"Gefährlich verankert" Neues Buch zu Rechtsextremismus in MV erschienen

01.05.2015 · Schwerin.

Der Rechtsextremismus in Mecklenburg-Vorpommern versucht nach den Worten des SPD-Landtagsfraktionsvorsitzenden Norbert Nieszery zunehmend, über wirtschaftliche Aktivitäten Einfluss und Anerkennung zu gewinnen. Dies geschehe unter anderem durch kleine Dienstleistungsunternehmen, den Erwerb von Immobilien und die Landwirtschaft, sagte Nieszery am Donnerstag in Schwerin bei der Vorstellung des Buches "Gefährlich verankert". Es zeige die "wirklich gefährliche Verankerung" Rechtsextremer in der Mitte der Gesellschaft. Als Reaktion könne er sich vorstellen, die Regionalzentren für demokratische Kultur im Land weiter zu stärken. Die Autorin Andrea Röpke hatte ihr Werk zum Rechtsextremismus im Nordosten im Auftrag der SPD-Landtagsfraktion erarbeitet.

Bundesfamilienministerin Manuela Schwesig (SPD) sagte, das Buch von Röpke zeige über knapp 250 Seiten, wie stark verankert und gut vernetzt der Rechtsextremismus in MV ist und wie er sich wirtschaftlich engagiert. Im Nordosten gebe es den Mut, diese Themen offen anzusprechen. Das Thema Rechtsextremismus dürfe nicht vom NPD-Wahlergebnis abhängig gemacht werden. Viel wichtiger als Intervention sei die Prävention.

Die rechtsextremistische Szene sei im Wandel, sagte Röpke. Oft werde der Fehler gemacht, sich zu sehr auf die NPD zu konzentrieren. So sei die MVgida-Bewegung im Nordosten unterwandert und angeführt von Rechtsextremen. 2014 habe es in MV 83 Gewalttaten von rechts gegeben. Zu den neuen Tendenzen gehöre eine Verflechtung beispielsweise mit Rockern, Hooligans und der Kampfsportszene. Es gebe rechtsextreme Bruderschaften, eine auch in MV aktive antisemitische Sekte, ein Erstarken von Frauen in der rechten Szene und eine nach wie vor gefährliche Ausstrahlung rechtsextremer Siedler (Artamanen).

Eine Bastion der rechten Szene sei das Thinghaus in Grevesmühlen (Kreis Nordwestmecklenburg), sagte Röpke weiter. Einheimische hätten keine Hemmschwelle, in dieses "braune Sammelzentrum" zu gehen, etwa zu den monatlichen Kneipenabenden. Die im Schweriner Landtag vertretene NPD habe mit Hilfe staatlicher Gelder eine "unheimliche Kaderbildung" vorgenommen, auch Straftäter seien geschult worden. Es gebe aber auch eine selbstbewusst und unabhängig von der NPD agierende Szene, vor allem in der Region Ostvorpommern.

Röpke plädierte dafür, in der Auseinandersetzung mit dem Rechtsextremismus sehr engagiert mit antifaschistischen Strukturen und unabhängigen Opferberatungsstellen zusammen zu arbeiten. Gerade in MV sei es nicht selbstverständlich, dass Menschen gegen MVgida auf die Straße gingen. Zur Aufarbeitung der NSU-Verbrechen hält es Röpke für sinnvoll, einen parlamentarischen Untersuchungsausschuss einzurichten. Dem allerdings widersprach Nieszery. Solch ein Ausschuss würde "nicht wesentlich neue Erkenntnisse" bringen.

Quelle: epd