"Da ist noch viel Luft nach oben" Fairer Handel legt um 15 Prozent zu

Im Aufwind: Fair gehandelte Produkte

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22.07.2019 · Berlin. 95.000 Tonnen Bananen aus fairem Handel verspeisten die Deutschen 2018. Auch jede 20. Tasse Kaffee war "fair gehandelt". Trotzdem sind 99 Prozent des Handel weiterhin nicht fair - mit teils verheerenden Auswirkungen auf die Produzenten.

Rund 1,7 Milliarden Euro haben die Deutschen im vergangenen Jahr für Produkte aus fairem Handel ausgegeben. Im Vergleich zu 2017 entspricht dies einem Zuwachs von 15 Prozent, wie der Dachverband Forum Fairer Handel mitteilte. Innerhalb der vergangenen fünf Jahre hat sich der Umsatz damit mehr als verdoppelt.

Diese positive Entwicklung dürfe aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass weiterhin geschätzte 99 Prozent des Handels nicht fair seien, sagte der Geschäftsführer des Forums Fairer Handel, Manuel Blendin. Im Durchschnitt gaben die Verbraucher in Deutschland 2018 pro Kopf 20,50 Euro für faire Lebensmittel, Textilien und Handwerksprodukte aus. "Da ist noch viel Luft nach oben", sagte Blendin.

Kaffee umsatzstärkstes Produkt

Mit einem Anteil von 32 Prozent ist laut Blendin Kaffee weiterhin das umsatzstärkste Produkt im fairen Handel. Das absatzstärkste Produkt waren mit 95.000 Tonnen wiederum Bananen. Faire Bananen hätten damit in Deutschland einen Marktanteil von rund 14 Prozent erreicht.

Mittlerweile stamme jede 20. Tasse Kaffee, die in Deutschland getrunken wird, aus fairem Handel, sagte Blendin. Dennoch müssten viele Produzenten von Kaffeebohnen im globalen Süden um ihre wirtschaftliche Existenz kämpfen. "Wir haben ein ganz massives Kaffeeproblem", sagte Blendin. Nur zehn Prozent des Geldes, das weltweit mit Kaffee umgesetzt werde, verbleibe in den Anbauländern.

Derzeit liegt der Weltmarktpreis für ein Pfund Kaffee bei 1,06 US-Dollar. Das Forum Fairer Handel zahlt seinen Erzeugern dagegen einen garantierten Grundpreis von 1,40 US-Dollar. Dazu kommen ein Aufschlag für die Kooperativen von 20 US-Cent sowie weitere 30 US-Cent, wenn die Kaffeebohnen bio sind. Liegt der Weltmarktpreis darüber, bekommen die Kaffeebauern diesen gezahlt.

"Preissensible" Verbraucher

Existenzsichernd für die Kaffeebauern im globalen Süden wäre eigentlich ein Mindestpreis von zwei US-Dollar, räumte Blendin ein. Andere Produktsiegel wie das lateinamerikanische Simbolo de Pequenos Productores (SPP.coop) zahlten ihren Produzenten beispielsweise 2,20 US-Dollar. Die Konsumenten hierzulande seien aber "sehr preissensibel", sagte Blendin. Ein faires Produkt dürfe in Deutschland nicht viel oder gar nicht teurer sein als ein konventionelles, sonst werde es nicht gekauft. Der Dachverband fordert deshalb eine Befreiung von der Kaffeesteuer für fair gehandelten Kaffee und ein Gesetz zur menschenrechtlichen Verantwortung von Unternehmen.

Wozu Preisdrückerei durch die Konzerne führen kann, zeigt sich am Beispiel der Bananen, wo der faire Handel jüngst einen Rückschlag hinnehmen musste. Im September 2018 kündigte Lidl als erste Discounterkette in Deutschland an, ihr Bananen-Sortiment vollständig auf "fair" umzustellen. Doch anders als erhofft zogen andere Lebensmittelhandels-Konzerne nicht nach, sondern begannen einen Preiskampf. Im Mai gab Lidl schließlich seine Pläne wieder auf. "Zur Begründung hieß es, die Kunden seien nicht bereit, 10 bis 20 Cent mehr für das Kilo Bananen auszugeben", bedauerte Blendin.

Quelle: epd