Zehn Jahre Gedächtniskirche Rosow Bischof Abromeit: Mahnmal gegen "dumpfen Nationalismus"

11.06.2017 · Rosow.

Der Greifswalder Bischof Hans-Jürgen Abromeit hat die Gedächtniskirche in Rosow (Brandenburg) als "Mahnmal vor wieder erstarkendem dumpfem Nationalismus und Zeichen der Hoffnung" bezeichnet. Der Bischof predigte am Sonntag in einem Festgottesdienst zum zehnjährigen Bestehen der Gedächtniskirche. Rosow liegt nahe der deutsch-polnischen Grenze im Bundesland Brandenburg, gehört aber zum Pommerschen Evangelischen Kirchenkreis in der Nordkirche.

"Unter dem Kreuz kann Versöhnung geschehen und ist ein Neuanfang möglich, auch wenn beides aus menschlicher Sicht unmöglich erscheint", sagte der Bischof weiter. Seit ihrer Restaurierung dient die Kirche des kleinen Grenzorts in der östlichen Uckermark auch als „deutsch-polnische Gedenkstätte für Flucht, Vertreibung und Neuanfang“. Regelmäßig finden dort Konzerte mit deutschen und polnischen Musiker statt. Besucher der Kirche kommen vor allem aus dem Berliner Raum.

Die Rosower Feldsteinkirche aus dem 13. Jahrhunderts wurde noch in den letzten Kriegstagen 1945 zerstört. In den 1950er Jahren notdürftig restauriert schien die Kirche knapp 60 Jahre später dem Verfall preisgegeben. Das wollte der damalige Bürgermeister, heutige Ortsvorsteher und langjährige Kirchenälteste Karl Lau nicht hinnehmen. Er gründete 2003 einen Förderkreis, dem bis heute 20 Mitstreiter angehören. Aus einem Ideenwettbewerb entstand der neue Turm: Eine moderne Stahlkonstruktion, die die ursprüngliche Form aufnimmt und neu interpretiert.

"Wenn die Kirche stirbt, stirbt auch das Dorf"

Karl Lau erzählt: „Wenn die Kirche stirbt, stirbt auch das Dorf. Dieses Gefühl hatten wir damals. Auch wenn wir in unserer Region immer weniger Kirchenmitglieder haben, ist es uns wichtig, dass es einen Ort gibt, an dem Gottesdienste gehalten werden, wo getauft und getraut werden kann. Das ist für uns auch ein Zeichen der Hoffnung.“ Die Idee zu einer Gedächtniskirche lag nahe: 1945 war die östliche Ortsgrenze von Rosow unversehens zur Staatsgrenze geworden. Viele Flüchtlinge aus Ostpreußen und Pommern ließen sich in der Gegend nieder, Menschen aus der Ukraine und dem Baltikum wurden auf polnischer Seite angesiedelt.

„Wir sind mit ganz einfachen Aufnahmegeräten losgezogen und haben die Menschen besucht, die ihre Heimat durch den Krieg verloren haben. Ihre Geschichten haben wir aufgeschrieben und mit Fotos und persönlichen Dokumenten ergänzt. 50 Berichte liegen jetzt in Mappen auf der Empore, wo die Kirchenbesucher sie studieren können. Als wir das vor zehn Jahren gemacht haben, hätte keiner gedacht, dass das Thema Flucht und Vertreibung bald wieder solch eine große Rolle spielen würde“, erzählt Karl Lau. 
 
Durch den Festgottesdienst führte der Gartzer Pastor Hilmar Warnkross. Der Bläserkreis der Evangelischen Gemeinde Weißensee spielte unter der musikalischen Gesamtleitung des Berliner Kantors Thomas Lanz.

Quelle: epd/Bischofskanzlei Greifswald/kmv