Neue Koordinierungskommission für MV Der Osten ist anders

Von Sybille Marx

Vier Vertreter der Nordkirche und je fünf aus den Kirchenkreisen Mecklenburg und Pommern wollen künftig regelmäßig an einem Tisch sitzen. Die besondere Situation von MV in der Nordkirche soll mehr Gehör finden.

Foto: Christine Senkbeil

07.06.2020 · Greifswald/Schwerin. Im westlichen Teil der Nordkirche sei vielen gar nicht klar, unter welchen Bedingungen die Kirche im Osten lebe, sagt Bischof Tilman Jeremias. Auch deshalb wurde eine 14-köpfige Koordinierungskommission gegründet. 

Die Verwirrung am Ende des Corona-Lockdowns war so ein Fall: Die Nordkirche empfahl den Gemeinden: „Gemeindegesang, auch im Freien, muss derzeit unterbleiben.“ Die Kirchenkreise Mecklenburg und Pommern schickten eine andere Gottesdienst-Empfehlung hinterher, angepasst an die Lage im Bundesland. Ein Beispiel dafür, dass manche Entscheidungen auf Nordkirchenebene an der Realität in MV vorbeigehen.

Auch wegen der unterschiedlichen deutsch-deutschen Geschichte soll die 2015 beschlossene Koordinierungskommission am 1. August starten: ein Gremium, in dem vier Vertreter der Nordkirchenleitung mit zehn Vertretern aus MV am Tisch sitzen – wobei der Turnus noch offen ist. „Es geht um ein Gelenk zwischen Landeskirche und Kirchenkreisen“, erklärt Bischof Tilman Jeremias (Greifswald), der zu den Mitgliedern gehört. Die Kommission könne MV-spezifische Themen nach vorn bringen, die im Rest der Nordkirche vielleicht nicht im Bewusstsein seien.

„Unsere beiden Kirchenkreise haben im Gegensatz zu den anderen elf Kirchenkreisen der Nordkirche eine DDR-Vergangenheit“, erklärt Jeremias, der in Westdeutschland aufwuchs, aber seit Langem im Osten lebt. 40 Jahre lang hätten die Menschen in MV gelernt, „als Christen und Christinnen in einem politischen Umfeld zu leben, das den Atheismus hochhielt und kirchliches Leben erschwerte“. Das habe zu einem großen Zusammenhalt innerhalb der Kirche geführt. Aber auch zu vielen Austritten.

Im Westen nur vage Vorstellungen

Er selbst erlebt immer wieder, „dass in Hamburg und Schleswig-Holstein nur sehr vage Vorstellungen darüber existieren, vor welchen Heraus forderungen kirchliche Arbeit in Mecklenburg und Pommern steht“, sagt der Bischof. Ein Blick auf die Nordkirchenkarte zeigt: Der Ost-Sprengel nimmt rund die Hälfte der ganzen Fläche ein. Und von den 1880 Kirchengebäuden stehen fast 1000 hier – aber nur 245 000 der knapp 1,98 Millionen Protestanten leben hier. Weitere Wege also, mehr Kirchen, weniger Menschen. „Es ist gut, wenn wir diese spezielle Situation möglichst mit einer Stimme im Rahmen der Nordkirche, aber auch dem Land Mecklenburg-Vorpommern gegenüber zu Gehör bringen“, meint Jeremias. Auch wegen des rasanten demografischen Wandels brauche man eigene Konzepte. „Wenn dazu die Koordinierungskommission einen Beitrag leisten kann, lohnt sich ihre Arbeit.“

Ursprünglich war die Kommission 2015 gegründet worden. Durch den früheren Bischofsitz in Schwerin sei die Vernetzung mit der Landeskirchenebene aber ohnehin gut gewesen, heißt es in einer Pressemitteilung zum Thema. Von den Pröpsten in MV kommt Zustimmung zum Start. Im Dialog zwischen Kirche und Gesellschaftkönne man nun „mit erkennbar einer Stimme sprechen“, hofft etwa Propst Dirk Sauermann aus Parchim. Beschlüsse kann das Gremium zwar nicht fällen, aber Empfehlungen zur Beschlussfassung in der Landessynode abgeben. Nach zwei Jahren soll die Arbeit evaluiert werden.

Quelle: Mecklenburgische und Pommersche Kirchenzeitung Nr. 23/2020