Stadtkirche St. Maria und St. Nikolaus Sternberg

Eine Stadtkirche mit "drei“ Namen — St. Maria und St. Nikolaus in Sternberg

 

Zwischen Schwerin und Güstrow liegt die mecklenburgische Kleinstadt Sternberg, die zum Kirchenkreis Mecklenburg der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Norddeutschland (Nordkirche) gehört. Eine frühgotische Vorgängerkirche der heutigen Stadtkirche wurde bereits 1232 erstmals urkundlich erwähnt. Nach einem verheerenden Stadtbrand ließ der mecklenburgische Fürst Heinrich II die Stadt systematisch wieder aufbauen und wählte sie im Jahre 1310 zu seiner Hauptresidenz. Er entschied sich für den Bau einer repräsentativen Kirche, die heute noch als zentral gelegenes Bauwerk imposant das Stadtbild dominiert.

 

Die heutige Stadtkirche Sternbergs entstand in den Jahren 1310 bis 1320 als gotische Hallenkirche mit drei Schiffen. Blitzeinschläge, Brände und Verwüstungen machten immer wieder Restaurierungs- und Umbaumaßnahmen notwendig, sodass sich ihr Erscheinungsbild sowie ihr Inneres deutlich veränderten. 1741 musste das Gewölbe des Mittelschiffes neu erbaut werden. Zu dieser Zeit entstanden auch Mansardendach, Gesimse, sowie Altar und Kanzel im barocken Stil. Unter der Leitung von Hofbaumeister Gotthilf Ludwig Möckel erfolgte in den Jahren 1892 bis 1896 ein großer Umbau mit neugotischer Umgestaltung: Eine Westempore entstand, alle Fenster wurden erneuert und Gestühl, Altar und Kanzel ausgetauscht. Frühere Bemalungen an den Säulen und der Ostwand konnten freigelegt und restauriert werden. Die Pfeiler sind vom Boden bis zur Hälfte mit teppichartigen Malereien versehen. Nach oben folgen Wappen und Weinranken mit grünen Blättern und rotbraunen Trauben. Hervorzuheben ist jedoch, dass zwei historische Ereignisse prägende Eindrücke hinterlassen haben:

 

Sternberger Hostienschänderprozess:

 

Im Jahre 1492 heiratete die Tochter des in Sternberg lebenden Juden Eleasar. Der Familie wurde unterstellt, auf der Hochzeitsfeier Hostien mit Nadeln durchstochen zu haben. Aus diesen soll sodann Blut geflossen sein. Die Sage wurde so weitererzählt, dass die Frau des Gastgebers anschließend versucht habe, die in ein Tuch gewickelten Hostien im Mühlbach zu versenken. Das sei ihr aber nicht gelungen, weil sie vor dem Mühltor mit beiden Füßen im Steinpflaster versunken und sogleich verstorben sei. Am Tage darauf sollen die Abdrücke ihrer Füße in einem Stein am Stadttor gefunden worden sein. Ein solcher ist heute am Seiteneingang der Kirche als vermeintlicher Beleg zu sehen.

 

Ungeachtet dieser Sage ist es traurige Wahrheit, dass Vikar Peter Däne die Juden, die an der Hochzeitsfeier teilgenommen hatten, wider besseren Wissens wegen vermeintlichen Hostienfrevels beim Schweriner Dompropst anzeigte. Es folgten Verhaftungen, Verhöre, Verurteilungen und schließlich die Vertreibung der in der Region lebenden Juden. Mit den Jahren kamen immer mehr Pilger zur Verehrung des Heiligen Blutes nach Sternberg. Für sie wurde an der Südwestseite der Kirche von 1494 bis 1496 die "Kapelle des Heiligen Blutes" - später auch Taufkapelle genannt - angebaut. Zur gleichen Zeit entstand unmittelbar daneben auch die sogenannte Winterkirche. Bis heute finden hier in den kalten Monaten des Jahres Andachten, Gottesdienste oder auch kulturelle Veranstaltungen statt. Der St. Georgsaltar — ein geschnitztes Tryptichon — stammt etwa aus dem Jahr 4500 und zeigt den Heiligen Georg, wie er den Drachen tötet und weitere Heilige. Altar und Kanzel stammen aus der St. Jürgen-Kapelle, die 1904 abgerissen wurde.

 

Die durch Folter erpressten Geständnisse des Hostienfrevels — die Urgicht - wurden als Inschrift in eine Brettertafel gearbeitet. Diese hat heute einen Platz des Gedenkens in unmittelbarer Nähe der "Kapelle des Heiligen Blutes".

 

Annahme der Reformation in Mecklenburg:

 

Bis zum Jahre 1913 fand die Eröffnung der mecklenburgischen Landtage alle zwei Jahre in Sternberg statt. Unweit von Sternberg, an der Sagsdorfer Brücke, beschloss der Landtag am 20. Juni 1549 die Annahme der Reformation für ganz Mecklenburg. Dieses historische Ereignis hielten Künstler in einem großen Fresco im Eingangsbereich der Kirche bildlich fest.

 

Aber warum trägt die Kirche zwei Namen? Eingeweihte erklären es so: Als St. Maria ist sie bekannt und St. Nikolaus hat in der Region immer schon große Bedeutung gehabt! Aber damit nicht genug: Zur Erinnerung an den Landtag des Jahres 1549 erhielt die Kirche den Ehrennamen "Reformationsgedächtniskirche".

 

Text: Anna Karsten

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