"D-Dur ist bei mir blau" Jochen A. Modeß leitet zum letzten Mal die Greifswalder Bachwoche

Von Nicole Kiesewetter

Kirchenmusikdirektor Jochen A. Modeß (li.) und Landesposaunenwart Martin Huss beim Eröffnungsgottesdienst der Greifswalder Bachwocher auf dem Marktplatz der Hansestadt.

Foto: A. Klinkhardt

05.06.2018 · Greifswald. "Kreativer Tausendsassa" nennen ihn die Musikkritiker, als "Allrounder" betitelt er sich gern selbst: 25 Jahre lang hat Kirchenmusikdirektor Jochen A. Modeß die Greifswalder Bachwoche geleitet. Jahre, "die wie im Fluge vergangen" seien, sagt er. Als er 1993, kurz nach der politischen Wende, nach Greifswald kam, sei an der Universität vieles im Umbruch gewesen.

"Aber mit Blick auf die bereits 1946 gegründete Bachwoche kam ich in bewährte Strukturen hinein. Das war ein gemachtes Nest". Doch Modeß wäre nicht Modeß, wenn er nicht auch die Herausforderung gespürt hätte, das älteste Musikfestival Mecklenburg-Vorpommerns "durch neue Akzente aufzupeppen", wie er formuliert. Dazu gehörte all die Jahre auch, dass der ehemalige Kantor der Bielefelder Marienkirche eigene Kompositionen präsentierte und das Programm um Cross-over-Musik erweiterte.

Dennoch betont der 63-Jährige, dass die allmorgendlichen Gottesdienste mit einer Bachkantate das vielzitierte "Herzstück der Bachwoche" geblieben seien. Er sei ein leidenschaftlicher Gottesdienstmusiker, und die Kirche sei der originale Ort, für den Johann Sebastian Bach die Musik geschrieben habe. "Das ist so wunderbar, das kommt direkt nach Weihnachten - auch mit Blick auf die Besucherzahlen in der Kirche." Dies belegen auch die rund 10.000 Gäste in jedem Jahr. Dabei habe der Übergang der Trägerschaft von der ehemaligen Pommerschen Landeskirche zur Nordkirche dem Bekanntheitsgrad des Festivals gut getan.

"Noch heute höre ich Tonarten in Farben"

Modeß hat in Greifswald die Hauptzeit seines beruflichen Lebens verbracht. "Mit 13 Jahren hatte ich in Minden meinen ersten Vertrag als Hilfskirchenmusiker", erinnert er sich. Die Eltern haben beide Musik gemacht, sein Vater habe ihn Noten zum besseren Lernen immer farbig ausmalen lassen. "D-Dur ist bei mir blau - weil ich das D immer blau gemalt habe. Noch heute höre ich Tonarten in Farben." Sehr schnell habe er Orgelunterricht bekommen. "Seitdem bin ich ununterbrochen Kirchenmusiker."

Zwar komme man als Kirchenmusiker "eh nicht an Bach vorbei", sagt der Vater dreier erwachsener Kinder. Doch darüber hinaus gebe es eine "große Affinität zu Mendelssohn". Deshalb seien Bach und Mendelssohn auch das Thema der ersten Bachwoche unter seiner Leitung gewesen - und eben nun auch der letzten Bachwoche. In diesem Jahr stehen Werke im Mittelpunkt, die von Mendelssohn oder Modeß bearbeitet wurden.

Ruhestand in Bielefeld

Am 30. September geht Jochen A. Modeß in den Ruhestand, die Verhandlungen für seine Nachfolge laufen gerade zwischen dem Land und der Universität. Gemeinsam mit seiner Frau Christiane verlässt er dann Greifswald in Richtung Bielefeld. "Viele schöne Erinnerungen und die eine oder andere Komposition" werde er zurücklassen. Dabei sei seine Abkehr von Greifswald ein bewusster und selbst gewählter Schritt: "Ich bin hier einfach zu gut angekommen. Ich möchte das Feld für meinen Nachfolger räumen."

Quelle: epd