Ein Linker auf der Kanzel Ramelow ruft in Predigt zu Finanzmarktkontrolle auf
24.02.2014 · Berlin.Der Vorsitzende der Linksfraktion im Thüringer Landtag, Bodo Ramelow, hat Wirtschaft und Finanzpolitik aufgerufen, sich stärker an der Bibel zu orientieren. Das Alte Testament verbiete überhöhte Zinsen und die Ausbeutung armer Menschen, sagte Ramelow am Sonntag in Berlin in einer Predigt in der evangelischen Kaiser-Wilhelm-Gedächtnis-Kirche. Dies seien "äußerst interessante Weisheiten", die bei den aktuellen Debatten über Bankenkontrolle, Hedgefondspolitik und Turbokapitalismus Beachtung finden müssten.
Statt den weltweiten Flüchtlingsströmen "mörderisch zu begegnen, sollten die Finanzmarktströme verstopft werden", betonte Ramelow: "Es müsste keine Konflikte um Reichtum und Armut geben, wenn Armut nicht mehr von einigen wenigen zur Bereicherung benutzt werden könnte." Ungezügelte Wirtschaftssysteme erzeugten großes Leid. Flüchtlinge aus Afrika würden so zu Opfern internationaler Finanzmarktspekulationen, obwohl sie an keinem der Finanzgeschäfte beteiligt waren.
Dass es zugleich in reichen Ländern wie Deutschland Menschen gebe, die "sich beschweren, dass Flüchtlinge zu uns kommen", sei eine Schande, betonte Ramelow. Der moderne "Tanz ums Goldene Kalb" des Alten Testaments, bei dem Geld das Maß aller Dinge sei, bedürfe dringend einer Reformation, sagte der Politiker: "Hier wäre die radikalste Reform tatsächlich die Rückkehr zu den Moralvorstellungen der Bibel, und wo notwendig dann auch mit sehr weltlichen aber konsequenten Gesetzen."
Das "moderne Finanzwesen ohne moralische Wurzeln" verfahre jedoch genau entgegengesetzt, betonte Ramelow: Bei den Geschäften der Banker stehe persönliche Bereicherung im Vordergrund, "egal wie oder welchen Schaden sie bei ihren eigenen Kunden anrichten".
Gegen fragwürdige Finanzgeschäfte wie das "vorreformatorische Bonuspunkte-Sammelprogramm" Ablasshandel, mit dem laut Kirche die qualvolle Wartezeit nach dem Tod auf den Eingang in den Himmel verkürzt werden sollte, habe vor rund 500 Jahren auch der Reformator Martin Luther gestritten, betonte Ramelow. Entscheidend sei dabei die Übersetzung der Bibel gewesen, die damit für weit mehr Menschen offen stand als zuvor: "Das hat das Geschäftsmodell der Fegefeuer-Sparanlagenverkäufer grundhaft ruiniert."
Quelle: epd