Ökumenischer Eine Welt-Förderpreis online verliehen Bischof Jeremias lobt Engagement, um Welt gerechter und lebenswerter zu machen

04.11.2020 · Rostock. Die Wettbewerbssieger kommen aus Stralsund, Zinnowitz und Rostock. Ein Sonderpreis geht nach Ribnitz-Damgarten. Zum vierten Mal war der Ökumenische Förderpreis „Eine Welt“ ausgelobt. Die Jury vergab gestern Abend (3. November) auf einer Online-Konferenz mit 70 Gästen den Hauptpreis – ein Wanderpokal und 2.000 Euro – an den Verein Tutmonde, eine Migrantinnenorganisation, die sich im Jahr 2006 in Stralsund gegründet hat. 

Bischof Tilman Jeremias hielt die Laudatio: „Ich gratuliere dem Stralsunder Projekt herzlich. ‚Gerechtigkeit beginnt vor unserer Haustür‘, unter diesem passenden und schönen Motto engagieren Sie sich seit über einem Jahrzehnt dafür, dass die Perspektive von Migrantinnen  und Migranten selbstverständlich in allen Lebensbereichen sichtbar wird“, so der Bischof im Sprengel Mecklenburg und Pommern der Nordkirche bei der Videokonferenz zur Preisverleihung. Die Auszeichnung fand anlässlich der ebenfalls digital durchgeführten Eröffnung der „WeltWechsel-Tage 2020“ in MV statt.

Im Mittelpunkt des Engagements von Tutmonde, was in der Weltsprache Esperanto „Weltweit“ bedeutet, steht insbesondere die Situation und Stärkung von Mädchen und Frauen mit Flucht- und Migrationsgeschichte, ihre politische und gesellschaftliche Partizipation und die Gleichberechtigung von Mädchen und Frauen. Durch viele verschiedene Veranstaltungen wie beispielweise Klimafrühstücke und Klimafrühstück to go an mehreren Orten wie Greifswald, Bad Doberan, Güstrow und Stralsund machen die Vereinsmitglieder das Thema einer breiteren Öffentlichkeit zugänglich. Zudem organisieren sie regelmäßig und landesweit Tage für Menschenrechte und Entwicklungspolitik.
Bischof Jeremias lobte Projekte wie samo.fa, welches für die Stärkung der Aktiven aus Migrantenorganisationen in der Flüchtlingsarbeit steht und das Projekt Mutmacherinnen. „Aktuell begleiten Sie Menschen mit Flucht- und Migrationserfahrung rund um das Thema Covid-19 psychologisch und medizinisch. Damit leisten Sie eine unersetzliche Hilfe für Menschen, die zum Teil auf engem Raum leben müssen und denen Informationen und Unterstützung dazu kaum zugänglich sind.“ Jüngstes Projekt sei die Broschüre „Nachhaltige Entwicklung? Nur mit uns! Migrantische Perspektiven auf die 17 Ziele für nachhaltige Entwicklung der Vereinten Nationen“, die zudem durch eine sehenswerte Ausstellung begleitet werde.

Mehr Infos: www.tutmonde.eu/

Kinder lernen fairen Handel ganz praktisch kennen

Über den zweiten Förderpreis und 1.500 Euro freute sich die Kindertagesstätte „Regenbogen“ in Zinnowitz. „Deren Leitbild ist es, Kinder mit anderen Lebenslagen und Kulturen vertraut zu machen, damit sie diesen Respekt und Achtung entgegenbringen“, so Laudator Dr. Norbert Nagler vom Katholischen Erzbistum Hamburg. Da sei es auch naheliegend gewesen, das Thema Fairer Handel in den Alltag der Kindergartenkinder zu integrieren. Nagler: „Bei rund 100 Kindern aus zehn Herkunftsländern werden dabei auch persönliche Erfahrungen, wie unterschiedliche Sprachen oder Ernährungsgewohnheiten betrachtet, wann immer möglich als sinnliche Erfahrung für Hand und Fuß, Augen, Ohren, Nase und Mund. Ganz kindgerecht eben, aber auch für die Eltern mit manchmal sicher überraschenden Erkenntnissen.“ Die Projekte böten alle die Chance des gemeinsamen, aber auch voneinander Lernens.
Die Kita arbeitet dabei eng mit der Steuerungsgruppe der Fair Trade Stadt Zinnowitz zusammen und plant gemeinsame Veranstaltungen zum Thema. Den engagierten Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern ist es wichtig, den Fairen Handel nicht nur den Kindern und ihren Familien näher zu bringen. Sie hoffen, auch Einwohnerinnen und Einwohner und Urlauberinnen und Urlauber in einem der meist besuchten Ostseebäder vom Fairen Handel überzeugen zu können. „Das ist ein großartiges Engagement!“, unterstrich Dr. Norbert Nagler.

Mehr Infos: www.ill-ev.de/kindertagesstaetten/landkreis-vorpommern-greifswald/kita-regenbogen/einrichtung/

Umweltthemen im Mittelpunkt des Schüleraustausches

Der dritte Preis wurde in diesem Jahr an die ecolea in Rostock vergeben. Das Preisgeld in Höhe von 1000 Euro bekam die Schule in freier Trägerschaft „für neu geknüpfte Partnerschaften mit Schulen in Schwellenländern“, sagte Laudatorin Sibylle Dally von der Arbeitsgemeinschaft Christlicher Kirchen MV.

Die international ausgerichtete Schule unterhielt bereits viele Partnerschaften und realisierte erfolgreich Comenius- und Erasmus+-Projekte im europäischen Raum, bevor Kontakt zu einer Schule im brasilianischen Porto Alegre hergestellt wurde, um das Projekt „Umweltbildung und Abfallverwertung, Sensibilisierung von Jugendlichen in Brasilien und Deutschland zur Abfallvermeidung und -verwertung“ umzusetzen.

„Nach der Teilnahme an verschiedenen Workshops vom Eine-Welt-Verband wurde Schülern und Lehrern immer klarer, dass es nicht nur um Hilfsprojekte geht, wo Geldspenden im Vordergrund der Zusammenarbeit stehen, sondern auch um die Begegnung auf ,Augenhöhe‘“, berichtete Sibylle Dally. Gemeinsam mit ihrer brasilianischen Partnerschule habe die Rostocker ecolea über das Umweltprojekt hinaus eine langfristige Zusammenarbeit etabliert, die sogar in Zeiten der Corona-Pandemie weiter intensiviert wurde. Diese globale Zusammenarbeit sei „ein nachahmenswertes Beispiel“, so die Laudatorin.

Mehr Infos: www.ecolea.de/internationale-schule/ecolea-rostock/

Sonderpreis für wichtige Lobbyarbeit für geflüchtete Menschen

Mit dem Sonderpreis wurde die Begleitgruppe für geflüchtete Menschen in der Region Ribnitz-Damgarten geehrt. Rückblende: Aus ersten Hilfsaktionen im Jahr 2015 als Menschen auf der Flucht in Ribnitz ankamen, hatte sich eine „Begleitgruppe“ gebildet. Die frühere Gemeindepädagogin der evangelischen Kirchengemeinde, Janett Harnack, unterstützte das Engagement von Beginn an und übernahm koordinierende Tätigkeiten. Schnell wurde deutlich, dass zur gelingenden Integration der Erwerb der deutschen Sprache unabdingbar ist. Vor diesem Hintergrund organisierte die Gruppe regelmäßige Deutsch-Kurse sowie später weitere passgenaue Unterstützungs-Angebote. Neben der Hausaufgabenhilfe für Kinder und Jugendliche wurden Familien aktiv im Alltag begleitet sowie die Geflüchteten im Umgang mit Ämtern und Behörden beraten. Es gab Feste und gemeinsame Ausflüge. Wenn notwendig, wurden sogar Gerichte angerufen, um die Rechte der Geflüchteten juristisch durchzusetzen.

„Damit“, so Bischof Tilman Jeremias in seiner Laudatio, „gibt die Begleitgruppe für geflüchtete Menschen in der Kirchenregion Ribnitz-Damgarten neu zugewanderten Menschen hier das Gefühl, Willkomen zu sein. Sieunterstützt sie in allen Lebenslagen mitgroßem Engagement aller Beteiligten. Unter schwierigen Rahmenbedingungen leistet sie eine sehr wichtige Lobbyarbeit für Menschen, die hier ein neues Zuhause suchen.“

Große Resonanz auf Ausschreibung

Nach den Worten des Bischofs möchte der „Ökumenische Eine-Welt-Preis“ die Augen dafür öffnen, wie viel auch in Mecklenburg-Vorpommern zum Thema geschieht und verdeutlichen, dass zahlreiche Menschen Zeit, Kraft und Ideen investieren, um unsere Welt ein kleines Stück gerechter und damit lebenswerter zu machen. Bischof Jeremias: „Die aktuelle Corona-Krise führt uns deutlich vor Augen, dass niemand eine Insel ist. Es geht in der Pandemie eben nicht nur darum, sich zu schützen, sondern die anderen mit im Blick zu haben. Menschlichkeit und Nächstenliebe kennen keine nationale Grenzen. Alle Projekte und Initiativen, die wir heute Abend auszeichnen, stehen für diesen Gedanken.“

Preisträger bekamen Preis jeweils live überreicht

Auf der Videokonferenz wurden alle 19 Bewerber-Projekte vorgestellt. Sowohl Bischof Tilman Jeremias wie auch Jörn Mothes, der Grußworte der Landesregierung überbrachte, zeigten sich beeindruckt, welche Fülle es an nachhaltigen, innovativen und nachahmungsfähigen Aktivitäten für weltweite Gerechtigkeit in Mecklenburg-Vorpommern gibt. „So gesehen stehen die vier Preisträger stellvertretend. Alle Neunzehn hätten den Preis für ihr beachtliches Engagement verdient“, so Bischof Jeremias. Er sei zudem von der schönen und intensiven Atmosphäre der Online-Preisverleihung angetan gewesen. Besonders schön sei gewesen, dass „alle Preisträger durch kleine Gruppen die Preise live überreicht bekamen und alle per Videoschaltung dabei waren“. Im Chat habe ein Teilnehmer gesagt. „Dies ist die schönste Zoom-Konferenz, die ich erlebt habe.“

Gemeinsam loben der Evangelisch-Lutherischen Kirchenkreis Mecklenburg, der Pommersche Evangelische Kirchenkreis, die katholischen Erzbistümern Hamburg und Berlin sowie die Arbeitsgemeinschaft Christlicher Kirchen MV den Ökumenischen Förderpreis „Eine Welt“ alle zwei Jahre aus.

Quelle: ELKM (cme/ak)



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