Mit Plattdeutsch wachgeküsst In der Dorfkirche von Kirch Stück entsteht ein plattdeutsches Zentrum

Von Anne-Dorle Hoffgaard

Kirchenältester Jürgen Hansen (68) will aus der maroden Dorfkirche in Kirch Stück (bei Schwerin) ein plattdeutsches Kirchen-Zentrum machen.

© epd

23.07.2014 · Schwerin Die marode Dorfkirche in Kirch Stück unweit von Schwerin hat etwas, das manchen sanierungsbedürftigen Sakralbauten in MV noch fehlt: Einen eigenen Förderverein und ein erweitertes Nutzungskonzept - als plattdeutsches Zentrum für die ganze Region.

Bis vor drei Jahren lag die gotische Backsteinkirche von Kirch Stück an der B 106 zwischen Schwerin und Wismar im Dornröschenschlaf, sagt Kirchenältester und Fördervereinsvorstand Jürgen Hansen (68). Drei bis vier Gottesdienste im Jahr. Das war`s. Dann hatte seine Frau die Idee mit dem Plattdeutsch-Zentrum. Das wäre ein Alleinstellungsmerkmal, und man könnte auch Schweriner ansprechen, so die Überlegung.

2011 beschloss der Kirchengemeinderat ein erweitertes Nutzungskonzept, 2012 folgte die Gründung des Fördervereins. Inzwischen laufe es gut, sagt der frühere Verwaltungsbeamte im Schweriner Bildungsministerium, der 1992 aus Schleswig-Holstein nach Mecklenburg kam. "Das ist was, was gefunkt hat." 40 bis 50 Besucher kommen zu den plattdeutschen Gottesdiensten, davon etwa die Hälfte aus Schwerin. Acht Gottesdienste in niederdeutscher Sprache sind in diesem Jahr geplant. Außerdem stehen Lesungen und Konzerte auf dem Programm.

Auch bautechnisch tat sich bereits etwas: Die kulturhistorisch bedeutende Glocke aus dem 14. Jahrhundert und der Glockenstuhl konnten restauriert und Ende Juni 2013 nach fast vierjähriger Zwangspause wieder in Betrieb genommen werden. Sechs abgesackte Gewölbe-Säulen, die den Fußboden tragen, wurden gesichert, so dass die Kirche nach einer vorübergehenden Sperrung im vergangenen Jahr wieder genutzt werden darf. Im Turmbereich gibt es jetzt eine Toilette, und mit dem Einbau eines Gemeinderaumes wurde begonnen.

Doch es muss noch viel getan werden. Der Zementputz im Kirchenschiff zog Feuchtigkeit an und bröckelt. Im Dach des Kirchenschiffs ist teilweise echter Hausschwamm. Die Carl-Börger-Orgel aus dem 19. Jahrhundert ist nicht mehr spielbar. "Da geht wohl mehr Luft durch die Holzwurmlöcher als durch die Pfeifen", sagt Hansen.

Auch Orgelempore, Kanzel und Kirchenbänke sind vom Holzwurm befallen. Das mittelalterliche Kruzifix einer einstigen Triumphkreuzgruppe muss dringend restauriert werden, ebenso das nördliche Chorfenster mit dem heiligen Georg, das zu den ältesten Glasmalereien in Mecklenburg gehört. Einige hunderttausend Euro, schätzt Hansen, müssen für anstehende Bauarbeiten wohl noch investiert werden.

Jetzt beginnt aber erstmal die Sanierung des Turmdach-Tragwerkes. Denn das ist laut Hansen so marode, dass das Dach droht, bei einem Orkan herabzustürzen. Weitere Etappenziele sind in diesem Jahr der Abschluss des behindertengerechten Gemeinderaum-Einbaus nebst Teeküche im Turmbereich sowie die Restaurierung des wertvollen Schnitzaltars von 1430/40.

Innerhalb von nur zwei Monaten konnten Paten für alle zwölf Apostel gefunden werden, die auf den beiden Altar-Seitenflügeln dargestellt sind. Somit konnten die benötigten 5.000 Euro Eigenmittel eingeworben werden, und auch die Altar-Restaurierung kann starten.

Um die Idee vom plattdeutschen kirchlichen Zentrum weiter voran zu bringen, wünscht sich Jürgen Hansen vor allem noch mehr Mitstreiter, die sich engagieren. Er hoffe da auch auf den künftigen Inhaber der derzeit vakanten Pfarrstelle der 1.600 Mitglieder zählenden Kirchengemeinde Alt Meteln, Cramon, Groß Trebbow. Zu der Gemeinde gehören neben dem Sakralbau in Kirch Stück noch vier weitere Kirchengebäude. Zudem will der Förderverein mit Schulen Kontakt aufnehmen, damit die Kinder mal was in der Kirche von Kirch Stück machen.

Schön fände es Hansen, wenn die Nordkirche die geplante Stelle für einen plattdeutschen Pastor in dem etwa 120 Einwohner zählenden Kirch Stück ansiedeln würde. "Das wäre was für uns", ist er überzeugt. Allerdings gebe es in dem kleinen Dorf vor den Toren Schwerins nicht einmal ein eigenes Pfarrhaus, fügt er einschränkend hinzu.

Quelle: epd