Schatzfund bei Kirchturmsanierung 700 Jahre alter Taufstein in Boldekow entdeckt

Große Freude über den sensationellen Fund: Pastor Philipp Staak mit dem kürzlich in der Boldekower Kirche geborgenen Taufstein.

Foto: S. Kühl

14.12.2015 · Boldekow. Seit August wird der Turm der Boldekower Kirche saniert. Bei der dafür notwendigen Freilegung des Fundaments der zu erneuernden hölzernen Stützpfeiler der Empore, die mit der Fachwerkkonstruktion des Turms verbunden ist, kam es zur Sensation: Die beiden als Fundament dienenden Steine unter den zwei Emporenpfeilern entpuppten sich als der Standfuß und das Becken eines mittelalterlichen Taufsteins.

„Das ist ein wahrer Schatzfund!“, ist Philipp Staak begeistert. Das Dorf Boldekow wurde 1313 erstmals urkundlich erwähnt und aus dieser Zeit stamme auch die Taufe, so der Pastor. „Ein Experte hat sie auf das Jahr 1320 geschätzt.“ Damit sei der Boldekower Taufstein vermutlich sogar noch etwas älter als der in der Anklamer Marienkirche.
 
Sechzehn Ecken hat das gewaltige Steinbecken, das mit einem gleichmäßigen figürlich anmutenden Relief verziert ist. Die sechzehneckige Anordnung ist kein Zufall. „Damals hatten alle Zahlen eine Bedeutung. Die 16 könnte hier als zwölf plus vier gedeutet werden. Die Zwölf als Symbol für das Heilige und die Vier als Zahl des Irdischen, die Taufe somit als Verbindung“, vermutet Philipp Staak, der sich bereits intensiv mit der Geschichte des Taufsteins beschäftigt hat. „Es handelt sich um ein äußerst seltenes Stück. Bei meinen Recherchen stieß ich nur auf ein vergleichbares Exemplar in Polen.“ Nach den Zerstörungen des 30-jährigen Kriegs wurden im südlichen Pommern viele Kirchen erst nach 1720 unter preußischer Verwaltung wieder aufgebaut. „Die Preußen haben hier wieder Ordnung reingebracht“, scherzt der Pastor. In diese Zeit fällt auch der Wiederaufbau der Boldekower Kirche, die ursprünglich mittelalterlich ist, dann aber der damaligen Zeit entsprechend im barocken Stil neugestaltet wurde.
 
Opfer des Zeitgeistes
 
Warum die Menschen vor 300 Jahren beim Wiederaufbau so einen Kunstschatz, wie ihn der Taufstein darstellt, einfach vergraben haben, bleibt Mutmaßung. Wahrscheinlich hätten die Menschen im 18. Jahrhundert einfach eine andere Sichtweise gehabt und den Taufstein nicht als wertvoll wahrgenommen, so Philipp Staak. Die mangelnde Wertschätzung sei demnach wahrscheinlich eine Frage des Zeitgeistes. Die profane Verwendung als Baustoff könne auch als Abkehr vom Mittelalter und Start in eine neue Zeit verstanden werden, meint der Pastor. Zudem habe sich im Laufe der Zeit, beispielsweise durch die Reformation, immer auch die Art und Weise geändert, Gottesdienste zu feiern. Und auch die Theologie sei einem Wandel unterworfen. Damit gingen auch Veränderungen in der Taufpraxis einher. Die Umnutzung habe aber auch etwas Gleichnishaftes, meint Philipp Staak. „Hier in Boldekow ist die Taufe ganz greifbar zum Fundament der Kirche geworden."



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