Diakonie-Chef: Hartz-IV-Sätze müssen erhöht werden Tafeln fordern "armutsfeste Grundsicherung"
27.09.2013 · Berlin. Aus Städten und Gemeinden sind sie nicht mehr wegzudenken - seit 20 Jahren versorgen die Tafeln arme Menschen mit kostenlosen Lebensmitteln. Damit lindern sie die Armut - können sie aber nicht bekämpfen.
Der Bundesverband Deutsche Tafel hat stärkere Anstrengungen im Kampf gegen die Armut gefordert. Angesichts von mehr als zwölf Millionen armen oder von Armut bedrohten Menschen müsse die Politik handeln, erklärte der Vorsitzende des Bundesverbandes Deutsche Tafel, Jochen Brühl, am Donnerstag in Berlin. Die Politik müsse "schnellstmöglich für eine armutsfeste Grundsicherung sorgen und allen Menschen gesellschaftliche Teilhabe ermöglichen", sagte Brühl bei einer Fachtagung seines Verbandes anlässlich des 20-jährigen Bestehens der Tafelbewegung.
Der Präsident der Diakonie Deutschland, Johannes Stockmeier, erklärte zum Jubiläum, "die Tafeln begleiten gesellschaftliche Armut - aber sie überwinden sie nicht". "Wir dürfen nicht ein Versorgungssystem etablieren, das Menschen aus den übrigen Zusammenhängen ausschließt." Diese Gefahr sei allerdings nicht den Tafeln anzulasten, sagte der Diakonie-Chef und erinnerte an die zahlreichen Ehrenamtlichen, die sich in den Tafeln engagieren.
Stockmeier warnte davor, in die Hartz-IV-Regelsätze die billigen Lebensmittel aus den Tafel-Läden schon einzupreisen. Es stehe außer Frage, dass der Hartz-IV-Satz erhöht werden müsse, so der Diakonie-Chef.
Brühl betonte, die Tafeln und ihre Trägerorganisationen seien nicht die Lückenbüßer für eine mangelhafte soziale Sicherung. Als ehrenamtliche Organisationen könnten Tafeln Armut lindern und den Betroffenen den Alltag erleichtern, betonte Brühl. Die Ursachen von Armut bekämpfen oder gar verhindern könnten sie aber nicht. "Darin sind wir uns mit den Verbänden der Wohlfahrtspflege einig."
Die Leistungen gemeinnütziger Organisationen dürften nicht über die langjährigen Fehlleistungen der Sozialpolitik hinwegtäuschen, unterstrich Brühl. "Ohne Armut in diesem beschämenden Ausmaß müsste es Tafeln gar nicht geben."
Wie in jedem Jahr findet am 5. Oktober, einen Tag vor dem Erntedankfest, der Deutsche Tafeltag statt. Die Tafelbewegung macht an diesem Tag bundesweit auf die schwierigen Lebensverhältnisse verarmter Menschen aufmerksam.
Die Tafeln begehen in diesem Jahr ihr 20-jähriges Bestehen. Es gibt den Angaben zufolge bundesweit 914 Tafeln, über die rund 50.000 ehrenamtliche Helfer an rund 1,5 Millionen Menschen Lebensmittel verteilen oder zu sehr geringen Preisen verkaufen. Zunehmend kommen neben Arbeits- und Obdachlosen auch Geringverdiener, Rentner sowie Kinder und Jugendliche zu den Verteilstellen, darunter viele Kirchengemeinden.
Quelle: epd