Internetseite zeigt ab September Kunstwerke aus ländlichen Kirchen Das Gold am Umhang des Apostels

Von Christine Senkbeil

Jutta Petri und Alexander Lemke vor dem Doppelfl ügelaltar mit der Marienkrönung in der Stadtkirche Teterow

Foto: Christine Senkbeil

30.07.2017 · Teterow. MV ist Reiseland. Unsere Kirchen lassen viel entdecken. Auch die ländlichen. Kunsthistorikerin Jutta Petri macht nun besondere Kunstwerke begehbar und erlebbar. Im Internet.

„So eine Marienkronung ist selten zu finden“, erklärt Jutta Petri und zeigt auf das zentrale Bild des Flügelaltaraufsatzes in der Stadtkirche St. Peter und Paul in Teterow: Ein Königspaar im Zentrum der Gemeinschaft der Heiligen. Jesus segnend mit Weltkugel und Mutter Maria mit goldener Krone. Die Kunsthistorikerin aus Lübeck kommt ins Schwärmen, wenn sie Betrachtern das 500 Jahre alte Einrichtungsstuck zeigt. Auf die Feinheit der Gesichtszüge weist sie hin, auf das schwere Metall der Scharniere. „Schauen Sie doch, wie die Handwerker hier gearbeitet haben.“

Der Ortspastor Alexander Lemke ist längst infiziert. „Ich wusste zwar, dass wir mit diesem Retabel etwas Besonderes in unserer Kirche haben, aber über das Projekt von Frau Petri habe ich den Altar noch einmal neu sehen gelernt. Ich empfinde nun eine andere Wertschatzung.“

Im Projekt von Jutta Petri fließen viele Initiativen zusammen, die von der Arbeitsgemeinschaft Erwachsenenbildung in Rostock ausgehen. „Kunstwanderungen durch die Nordkirche(n)“, heißt es. Auf der Internetseite der Erwachsenenbildung stellt sie besondere Kunstwerke des ganzen Gebiets vor, vom Mittelalter bis in die Gegenwart hinein. Ab September soll die Seite laufen. „Ich habe mich dabei vor allem in ländlichen Kirchen umgeschaut“, erzählt die zierliche, aber voller Energie steckende Frau. Sie mochte Arbeiten zuganglich und erlebbar machen, die sonst nicht weiter im Fokus stehen.

Nach vier Themengebieten sind diese Kunstwanderungen geordnet. Die Reihe „Gut gemacht?“ beschäftigt sich zum Beispiel damit, wie ein Kunstwerk entstanden ist und zeigt an Ausstattungsstucken, welche Werktechniken angewandt wurden. Bei „Vertraut und fremd“, wie hier in Teterow, geht es um Marienbilder. Der Seitenbesucher wird in historische Kunstepochen eingeführt, kann sich Reiseberichte oder Vor-Ort-Führungen auf sein digitales Endgerät herunterladen.

Für Kunstinteressierte aller Couleur gemacht

Gedacht ist diese Seite für kunsthistorisch Interessierte aller Couleur, vom Urlauber bis zur Einheimischen. „Wenn jemand aus dem Süden beispielsweise plant, in den Norden zu kommen, kann er hier schauen, was ihn in den Kirchen erwartet und er kann neugierig werden“, sagt sie.

Neugierde wecken. Die Sinne ansprechen. Lust machen, die Kunstwerke aus neuem Blickwinkel zu betrachten – das sind ihre Ziele. Der Teterower Altaraufsatz im Seitenschiff eignet sich gut. „Der Betrachter kommt dicht an ihn heran und kann die Figuren auf Augenhohe betrachten“, sagt sie. Praktisch jede Absplitterung aus den Jahrhunderten verfolgen.

Das Smartphone mit der Vor-Ort-Führung in der Hand, kann der Betrachter die Erläuterungen lesen und Bilder vergleichen. „Dass zum Beispiel das Gold am Umhang des Apostels oben wunderschön exakt ist, weil es Original ist – das fällt einem ja erst auf, wenn man es erklärt bekommt“, erläutert der Pastor. „Dagegen sieht das hier unten aus wie rangeklatscht“, zeigt er. „Stimmt!“, zeigt die steile Falte auf der Stirn der Spezialistin. „Das wurde sicher in guter Absicht irgendwann einmal einfach draufgepinselt. Solche Spuren mochte ich sichtbar machen, indem ich darauf verweise.“

Das „Wandern“ von einer Kirche zur anderen erfolgt vorerst noch rein virtuell, mit der Maus vor dem Computer. Nach Wusterhusen in Vorpommern kann man so reisen, wo ein Marienkrönungsaltar barock überformt zu sehen ist. Oder nach Rethwisch, Rehna, Mölln, Gudow, St. Annen, Bad Bramstedt, Eixen. Die Standorte der hier vorgestellten Kirchen zu einer Art Pilgerroute zusammenzufassen: „Das wäre schön, aber als Ein-Frau-Show bin ich da grad noch am Anfang“, sagt sie.

Auch an der Zugänglichkeit der Seite will sie noch arbeiten: Unter www.erwachsenenbildung.nordkirche.de wird der Gast aus Tirol solche touristischen Informationen nicht vermuten. „Vielleicht konnte man einen QR-Code draußen an der Kirche anbringen“, ist Pastor Alexander Lemkes Idee. Das Projekt ist ja noch beim Fußfassen, lebt vom Mitmachen. Jutta Petri ist Botschafterin. „Ich will in Pommern erzählen, was es in Schleswig gibt und umgekehrt. Weil Kunst keine Grenzen kennt.“

Quelle: Mecklenburgische und Pommersche Kirchenzeitung Nr. 30/2017