Rechnungsprüfer im Interview Nicht Erbsenzähler, sondern Helfer

Gut im Gespräch, um Gemeinden zu helfen: Christoph Schacht, Klaus Lachenmann und Juliane Görs (v.l.).

Foto: C. Meyer

17.09.2018 · Schwerin. Rechnungsprüfung — das klingt nach Erbsenzählerei. Ist es aber nicht, sagt einer, der es wissen muss: Klaus Lachenmann. Mit dem Direktor des Rechnungsprüfungsamtes der Nordkirche, seinem Stellvertreter Christoph Schacht sowie Juliane Görs, der Fachbereichsleiterin Finanzen und Meldewesen der Kirchenkreisverwaltung Mecklenburg, sprach Christian Meyer.

Frau Görs, Herr Lachenmann, Herr Schacht – sind Sie ein Erbsenzähler?

Lachenmann: Natürlich decken wir bei unseren Prüfungen auch Defizite und Fehler auf, aber zuallererst haben wir Veränderungen zum Positiven im Blick.

Was heißt das konkret?

Lachenmann: Mit unseren Hinweisen und Empfehlungen möchten wir zum Beispiel den Kirchengemeinden, die wir im Durchschnitt alle sechs Jahre prüfen, helfen, ihre Prozesse bei der Kassen– und Haushaltsführung zu optimieren. Im besten Fall, geht im Anschluss an eine kritische Draufsicht die folgende Prüfung mit weniger Anmerkungen durch. Das ist doch dann für alle – die Gemeinden, die Kirchenkreisverwaltung und das Prüfungsamt – ein schöner Erfolg.
 
Wie hat man sich das konkret vorzustellen? Sie kommen unangemeldet ins Pfarramt XY und sagen, Sie wollen jetzt mal alle Kassenbücher sehen?

Schacht: Nein. Das Verfahren ist im Rechnungsprüfungsgesetz klar geregelt: Jährlich stellen wir nach Parametern mit Hilfe eines Computerprogramms eine Liste von zu prüfenden Einrichtungen der Nordkirche, darunter auch Kirchengemeinden, zusammen. Über die abschließende Liste entscheidet dann der Rechnungsprüfungsausschuss der Landessynode und beauftragt uns als Amt mit den Prüfungen.
 
Sie melden sich also an. Die Gemeinden zeigen ihre Unterlagen, Sie schauen drauf – Feierabend?

Lachenmann: So einfach ist es nicht. Jeweils zum Jahresanfang schreiben wir alle an und teilen mit, dass wir im laufenden Jahr eine Prüfung durchführen. Dann erstellen wir eine Liste mit Anforderungen, die neben den Kirchengemeinden auch die Kirchenkreisverwaltung bekommt, die ja die Gemeinden vielfältig bei den Buchungen und der Kassenführung unterstützt. Alles Nötige wird uns dann (möglichst digital) zur Verfügung gestellt. Zudem bekommen wir Zugang zum Finanzprogramm KFM.
 
Sie verschaffen sich quasi einen ersten Überblick?

Lachenmann: Genau. Später aber sind wir mindestens auch einmal vor Ort in der Gemeinde. Nach unserer risikoorientierten Prüfung, die wir bei der Gemeinde und im Rechnungsprüfungsamt durchführen, erstellen wir den Entwurf des Prüfberichtes. Die Kirchengemeinde kann dann Stellung dazu nehmen und es gibt noch ein Abschlussgespräch. Dies ist uns besonders wichtig, weil manche Unklarheiten oder Missverständnisse sich dabei oft ausräumen lassen.

Bekommen die Gemeinden von der Verwaltung eine Unterstützung?

Görs: Ja, natürlich. Dies gehört zu unserem Auftrag. Ich möchte aber betonen, dass wir nicht in den Prüfprozess vor Ort eingebunden sind. Das heißt, wir stellen nur die Unterlagen zusammen und bieten an, dass die jeweiligen Buchhalter aus unserer Kirchenkreisverwaltung beim schon genannten Abschlussgespräch dabei sind, da dies für das weitere Verfahren sinnvoll und hilfreich ist.
 
Der Kirchenkreisrat soll sogar empfehlen, dass Sie bei den Abschlussgesprächen dabei sind?

Görs: Richtig, hier ist die Bitte an die Gemeinden, ihre Buchhalterin oder ihren Buchhalter zum Abschlussgespräch einzuladen. Auch wenn es kein Gespräch geben sollte ist der Austausch wichtig. Denn entscheidet ist ja, was die Buchhaltung noch besser für die Kirchengemeinde tun kann und umgekehrt.
 
Aber dann kommt…

Schacht:
…der endgültige Prüfbericht unseres Amtes. Dieser wird parallel ebenso an die Kirchenkreisverwaltung und den Kirchenkreisrat gesandt, der die Aufsicht über alle Gemeinden führt.
 
Wie lange dauert die Prüfung? 

Lachenmann: Dies ist sehr unterschiedlich und hängt auch von der Größe der Gemeinde bzw. ihrer Einrichtungen (Friedhof, Kita etc.) ab. Allgemein gilt: Ist alles gut vorbereitet und unsere Anforderungsliste ebenso gut abgearbeitet, beschleunigt dies den Vorgang.
 
Sie haben alles unter die Lupe genommen, schicken den Bericht und dann?

Lachenmann: Aus unserer kritischen Draufsicht, deren Ziel wie schon eingangs gesagt, eine Optimierung der Prozesse ist, ergeben sich Hinweise, Empfehlungen und Beanstandungen für die Haushaltsführung und die Vermögensverwaltung. Es geht also um einen Soll-Ist-Vergleich, der Fehler etc. auflistet.
 
Wichtig ist mir, klar zu stellen: Wir können keine Sanktionen verhängen.  Wir gehen aber davon aus und erleben dies auch im täglichen Geschäft, dass die geprüften Einrichtungen, wie die Kirchengemeinden, natürlich ihre Konsequenzen ziehen und benannte Dinge abstellen.
 
…und wenn nichts passiert?

Görs: Als Verwaltung wirken wir auf die nötigen Veränderungen natürlich hin. Im Fall eines Falles kann der Kirchenkreisrat als Aufsicht auch eine Prüfung für eine Kirchengemeinde beantragen. Dies ist aber selten erforderlich.
 
Hauptsächlich profitieren die Kirchengemeinden aber von der Prüfung. Denn die Prüfer haben eine nordkirchenweite  Übersicht. Das heißt, sie wissen, was sich hier und dort bewährt hat, wie man dieses oder jenes, pragmatisch und zugleich rechtskonform organisieren könnte. Kurzum: Das bekannte Rad muss also nicht ein zweites Mal  erfunden werden.
 
Schacht: Ich möchte dies gern unterstreichen: Die Erfahrung zeigt, dass unsere Beratung vor Ort das Verständnis für die manchmal als zu starr empfundenen Vorgaben im Finanzbereich weckt.
 
Zum Rechtsrahmen gehört auch, dass das Rechnungsprüfungsamt unabhängig ist. Warum?

Lachenmann: Die gut 500 Millionen Euro, die in der gesamten Nordkirche jährlich aus Kirchensteuern und Staatsleistungen zur kirchlichen Arbeit zur Verfügung stehen, müssen transparent verwaltet und verwendet werden. Für dieses treuhänderische Geld, gibt es Regeln, die einzuhalten sind.
 
Zur Transparenz und, weil wir als Kirche einen hohen moralischen Anspruch vertreten, wird das Finanzgebaren von uns als Rechnungsprüfungsamt unabhängig geprüft und hinterfragt. Unser Amt ist unabhängig, nicht weisungsgebunden und nur den rechtlichen Regelungen der Nordkirche unterworfen. Bei Ländern und Kommunen ist dies ganz genauso und vergleichbar.

Quelle: ELKM (cme)