergangenen Jahrzehnten hochgezogen und wollen offensichtlich Pracht und Präsenz vermitteln. Aber die Kirchen dieser Mehrheitskonfession lernen wir nur als Touristen kennen, Konzerte und Gottesdienste gestalten wir in lutherischen, reformierten und katholischen Gemeinden – und erleben unter den unterschiedlichsten Bedingungen, wie der Funke überspringt.

„Wir gospeln in die Lücke rein“

In Petersberg/Sanpetru wird, veranlasst durch unseren Besuch, nach achtjähriger Pause die Tradition des „Burgfestes“ wieder aufgegriffen, und so feiern wir nach Gottesdienst und Konzert im Hof der alten Kirchenburg mit Gegrilltem und Blasmusik, auch bei strömendem Regen. In Fogarasch/Fagaras versuchen wir, das Konzert für unsere geplante Live-CD mitzuschneiden und sind ganz baff, wie diszipliniert das Publikum jeglichen Lärm vermeidet – oder durch strafende Blicke ahndet. In Kronstadt/Brasov feiern wir mit ungarischsprachigen Priestern in rumänischer Sprache einen katholischen Gottesdienst – doch als wir nach dem anschließenden Kurzkonzert den starken Eindruck haben, dass das Publikum gern mehr von uns hören würde, winkt der Pfarrer ab und bittet eine Frau nach vorn, die den Abend mit einem Marien lied aus Medjugorje beschließt.

In Sächsisch Regen/Reghin singen wir unter einer überlebensgroßen Christusstatue auf einer Weltkugel und finden die vielen Kelchmotive in der Kirchenausstattung überaus passend, nachdem wir am Nachmittag ein Weingut besucht haben.



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