Bildung Ökumenische Schule in Kiel vorläufig gescheitert
Von Nadine Heggen
16.05.2014 · Kiel/Hamburg. Vier Jahre lang arbeitete Dipl.-Pädagogin Julia Jacobs für ihren Traum einer multireligiösen Schule mit reformpädagogischem Ansatz in Kiel. Im August sollte Start sein - doch jetzt ist der Traum geplatzt.
Julia Jacobs ist ihr Frust anzumerken. Die 71-Jährige war Vorstandsmitglied im Verein Ökumenische Schule, der sich vor vier Jahren in Kiel gegründet hatte. Das Ziel: Eine ökumenische Schule mit reformpädagogischem Ansatz einzurichten. Das Konzept: Evangelische, katholische, jüdische und muslimische Kinder sollten gemeinsam lernen, sich in altersgemischten Gruppen gegenseitig helfen und individuell entfalten. Religiöse Feste sollten zusammen vorbereitet und gefeiert werden.
"Mit diesem Konzept, das die Ansätze der Bodenseeschule, der Evangelischen Schule Berlin-Zentrum und der Drei-Religionen-Schule in Osnabrück vereint, wollten wir bei den Kindern die Lust am Lernen wachhalten und interkulturelle Gemeinschaft von Kindesbeinen an stärken. Und zwar von der Grundschule bis zum Abitur", sagt Jacobs. Ihren Angaben zufolge hatte der Verein alle Voraussetzungen erarbeitet: Ein Wirtschaftsplan lag vor, eine Immobilie war gefunden, zwischenzeitlich waren bereits 40 Anmeldungen von potenziellen Schülern eingegangen. Trotzdem hat es nicht geklappt.
Für Julia Jacobs liegt der Fehler auf der Hand: Der Vereinsvorstand hatte sich seinerzeit entschieden, die Schulstiftung der Nordkirche als Träger mit ins Boot zu holen. "Der Vorstand glaubte, mit der Stiftung im Rücken vor Investoren und Banken besser dazustehen." Drei Jahre lang habe man zahlreiche Gespräche geführt. Die Stiftung habe auch großes Interesse signalisiert, aber bis heute keine Zusage für eine Trägerschaft gegeben. "Zweimal hatten wir den Schulstart schon verschoben, ursprünglich sollte die Schule schon 2012 an den Start gehen", so Jacobs.
Ende vergangenen Jahres sei abgesprochen worden, dass für einen Schulstart im August 2014 eine Zusage bis Ende März notwendig sei. "Die Schulstiftung wollte bis dahin eine Lösung finden." Dass daraus auch in diesem Jahr nichts wird, hatte Julia Jacobs schon im Januar geahnt und war aus dem Vorstand ausgeschieden.
Nun hat auch der jetzige Vorstand aufgegeben und in einem Schreiben offiziell verkündet, "seine Aktivitäten im Hinblick auf die Schulgründung in den nächsten zwei Jahren ruhen zu lassen." Wolfgang von Rechenberg, Vorstandsmitglied der Schulstiftung, bedauert, dass die Schule in diesem Jahr nicht an den Start gehen kann. "Es gibt dafür objektive Gründe. So ist die Finanzierung einer solchen Schule hoch komplex und muss in den Details noch weiter ausgearbeitet werden."
Julia Jacobs glaubt im Nachhinein, es sei besser gewesen, ohne die Schulstiftung als Träger zu starten. "Dann wären wir unser eigener Herr gewesen, hätten alles selbst entscheiden können. Und die Finanzierung - 600.000 Euro für die ersten beiden Jahre bis das Land die Schule fördert - hätten wir eh zum größten Teil selbst stemmen müssen." In einer Mail des jetzigen Vorstands an die Mitglieder schwingen aber noch andere Probleme mit: Eine zu geringe Lehrerzahl, die den Start erschwert hätte, außerdem eine schwindende Lobby auch bei den Eltern und fehlende Investoren für das Projekt.
Wolfgang von Rechenberg will das Projekt noch nicht als gescheitert erklären. Im Gegenteil: Er betont, dass die Schulstiftung weiterhin bereit sei, die Gespräche mit dem Verein Ökumenische Schule in Kiel fortzusetzen. "An dem Konzept scheitert es auf keinen Fall, das ist okay." Julia Jacobs hat auf jeden Fall die Nase voll von Gesprächsrunden, die nicht zum Ziel führen. Sie engagiert sich jetzt in einem Flüchtlingsprojekt.
Quelle: epd