Kompetente Reiseleitung, kundige Kirchenführung und ein attraktives Angebot von Kirchenkonzerten 20 Jahre Musikreisen in schöne Kirchen

Von Marion Wulf-Nixdorf

100 Musik- und Kirchenbegeisterte auf dem Weg in die Kirche in Vietlübbe, in der Brita Rehsöft und Renate Laurien musizieren.

Foto: M. Wulf-Nixdorf

03.08.2014 · Schwerin. 141 Kirchen – die meisten in Mecklenburg, einige auch in Pommern, sind in den vergangenen 20 Jahren von den „Musikreisen in schöne Kirchen“, zu denen das Kirchenmusikwerk einlädt, besucht worden. Auf fünf Touren mit bis zu drei Bussen ab Parchim/Ludwigslust, Neustrelitz/Neubrandenburg, Schwerin, Rostock, Güstrow – vor zehn Jahren schlossen sich Ahrensburg/ Bad Oldesloe an – jeweils mit rund 50 bis 150 Teilnehmern und einem fachkundigen Begleiter aus der Kirchenmusik besetzt. Eine Erfolgsgeschichte – ohne einen Cent Zuschuss. Nach 20 Jahren war Redakteurin Marion Wulf- Nixdorf dabei, bei der Tour ab Güstrow – und ist infiziert vom Musikreisenvirus. Der macht allerdings nicht krank, sondern ausgesprochen fröhlich! 

Die gute Nachricht zuerst: Die Musikreisen ab Güstrow gehen weiter! Es hatte sich das Gerücht verbreitet, dass Kirchenmusikdirektor i. R. Wolfgang Leppin, seit 20 Jahren Begleiter der Musikreise, die ihren Anfang in Güstrow hat, aufhören wolle. Er war sauer über neue Bürokratie, das müsse er sich nicht antun im Alter von 74, meinte er. So war die Sorge der Güstrower groß. Aber am Ende seiner diesjährigen Reise verkündete Leppin dann doch die angedachten Ziele für das nächste Jahr und sogar, dass er statt mit zwei Bussen bereit sei mit dreien zu fahren. Denn in diesem Jahr musste er 40 Leute zu Hause lassen. In die zwei Busse passten nur 100. Die Musikreise sei in wenigen Minuten – es ist unglaublich – wirklich MINUTEN – ausgebucht gewesen, sagt er auf Nachfrage.

Im kommenden Jahr also geht es am 6. Juli voraussichtlich in die Dorfkirchen in Zittow und Russow sowie nach Wismar in die Heiligen-Geist-Kirche. „Wir freuen uns schon das ganze Jahr auf diese Reise“, sagt eine ältere Dame, die mit ihrem Mann gemeinsam unterwegs ist. Eine andere fügt hinzu: „Man trifft so viele nette Leute!“ Und so geht es pünktlich mit den beiden Musikreisen-Erfahrenen Busfahrern Jens Pfitzmann und Axel Petsch los.

Erste Station: Mestlin . Kein Kirchenbesuch ohne Begrüßung durch den Gemeindepastor oder eines anderen von der Kirchengemeinde Beauftragten. Kornelius Taetow, seit neun Jahren Gemeindepastor hier, erzählt einiges zum viel zu groß erscheinenden Kirchengebäude in dem kleinen Dorf, das zu DDR-Zeiten als sozialistisches Musterdorf galt. Das Mitte der 1950er Jahre erbaute Kulturhaus gammelt vor sich hin, auch wenn ein Verein sich redlich um die Erhaltung müht. Auch die Kirche könnte eine Innenausmalung gut gebrauchen – aber die kleine Gemeinde müsste die 70 000 Euro dafür selbst aufbringen. Zuschüsse gab es nur für die Außenhautsanierung.

Dann sind die Damen des Dabeler Handglockenchors mit ihren schicken weißen Handschuhen dran. Kaum jemand der 100 Zuhörer des rund 30-minütigen Konzertes hat jemals einen Handglockenchor gehört. Ingrid Kuhlmann, die den Chor seit seinem Bestehen 1987 leitet, erklärt die Handhabung der Glocken in den unterschiedlichen Größen und den Tonumfang. Frau Kuhlmann erzählt, wie die Glocken aus Amerika nach einem Besuch des Dabeler Pastors dort in die DDR kamen. Der Überbringer wurde kurzerhand mit einem Diplomatenpass versehen. Das Gepäck, in dem die sehr teuren Glocken waren, wurde ebenfalls zu diplomatischem Gepäck erklärt. In Ostdeutschland gibt es nur einen weiteren Handglockenchor: in Gotha.

600 Euro Kollekte geben die Musikreisenden. Pastor Taetow freut sich und hofft, dass es bald mal wieder eine solche Tour in eine seiner Kirchen gibt. Die Reisenden bitten den Busfahrer, einmal ums Kulturhaus zu fahren. Natürlich! Zum Mittagessen geht es nach Crivitz. Gaststätten zu finden, die für 8 Euro pro Person für 100 Menschen ein ordentliches Essen inclusive Tischgetränk und Nachtisch servieren, ist gar nicht so einfach. Leppin muss manchmal lange suchen.

Dann weiter in die Schlosskirche nach Schwerin. Dort ist zu Posaune und Orgel eingeladen. Weil im Schloss auch der Landtag seinen Sitz hat, dauert der Einlass vorbei an den Sicherheitsbeamten länger. Aber auch das muss man mal erlebt haben. Bauarbeiten im Innenhof, aber die erst Pfingsten vor einem Jahr wieder eingeweihte Kirche erstrahlt nach der millionenschweren Sanierung. Die Kirche ist rappelvoll, auch einige nicht zur Musikreise gehörenden Besucher haben sich zu dem Konzert einladen lassen. Das ist für 3.50 Euro in allen Kirchen möglich, in denen die „Musikreise“ zum halbstündigen Konzert einlädt.

Kantorin Annegret Neubert musiziert auf der Orgelempore mit Johannes Meures, dem neuen Leiter des Schlosskirchenposaunenchores, einmal durch die letzten Jahrhunderte vom Barock bis heute. Und animiert alle am Ende, „Geh aus mein Herz und suche Freud“, das gerade in Variationen von Orgel und Posaune zu hören war, zu singen. So klingt es aus weit über 200 Kehlen – denn in Schwerin ist auch die Gegentour mit zwei Bussen aus Bad Oldesloe und Ahrensburg mit 100 Menschen dazugekommen.

Die Kollekte wird für eine neue Lautsprecheranlage erbeten. Das ist gut so – denn mit dem Verstehen war es hier nicht so leicht. Nächster Halt zum Kaffeetrinken in Lützow.

Ankunft in Vietlübbe. Wolfgang Leppin hatte die Reisenden in einer der schönsten Kirchen Mecklenburgs begrüßt. Pastorin Irene de Boor verbessert ihn schnell: „In der schönsten ...“ Sie erklärt den Kirchbau, der in den vergangenen 20 Jahren wunderbar restauriert worden ist. Als letztes die Orgel im vergangenen Jahr, an der nun meisterlich Renate Laurien aus Braunschweig spielt, gesanglich begleitet von Brita Rehsöft aus Stove unter der Überschrift: Stimme und Pfeifen. 2015 soll hier der 150. Geburtstag der Friese- III-Orgel gefeiert werden.

Eine Schwalbe fliegt durchs Kirchenschiff. Die Kirche ist mit Gladiolen und Sonnenblumen geschmückt. Geborgenheit breitet sich aus. Ich vermute, die meisten würden einfach nur gern sitzen bleiben, die Musik weiter klingen lassen... Im nächsten Jahr wieder!

Quelle: Mecklenburgische und Pommersche Kirchenzeitung Nr. 31/2014



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