Studie stellt Wirksamkeit infrage Wieder Streit um das Betreuungsgeld

29.07.2014 · Berlin. Eine Studie stellt die Wirksamkeit des Betreuungsgeldes infrage. Opposition und Verbände fordern ein Ende dieser Familienleistung und mehr Geld für Kitas.

Ein Jahr nach der Einführung des Betreuungsgeldes ist die kontroverse Debatte über die Familienleistung erneut aufgeflammt. Opposition sowie Sozial- und Familienverbände kritisierten am Montag Fehlanreize, die durch das Betreuungsgeld gesetzt würden. Das von der SPD geführte Bundesfamilienministerium verwies auf den Koalitionsvertrag, der eingehalten werden solle, auch wenn die Sozialdemokraten die unter der schwarz-gelben Vorgängerregierung eingeführte Leistung ablehnen.

Auslöser für die Debatte sind am Wochenende bekanntgewordene Ergebnisse einer Studie des Deutschen Jugendinstituts und der Universität Dortmund. Danach stellt das Betreuungsgeld besonders für sozial benachteiligte Familien einen Anreiz dar, kein staatliches Angebot frühkindlicher Bildung und Erziehung zu nutzen.

Eine Sprecherin des Bundesfamilienministeriums verwies auf eine Klage gegen die Leistung vor dem Verfassungsgericht, die das SPD-regierte Hamburg eingereicht hatte. Frühestens für 2015 ist den Angaben nach mit einer Verhandlung zu rechnen. Familienministerin Manuela Schwesig (SPD) bleibe dem Betreuungsgeld gegenüber skeptisch. Das sei kein Geheimnis, sagte die Sprecherin. Man stehe jedoch zum Koalitionsvertrag.

Für das Betreuungsgeld hatte sich vor allem die CSU starkgemacht. Das Gesetz trat vor einem Jahr in Kraft. Eltern, die für ihre Kinder unter drei Jahren weder einen Kita-Platz noch eine staatlich geförderte Tagesmutter in Anspruch nehmen, können die Leistung beantragen. Ab 1. August 2014 wird das Betreuungsgeld von 100 Euro auf 150 Euro pro Monat erhöht. Welche Wirkung es hat, will das Ministerium genau prüfen. Spätestens Ende 2015 soll es einen Bericht geben.

Der familienpolitische Sprecher der Linksfraktion, Jörn Wunderlich, forderte SPD und Grüne auf, gemeinsam die Abschaffung des Betreuungsgeldes anzugehen. "Das Betreuungsgeld muss abgeschafft und die frei werdenden Mittel in den Kitaausbau gesteckt werden", erklärte Wunderlich. Die Linke hatte bereits einen entsprechenden Gesetzentwurf eingebracht.

Im "Kölner Stadt-Anzeiger" äußerte die Vorsitzende der Grünen-Fraktion im Bundestag, Katrin Göring-Eckardt, ihre Kritik am Betreuungsgeld. Auch Brandenburgs Sozialminister Günter Baaske (SPD) bezweifelt, dass die Leistung den Vorstellungen der meisten Eltern entspricht. "Ich war nie ein Freund dieser CSU-Erfindung", sagte Baaske dem Evangelischen Pressedienst (epd). Es sei offensichtlich, dass es "viel besser wäre, die Betreuungsgeld-Milliarden in die Qualität und Quantität der Krippen und Kitas zu investieren."

CSU-Landesgruppenchefin Gerda Hasselfeldt wies die Kritik zurück. "Das Ziel des Staates kann nicht sein, Kinder möglichst früh der Obhut ihrer Eltern zu entziehen", sagte sie der "Passauer Neuen Presse" (Montagsausgabe). Die große Nachfrage zeige, dass das Betreuungsgeld "der richtige Weg" sei.

Für den Verband alleinerziehender Mütter und Väter ist das Betreuungsgeld ein "bildungs-, familien- und gleichstellungspolitischer Rückschritt". "Nicht das Betreuungsgeld schafft Wahlfreiheit, sondern eine qualitativ hochwertige, ganztägige und flächendeckende Kinderbetreuung", sagte Bundesgeschäftsführerin Miriam Hoheisel dem epd. Anstatt die knappen Mittel in das Betreuungsgeld zu stecken, sollte die Politik sich darauf konzentrieren, ein bedarfsdeckendes Angebot zu schaffen.

Ähnlich äußerte sich die Diakonie. "Bildungs- und familienpolitisch ist das Betreuungsgeld ein völlig falsches Signal", erklärte Maria Loheide, Vorstand Sozialpolitik des evangelischen Hilfswerks. Sie forderte die Bundesregierung auf, die Fehlentscheidung der letzten Legislaturperiode zurückzunehmen.

Quelle: epd