Klarstellung Gauck reagiert auf Kritik von Pfarrern wegen Auslandseinsätzen

02.08.2014 · Berlin. Die Forderung des Bundespräsidenten nach mehr deutschem Engagement in internationalen Konflikten empörte ostdeutsche Pfarrer und ließ sie am christlichen Wertefundament Joachim Gaucks zweifeln. Nun bemüht sich das Präsidialamt um eine Klarstellung.

Die Auseinandersetzung zwischen ostdeutschen Bürgerrechtlern und Bundespräsident Joachim Gauck um dessen Forderung nach mehr deutschem Engagement in internationalen Konflikten geht weiter. Wie am Freitag bekannt wurde, schrieb der Leiter des Bundespräsidialamtes, David Gill, im Namen des Staatsoberhaupts einen Brief, mit dem er auf die Vorwürfe der ostdeutschen Pfarrer reagierte. Gill widersprach der Kritik, der ehemalige Pastor Gauck habe sich von christlichen Idealen und Zielen der friedlichen Revolution abgewendet. Die Angeschriebenen reagierten unterschiedlich. Der sächsische Bürgerrechtler Georg Meusel will wegen der Äußerungen Gaucks sein Bundesverdienstkreuz zurückgeben.

Die "Berliner Zeitung" zitierte aus dem Schreiben von Gill. Demnach heißt es darin, Gauck bevorzuge präventive und zivile Konfliktlösungen und werde auch weiterhin von einem christlichen Wertefundament aus agieren. Jedoch gehöre zur Geschichte, "dass ohne Einsatz bewaffneter Kräfte keine Befreiung von der Hitler-Diktatur möglich gewesen wäre". Außerdem wird in dem Brief auf den Völkermord in Ruanda und die Barmer Theologische Erklärung von 1934 verwiesen, der zufolge "nach dem Maß menschlicher Einsicht und menschlichen Vermögens Androhung und Ausübung von Gewalt" rechtens sein könnten.

"Der evangelische Christ Gauck kann somit nicht erkennen, dass der vom Evangelium gewiesene Weg ausschließlich der des Pazifismus sei", zitiert die Zeitung weiter aus dem Brief. Man könne mit einem Ja und mit einem Nein zu militärischer Gewalt schuldig werden.

Gauck hatte bei der Münchener Sicherheitskonferenz am 31. Januar mehr deutsches Engagement in internationalen Konflikten gefordert und dabei militärische Einsätze ausdrücklich nicht ausgeschlossen. Ostdeutsche evangelische Pfarrer, die wie Gauck in der kirchlichen Oppositionsbewegung der DDR aktiv waren, warfen ihm daraufhin vor, sich von den Idealen der damaligen Friedensbewegung abzuwenden.

Die Initiatoren und Unterzeichner des Briefes reagierten gespalten auf die Antwort. Der Berliner Pfarrer Klaus Galley sagte der "Mitteldeutschen Zeitung", er finde es bemerkenswert, "dass wir eine so ausführliche Antwort bekommen haben". Der langjährige Leiter des Wittenberger Predigerseminars, Peter Freybe, sagte, er finde den Brief sehr gut, "weil er nun wirklich differenziert und alle Aussagen zur Sache darstellt". Der Berliner Theologe Siegfried Menthel erklärte dagegen, er sei nicht überzeugt. "Gauck liefert nur erneut die Begründung, warum er Krieg als ultima ratio für legitim hält", sagte er "Zeit Online".

Im sächsischen Werdau kündigte unterdessen der Bürgerrechtler Georg Meusel an, aus Protest gegen Gaucks Äußerungen sein Bundesverdienstkreuz zurückzugeben. "Der Grund dafür sind Ihre Aussagen, die militärische Gewalt als 'letztes Mittel' rechtfertigen, während ich nicht erkennen kann, dass Sie sich angemessen für den Zivilen Friedensdienst einsetzen würden", schreibt Meusel in einem Brief an den Bundespräsidenten. Der 72-jährige Meusel engagierte sich als Pazifist in der DDR-Opposition. 1998 gründete er das Martin-Luther-King-Zentrum für Gewaltfreiheit und Zivilcourage in Werdau bei Zwickau. Im selben Jahr verlieh ihm der damalige Bundespräsident Roman Herzog das Bundesverdienstkreuz.

Quelle: epd