"Aufarbeitung hat kein Verfallsdatum" Weitere Aufarbeitung der SED-Diktatur gefordert

18.10.2018 · Schwerin/Berlin.

Der Bundesbeauftragte für die Stasi-Unterlagen, Roland Jahn, hat sich für eine weitere Aufarbeitung der SED-Diktatur ausgesprochen. "Aufarbeitung hat kein Verfallsdatum", so Jahn. Er forderte unter anderem eine Verlängerung der Antragsfrist für die Rehabilitierung von Opfern der SED-Diktatur. Zudem könnten die Erfahrungen der friedlichen Revolution auch die aktuelle Debatte um Demokratie und Bürgerrechte bereichern, betonte Jahn. Anlass seiner Äußerungen ist das 20-jährige Bestehen der Bundesstiftung Aufarbeitung, das am Mittwochabend mit einem Festakt in Berlin gefeiert wurde.

Es sei wichtig, ein Zeichen für die Würdigung der Diktatur-Opfer zu setzen. "Es kann nicht sein, dass im Jahr 2019 die Antragsfrist für Rehabilitierung ausläuft", kritisierte Jahn. Es müsse zudem weiter darüber aufgeklärt werden, wie die SED-Diktatur funktioniert habe.

Jahn betonte zugleich, dass die aktuelle Diskussion um Freiheit und Demokratie auch bereichert werden könne, "wenn wir uns bewusst werden, was die friedliche Revolution bewirkt hat". Diese habe gezeigt, dass Menschen Verhältnisse ändern können, wenn sie getragen sind von Ansprüchen nach Freiheit und Bürgerrechten sowie vom Respekt gegenüber anderen Menschen. Das hätten 1989 - nicht alle, aber viele - Menschen im Osten geschafft.

Meckel kritisiert Sicht auf deutsches Geschichtsbild

Unterdessen kritisierte der Vorsitzende der Bundesstiftung Aufarbeitung der SED-Diktatur, Markus Meckel (SPD), dass das deutsche Geschichtsbild auch fast 30 Jahre nach der Wende hauptsächlich von der Sicht des Westens geprägt sei. "Die DDR-Geschichte wird im Westen nach wie vor weitgehend als Regionalgeschichte angesehen", sagte Meckel dem RedaktionsNetzwerk Deutschland. Dabei sei die deutsche Nachkriegsgeschichte ab 1945 bis 1990 eine geteilte: "Beide deutschen Staaten, auch die Bundesrepublik, sind für sich allein nicht verständlich."

Meckel reagierte auch auf Vorwürfe nach den gewalttätigen Ausschreitungen in Chemnitz, die Ostdeutschen hätten ein Demokratiedefizit. "Hier gibt es viele pauschale Aussagen in den letzten Monaten, die schwer erträglich sind", sagte der SPD-Politiker, der letzter Außenminister der DDR war.

Quelle: epd