Rostocker Fakultät reagiert tief enttäuscht Kein Ehrendoktor für Edward Snowden

04.09.2014 · Schwerin/Rostock.

Der US-Whistleblower Edward Snowden wird doch kein Ehrendoktor der Universität Rostock. Bildungsminister Mathias Brodkorb (SPD) bestätigte am Mittwoch, dass die durch Uni-Rektor Wolfgang Schareck gemachten Beanstandungen rechtmäßig sind. Schareck hatte im Mai sein Veto eingelegt gegen den Beschluss der Philosophischen Fakultät, Edward Snowden die Ehrendoktorwürde zu verleihen. Während die CDU Brodkorbs Entscheidung begrüßte, wurde sie von den Grünen bedauert. Die Rostocker Philosophische Fakultät äußerte sich tief enttäuscht.

Es sei unbestreitbar, dass das Handeln Snowdens ein hohes Maß an Courage erfordert und "unser Wissen über geheimdienstliche Tätigkeiten stark verändert hat", sagte Brodkorb. Das Landeshochschulgesetz stelle im Vergleich zu den Gesetzen anderer Bundesländer aber besonders hohe Anforderungen an die Ehrenpromotion. Während anderswo auch Personen geehrt werden könnten, die sich um Demokratie, Kultur oder Wissenschaft verdient gemacht haben, müssten für Ehrenpromotionen in MV eigenständige "besondere wissenschaftliche Leistungen" nachgewiesen werden. Diesen Nachweis habe die Philosophische Fakultät "nicht in hinreichender Weise" geführt.

"Eingriff des Staates in die Wissenschaftsautonomie einer Fakultät"

Das Dekanat der Philosophischen Fakultät sei tief enttäuscht, teilte die Fakultät mit. Die Entscheidung des Ministers werde der wissenschaftlichen Urteilskraft der renommierten Gutachter in diesem Verfahren und der "differenzierten wissenschaftlichen Auseinandersetzung" in der Ehrenpromotionskommission und im Fakultätsrat nicht gerecht. Sie sei vielmehr ein "Eingriff des Staates in die Wissenschaftsautonomie einer Fakultät". Das Dekanat werde die Begründung des Bildungsministeriums sorgfältig prüfen. Es sei möglich, dass die Fakultät vor dem Verwaltungsgericht klagt.

Das Ministerium verkenne die bereits sichtbaren wissenschaftlichen Folgen des Wirkens von Edward Snowden, erklärte das Dekanat weiter. Für die Datenschutzdebatte und für die Diskussion um die Freiheitsrechte der Bürger in der global vernetzten Informationsgesellschaft finde ein intellektueller Epochenwechsel statt, "der die Geschichte unterteilt in eine Zeit vor Snowden und eine Zeit nach Snowden". Es sei Snowdens einzigartige Leistung, dass er "über diese massenhafte und systematische Verletzung der Grundrechte und Menschenrechte gerade auch in demokratischen Staaten" informierte.

CDU begrüßt Entscheidung - Grüne äußern Zweifel

Die CDU begrüßte hingegen die Entscheidung des Bildungsministers. Der ehemalige US-Geheimdienstmitarbeiter habe keine Leistungen erbracht, die eine Verleihung rechtfertigen würden, sagte der CDU-Landesvorsitzende Lorenz Caffier. Es sollte ein Schlussstrich unter die Debatte gezogen werden.

Egbert Liskow, hochschulpolitischer Sprecher der CDU-Landtagsfraktion, sagte, Grundlage für die Verleihung einer Ehrendoktorwürde sollten besondere wissenschaftliche Verdienste sein. Diese seien bei Snowden nicht vorhanden. Außerdem gebe es keinerlei Beziehungen zur Universität Rostock. Rektor Schareck und Minister Brodkorb hätten verantwortungsvoll gehandelt und dazu beigetragen, "dass die Verleihung einer Ehrendoktorwürde nicht zu einem PR-Gag degradiert wird".

Die Grünen im Schweriner Landtag bedauerten Brodkorbs Entscheidung und äußerten Zweifel an seiner Darstellung, dass er aus rein rechtlichen Gründen gegen die Auszeichnung votiert habe. Der hochschulpolitische Fraktionssprecher Johannes Saalfeld äußerte die Befürchtung, dass der SPD-Minister eher vor dem Koalitionspartner CDU eingeknickt sei. Brodkorbs Begründung sei "ein unzulässiger Eingriff in die Freiheit der Wissenschaft". Das Ministerium werfe in seiner juristischen Stellungnahme der Fakultät und den Gutachtern vor, "sie könnten nicht beurteilen, was eine wissenschaftliche Leistung ist".

Quelle: epd