"Wenn mehr Menschen kommen, muss improvisiert werden" In MV starten am Wochenende vielerorts wieder die Gottesdienste

08.05.2020 · Greifswald. Premiere für viele evangelischen Kirchengemeinden im Norden: Am kommenden Sonntag feiern sie nach zwei Monaten Abstinenz wieder Gottesdienst in ihren Kirchen - allerdings wegen der Corona-Krise mit Mundschutz, strengen Abstandsregeln und ohne Gesang. Für die Kirchengemeinden ist die Umsetzung der Auflagen eine Herausforderung. Zumal der 10. Mai als vierter Sonntag nach Ostern im Kirchenjahr ausgerechnet der "Singesonntag" (Kantate) ist.

Mit den vorgeschriebenen Abstandsregeln hat Tilman Beyrich, Pastor am Greifswalder Dom, kein Problem. "Wir können mit Corona-Regeln bis zu 175 Personen in den Dom lassen - mit getrenntem Eingang und Ausgang." Zwar werde es den Vorschriften gemäß keinen Gemeindegesang geben. "Aber der Gottesdienst wird nur 40 Minuten dauern, damit wir danach draußen vor dem Dom auf der Wiese noch ein Lied gemeinsam singen."

Kleinere Kirchen haben mit der Umsetzung der strengen Regeln oft mehr Probleme. Rund um Neustrelitz sind beispielsweise in den Dorfkirchen in Hohenzieritz zwölf Gottesdienst-Teilnehmer, in Blumenholz neun und in Warbende 14 Personen zugelassen. Wenn mehr Menschen kommen, müsse improvisiert werden, sagt Pastor Dirk Fey aus der Kirchengemeinde Wanzka, zu der diese Kirchen gehören. Im Freien dürfen nämlich bis zu 50 Personen zur Feier zusammenkommen. "Es kann also sinnvoll sein, sich einen Klappstuhl mitzubringen."

Geplant ist, dass bereits an diesem Sonntag wieder in fast allen Kirchen der Großgemeinde Wanzka Gottesdienste stattfinden. Dafür sind Desinfektionsmittel ebenso vorhanden wie die vorgeschriebene Teilnehmendenliste, in die sich alle eintragen müssen. Parallel werden die Hausandachten, die während der vergangenen Wochen per Post und Mail versendet wurden, weiterhin verschickt: "Es wird wahrscheinlich Menschen geben, die aus Vorsichtsgründen auch weiterhin nicht am öffentlichen Gottesdienst teilnehmen werden", so Pastor Fey.

Auch Pastor Matthias Gienke in Brüssow in der Uckermark, dessen Gemeinde zum pommerschen Kirchenkreis gehört, wird seine digitalen Andachten fortsetzen, die er in den vergangenen Wochen regelmäßig auf youtube veröffentlicht hat. "Der Zuspruch war enorm. Wir führen das fort, aber nur punktuell zu bestimmten Ereignissen." Gottesdienste finden in seiner Gemeinde zunächst nur in den größeren Kirchen statt.

Dass die Corona-Krise für viele Gemeinden ein Anstoß gewesen sei, sich mehr mit ihrer Präsenz in den digitalen Medien zu beschäftigen, sieht er als "eine der wenigen positiven Entwicklungen der letzten Wochen". Ganz im Gegensatz zu den nun vorgeschriebenen Hygienevorschriften. "Man hat den Eindruck, die Kirche gibt sich strengere Auflagen als der Staat", kritisiert er. "Kirche sollte regional denken, wir müssen vor Ort entscheiden können", fordert er mit Blick auf die geringen Infektionszahlen in seiner Region.

Quelle: epd