Antje Jackélen im Gespräch Schwedische Erzbischöfin Jackelén zur Debatte um das EKD-Rechtfertigungspapier

Erzbischöfin Antje Jackelen

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17.09.2014 · Uppsala. Das im Mai veröffentlichte Papier "Rechtfertigung und Freiheit", mit dem die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) einen theologischen Beitrag zum bevorstehenden Reformationsjubiläum leistet, hat für lebhafte ökumenische Diskussionen gesorgt. Die schwedische lutherische Erzbischöfin Antje Jackélen äußert in einem Gespräch mit dem Evangelischen Pressedienst Verständnis für katholische Kritik. Von der 500-Jahr-Feier 2017 verspricht sie sich weltweite, ökumenische und dauerhafte Impulse.

Frau Erzbischöfin, wird die Debatte um das EKD-Papier "Rechtfertigung und Freiheit" auch außerhalb Deutschlands wahrgenommen?

Nach meinem Eindruck ist das hauptsächlich eine deutsche Debatte. Durch meine Aufgaben beim Lutherischen Weltbund habe ich von einigen Gerüchten und Kommentaren gehört, aber nichts Genaueres.

Verstehen Sie die katholische Kritik, das Papier würdige zu wenig die ökumenischen Fortschritte der vergangenen Jahrzehnte?

Ja, ich bin ehrlich gesagt überrascht, dass die Gemeinsame Erklärung zur Rechtfertigungslehre von 1999 in dem EKD-Papier nicht ausdrücklich erwähnt wird. Und das Dokument "Vom Konflikt zur Gemeinschaft" von 2013, immerhin das Ergebnis wichtiger ökumenischer Bemühungen, wird dort komplett ignoriert. Doch es ist wahrscheinlich unvermeidlich, dass Themen wie die Rechtfertigung immer eine gewisse Spannung auslösen. Das zeigt, dass die Menschen oder zumindest die Theologen davon berührt sind. Unnötig zu sagen, dass es immer mehr als eine einzige Perspektive gibt, aus der Geschichte erzählt werden kann. Aus meiner Sicht zeigt uns die Debatte, dass der Lutherische Weltbund gut daran tun, auf ein ökumenisches Gedenken an 500 Jahre Reformation hinzuarbeiten. Unser lutherisches Erbe ist nicht nur Sache der Lutheraner. Also: Ja, ich verstehe die katholische Kritik. Aber wenn ich das sage, maße ich mir nicht an, Details aus dem EKD-Papier zu kommentieren. Der Lutherische Weltbund schlägt vor, die Reformation als weltweites, ökumenisches und fortwährendes Ereignis zu feiern. Das sind gute Kennzeichen, und sie unterstützen die EKD-Initiative zum Nachdenken über die heutige Bedeutung von Rechtfertigung. Aus dem weltweiten ökumenischen Dialog wissen wir, dass das lutherische Erbe viel stärker ein allgemeines christliches Erbe ist, als wir manchmal glaubten. Das wird in dem Dokument "Vom Konflikt zur Gemeinschaft" reflektiert.

Schweden ist ein lutherisch geprägtes Land. Wie lässt sich heute die Rechtfertigungslehre in den Alltag der Menschen übersetzen?

Das wird in Schweden ähnlich sein wie in Deutschland - die Rechtfertigungslehre spielt eine wichtige Rolle in unserem theologischen Erbe, aber in der gegenwärtigen öffentlichen Theologie spielt sie nicht die zentrale Rolle. Wichtiger ist das Thema Versöhnung, etwa wenn wir über die Beziehungen zwischen Gott, Menschen und der ganzen Schöpfung sprechen. Die Kirche von Schweden arbeitet gegenwärtig an einem Reflektionsprozess über das Thema Erlösung.

Wie bereitet sich die schwedische Kirche auf das Reformationsjubiläum 2017 vor und welche Botschaft sollte international von den Feierlichkeiten ausgehen?  

Wir tun noch nicht genug! Ich komme gerade von einem Treffen mit dem schwedischen Fernsehen und Publizisten, bei dem wir über die Bedeutung der Reformation diskutierten und darüber, wie heute an sie erinnert werden sollte. Wir stimmten überein, dass dies nicht nur eine kirchliche Aufgabe ist, sondern die breitere kulturelle Öffentlichkeit angeht. Das gegenwärtige Lutherbild in Schweden ist eher negativ, es verdient eine Neubetrachtung. Wir sollten den Schwerpunkt auf Bildung legen, ebenso auf die Bedeutung der Freude im Glaubensleben. Kirchlicherseits hoffe ich, dass wir die Reformation weltweit, ökumenisch und fortwährend feiern. Wir werden uns inspirieren lassen durch die Vorbereitungen auf das Jubiläum, sowohl in Wittenberg als auch in Windhuk, wo 2017 die Vollversammlung des Lutherischen Weltbundes stattfinden wird.

Quelle: epd