Historiker Hans-Joachim Veen: Wiedervereinigung war für viele Intellektuelle Kränkung
17.10.2014 · Weimar.Der Vorsitzende der Weimarer Stiftung Ettersberg zur Aufarbeitung der SED-Diktatur, Hans-Joachim Veen, hat den Intellektuellen ein distanziertes Verhältnis zur Wiedervereinigung attestiert. "Eine solche totale Kapitulation des Sozialismus hatten viele dann doch nicht gewollt", sagte Veen am Donnerstag in Weimar. Diese "Kränkung" der intellektuellen Eliten wirke bis heute in Ost und West "hintergründig nach" und habe bisher die große "nationale Erzählung von der friedlichen Revolution" verhindert.
Das Bild der DDR in Literatur und Medien steht ab Freitag im Mittelpunkt des 13. internationalen Symposiums der Ettersberg-Stiftung. Unter dem Motto "25 Jahre Erinnerung und Deutung" geht es unter anderem um die rückblickende Darstellung der DDR, die Entwicklung der Zeitschrift "Sinn und Form" sowie um Dokumentar- und Spielfilme nach 1989. Damals hätten sich viele ostdeutsche Künstler "doch eher zurückhaltend, teils vereinigungskritischer oder auch nur mäkelnd vernehmen" lassen, sagte Veen.
Der "jämmerliche Abgang einer Idee, der man immer Besseres zugetraut hatte", sei von vielen nur schwer zu verkraften gewesen, stellte der promovierte Historiker fest. Sie hätten darauf gesetzt, dass es "doch eher irgendwo und irgendwie einen verbesserlichen Sozialismus" geben sollte, wie ihn der Erfurter Propst Heino Falcke 1972 auf der Synode des DDR-Kirchenbundes gefordert hatte.
Die Zurückhaltung gegenüber der Wiedervereinigung ist nach Veens Worten möglicherweise auch eine tiefere Ursache für das Scheitern von Einheits- und Freiheitsdenkmälern. "Goldene Wipp-Bananen und tausende bunte Hocker" könnten jedoch die nationale Erzählung vom größten Ereignis der deutschen Freiheitsgeschichte und von der ersten erfolgreichen demokratischen Revolution der Deutschen "nun einmal nicht ersetzen", fügte Veen hinzu.
Quelle: epd