Schweriner Schelfkirche vor 300 Jahren eingeweiht Barocke Pracht mit Kupferdach und Welscher Haube
Von Anne-Dorle Hoffgaard
© epd
22.09.2013 · Schwerin. Die barocke Schelfkirche St. Nikolai in Schwerin wird am 24. September 300 Jahre alt. Sie ist der erste bedeutende Kirchenneubau nach der Reformation in Mecklenburg. Schirmherrin der Festwoche ist Herzogin Donata zu Mecklenburg von Solodkoff.
Als Mecklenburg-Vorpommerns Ministerpräsident Erwin Sellering (SPD) vor drei Jahren in der Schweriner Schelfkirche heiratete, tauchte der barocke Stadtkirchenbau kurzzeitig auch in überregionalen Medien auf. Ansonsten steht die Barockkirche heute eher im Schatten des mittelalterlichen Schweriner Doms. Doch zum 300-jährigen Kirchweihjubiläum könnte sich dies wieder ändern. Schließlich ist die Schelfkirche der erste bedeutende Kirchenbau nach der Reformation in Mecklenburg.
Auf dem Programm der Festwoche von Sonnabend (21. September) bis zum 29. September stehen Konzerte, Vorträge, Turmbesteigungen und ein Familientag. Höhepunkt ist der Festakt am Dienstag (24. September) mit Regierungschef Sellering und Herzogin Donata. Nordkirchen-Landesbischof Gerhard Ulrich wird eine Andacht zur Wiederbestattung der Särge in der Herzogsgruft der Kirche halten. Von 1714 bis 1813 diente die Kirche als Grablege des Herzogshauses Mecklenburg-Schwerin.
In der etwa 48 Quadratmeter großen Gruft unterhalb des Altarraumes haben 17 Angehörige des herzoglichen Hauses Mecklenburg-Schwerin ihre letzte Ruhestatt gefunden, darunter auch Herzog Christian Ludwig II. (1683-1756), der die berühmte Schweriner Sammlung niederländischer Malerei des 17. und 18. Jahrhunderts begründete.
Die sanierte Gruft war bereits im Mai 2008, zum 300. Jahrestag der Grundsteinlegung der Kirche, wieder der Öffentlichkeit zugänglich gemacht worden. Inzwischen sind alle Särge restauriert worden und zurückgekehrt. Zudem erhielt die Grablege eine Heizung und ein computergesteuertes Belüftungssystem, damit sich bei überhöhter Luftfeuchtigkeit kein Schwamm bildet. Gegen die Spende von einem Euro können Besucher durch eine Glastür in die beleuchtete Gruft sehen.
Der Bezeichnung "Schelfkirche" geht auf die ab 1705 geplante barocke Stadterweiterung, die Schelfstadt, zurück. Umstritten ist, von welchem Wort sich die Bezeichnung "schelfe" ableitet. Der Historiker Norbert Credé hält es für wahrscheinlicher, dass es auf die niederdeutsche Bezeichnung für Schilf zurückgeht. Die Gegend sei mit Schilf umstanden gewesen, wie Bilder dies bis ins 18. Jahrhundert hinein belegten. Hingegen denkt Gemeindepastor Burkhardt Ebel, dass das lateinische Wort "scala" für "flache, stufenförmige Erhebung" ausschlaggebend war.
Bereits am (morgigen) Donnerstag (17 Uhr) wird im nahe gelegenen Schleswig-Holstein-Haus eine Ausstellung zur Schelfkirche eröffnet. Unter dem Motto "Auf zierliche Manier aufgerichtet" werden dort bis zum 20. Oktober Exponate aus der 300-jährigen Geschichte der Kirche und ihrer Gemeinde zu sehen sein.
Dazu gehören Relikte der bunten Kirchenfenster des 19. Jahrhunderts, ein Begräbnisbuch von 1732, Kerzenleuchter, handgearbeitete Altarbehänge, eine Pastoren-Galerie sowie ein offenes Modell, das zeigt, wie die Schelfkirche 1713 innen aussah. Auch zwei silberne Abendmahlskelche werden präsentiert, die Herzog Carl Leopold 1733 der Kirchengemeinde schenkte. Zahlreiche Ansichten des Sakralbaus sollen belegen, dass die Kirche immer wieder beliebtes Objekt für Künstler, Fotografen und Ansichtskartenproduzenten war.
Für den Historiker Credé, Leiter des Schleswig-Holstein-Hauses, ist die backsteinerne Schelfkirche eine der schönsten Barockkirchen in Norddeutschland. Ihr Grundriss, ein griechisches Kreuz mit vier gleichlangen Armen und westlich vorgesetztem Turm, sei sehr selten in Europa. Einige reformierte Kirchen in den Niederlanden seien so gebaut worden. Sonst hätten die sakralen Gebäude meist Längs- oder Querschiffe.
Für die 1.650 Mitglieder zählende evangelische Schelfkirchengemeinde sei der Backsteinbau das Zentrum, sagt Gemeindepastor Ebel. Mit ihrer guten Akustik sei die beheizbare Kirche ein kultureller Mittelpunkt in Schwerin, wo sehr viele Konzerte stattfinden. "Im Advent kommen wir gar nicht mehr aus der Kirche raus".
Doch die Sanierungsarbeiten sind nicht beendet. Noch in diesem Jahr müssen die drei, etwa sechs Meter hohen Schall-Luken im Bereich des Glockenstuhls erneuert werden. Und die beiden Stahlgussglocken aus den 50er Jahren müssten durch Bronzeglocken ersetzt werden.
Quelle: epd