Zwei Männer, für die es täglich hoch hinaus geht Hochseilakt an der Kirchturmspitze

Von Christine Senkbeil

Mit ihrer Kletterausrüstung erreichen Falko Weise-Schmidt und Frank Miske Gebäudeteile, die sonst gar nicht oder nur über ein teures Gerüst zugänglich wären.

Foto: Christine Senkbeil

09.08.2015 · Greifswald. Für die Bergsteiger Falko Weise-Schmidt und Frank Miske gehört es dazu, sich in luftiger Höhe zu bewegen. Doch statt in die Hohe Tatra geht es für sie auf Gebäude wie den Greifswalder Dom oder das Güstrower Schloss. Kaputte Dächer und Fassaden sind ihr Einsatzgebiet. Nur für Schwindelfreie…

Für die Bergsteiger Falko Weise-Schmidt und Frank Miske gehört es dazu, sich in luftiger Höhe zu bewegen. Doch statt in die Hohe Tatra geht es für sie auf Gebäude wie den Greifswalder Dom oder das Güstrower Schloss. Kaputte Dächer und Fassaden sind ihr Einsatzgebiet. Nur für Schwindelfreie…

„Nicht für eine Million könntest du mich da ran hängen!“, sagt der Tourist und legt seinen Kopf in den Nacken, damit er besser sehen kann. Ein Kletterer an einem scheinbar bindfadendünnen Seil hängt am Kirchturm, bewegt sich weit oben von der Spitze des Greifswalder Doms langsam am Dach entlang. Die Frau des Touristen pflichtet bei. „Sein Leben hängt am seidenen Faden“, sagt sie und schirmt ihre Augen mit der Hand gegen die Sonne ab.

Ehrfurcht vor der Höhe muss bleiben

„Ja, solche Sprüche hören wir oft“, sagt Falko Weise-Schmidt später lächelnd – als er und sein Kompagnon Frank Miske längst wieder festen Boden unter den Füßen haben und das Tagewerk beendet ist. „Für viele ist es unverständlich, wie man so eine Arbeit machen kann.“ Auch für die beiden Höhenarbeiter wird es nie selbstverständlich sein, sich in einer Höhe zu bewegen, aus der sonst nur Vögel, Drohnen oder vielleicht Wetterhähne auf die Erde hinabblicken. „Der Respekt vor der Höhe muss bleiben“, sagt auch Frank Miske. „Sonst fängt man an, Fehler zu machen. Angst ist das nicht, aber Ehrfurcht.“

Doch eigentlich sehen die Männer diesen luftig-hohen Umstand nur als eine Art Begleiterscheinung ihres Berufs an: „Unser Job ist es ja, etwas zu reparieren oder zu begutachten“, erklären sie. „Also das Handwerk, das dazu gehört. Dass wir dazu mit einem Seil gesichert sind, ist nur das Beiwerk. Eine Art mobiles Gerüst sozusagen.“ Eine gezielte Ausbildung für diese Arbeit haben sie nicht. Die beiden Männer sind weder Industrie- noch Fassadenkletterer. Als eine Art bergsteigende Handwerker oder Gutachter sind sie im Einsatz, je nachdem. „Alpintechnische Dienstleistungen“ nennt Weise-Schmidt seine Firma, die er seit 1993 führt. Was sich genau dahinter verbirgt, sind viele verschiedene Berufsbilder.

Wissen aus verschiedenen Berufen sind gefragt

Manchmal müssen die Männer Maler sein, wenn etwa wie am Schloss Güstrow Stellen an der Fassade gestrichen werden müssen, die per Gerüst keiner erreicht. Mitunter sind sie auch das verlängerte Auge der Gutachter, so wie jetzt am Greifswalder Dom; und Fotografen: Ihre Bilder sollen dokumentieren, welche Risse im Kupferdach des Doms gefährlich sind und unbedingt restauriert werden müssen. Häufig sind aber auch Zimmermanns-Kenntnisse gefragt, wenn Holzkonstruktionen in Kirchtürmen wackelig geworden sind, die schadhaften Stellen gefunden und Balkenteile ausgewechselt werden müssen. „Wir haben auch schon Blitzableiter-Anlagen repariert, Vogel-Abwehren gebaut oder Kirchturm-Uhrblätter bearbeitet“, erzählt Weise-Schmidt. „Man muss von allem was können.“

Vor allem für Kupferdächer sind er und sein Kompagnon zu Spezialisten geworden. „Ich habe schon mit so vielen Kupferdachdeckern und mit so vielen Fachgutachtern zusammen gearbeitet“, sagt Weise-Schmidt, „da lernt man das Fachvokabular und kann einschätzen, worauf es den Fachleuten im Einzelnen ankommt“. Es sei ja wichtig, nach dem Klettern auch qualitative Aussagen machen zu können: Muss etwas repariert werden, welcher Riss ist gefährlich?



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