Bischof Jeremias erhält bei Amtseinführung restauriertes Bischofskreuz "Ein schönes Zeichen für die Einheit im Sprengel Mecklenburg und Pommern“

Von Annette Klinkhardt

Thomas Wurm poliert das Bischofskreuz.

Foto: A. Klinkhardt

28.10.2019 · Erfurt/Greifswald. Es wurde vor 121 Jahren gefertigt und erstrahlt heute in neuem Glanz: Das Bischofskreuz für den Sprengel Mecklenburg und Pommern der Nordkirche wurde in Erfurt restauriert und um eine verbindende Gravur ergänzt. Am Reformationstag wird es dem neuen Bischof Tilman Jeremias überreicht. 

Prüfend betrachtet Thomas Wurm das goldene Kreuz vor ihm auf der Werkbank, dann nimmt er es an zwei viereckigen Kettengliedern hoch und hält es vor das Fenster. Als sich kurz die Sonne zeigt, glimmt das Kreuz in der dämmerigen Werkstatt auf und erhellt das Gesicht des Restaurators einen Moment lang mit goldenem Licht.

Es ist das ursprünglich mecklenburgische Bischofskreuz, das er in seiner Erfurter Werkstatt restauriert hat – 580 Kilometer von Greifswald entfernt, wo Tilman Jeremias es am Reformationstag (31. Oktober, 16 Uhr) im Gottesdienst zu seiner Amtseinführung als Zeichen der Bischofswürde überreicht bekommt. Es wird künftig als Bischofskreuz für den gesamten Sprengel Mecklenburg und Pommern der Nordkirche deutlich erkennbar sein: Auf der Rückseite prangt jetzt gleich neben dem mecklenburgischen Wappen mit dem Stier der pommersche Greif. Wurms Kollege, der Graveur Raimund Lück, hat ihn hinzugefügt.

Die Idee dazu hatten die beiden Altbischöfe im Sprengel, Andreas v. Maltzahn und Hans-Jürgen Abromeit. Eine wunderbare Symbolik, findet deren Nachfolger Bischof Tilman Jeremias: „Wir sind seit sieben Jahren Nordkirche, den Sprengel Mecklenburg und Pommern gibt es also schon eine ganze Weile. Vielleicht ist das bisher nach außen hin nicht so sichtbar gewesen, weil die ehemaligen Landesbischöfe beide noch zuständig waren. Jetzt wird noch mal eindeutiger klar: Mecklenburg und Pommern gehören zusammen im Sprengel. Da finde ich es sehr schön, dass das auch auf dem Kreuz sichtbar wird.“ Dass auf dem Amtskreuz die Einheit im Sprengel symbolisiert ist, passt für Jeremias zu dieser Insignie: „Dieses Bischofskreuz, das schon einige Theologen vor mir getragen haben, ist für mich ein Zeichen, das mir sagt: Ich stehe hier nicht nur als Person, sondern ich fülle ein Amt aus, das die gesamte Kirche mir für einen gewissen Zeitraum übertragen hat. Ich darf sie repräsentieren und für sie sprechen, aber mit ihrem Einverständnis und, weil die Synode mich gewählt hat.“

"Das ist jedes Mal wieder etwas Besonderes"

Es ist kein Zufall, dass das Kreuz in Erfurt restauriert und durch den Greif ergänzt wurde: Bereits in den 1990er-Jahren hatte Thomas Wurm Kontakt zur damals noch mecklenburgischen Landeskirche und hat seitdem einige Kelche und Kirchenuhren mecklenburgischer Kirchengemeinden restauriert. Der Silberschmiedemeister und Metallgestalter hat sich auf die Restauration sakraler Gegenstände spezialisiert. In einem versteckten grünen Hinterhof in der Erfurter Altstadt hat er seine Werkstatt. Der Wasserkessel bollert auf einem Gasbrenner, den Wurm in den hohen Lötofen gestellt hat. Eine alte Standuhr tickt beruhigend, an der Wand hängt der gerahmte Stich einer Werkstatt aus dem 16. Jahrhundert. „Alle Werkzeuge, die dort abgebildet sind, finden sich auch in meiner Werkstatt“, sagt der Handwerker nicht ohne Stolz. Seine modernste Maschine ist eine über 100 Jahre alte schwarz lackierte Drückbank, die noch tadellos funktioniert. Thomas Wurm ist mit Herz und Seele Restaurator: „Das ist jedes Mal wieder etwas Besonderes, solch einen sakralen Gegenstand in der Hand zu halten“, erzählt er mit leuchtenden Augen. „Mir ist wichtig, dass das keine Museumsstücke sind, sondern dass diese Dinge im kirchlichen Leben eine Funktion haben. Und dieser Gebrauch hat sich über Generationen darin gespeichert, das kann man spüren.“ Dem versucht er, mit historischen Arbeitstechniken gerecht zu werden: „Das ist doch ein Unterschied, ob man das nur schnell mit der Maschine runterschlurt oder ob ich - wie beim Bischofskreuz hier - Strich für Strich mit dem Polierstein drübergehe. Das merkt man dem Stück dann auch an.“

Das Kreuz, das nunmehr in neuem Glanz erstrahlt, ist eher schlicht: 1898 aus Silber gefertigt und anschließend vergoldet hat es als einzigen Schmuck geometrische Ornamente aufgraviert: Die vier Evangelisten kreisförmig um das Lamm Gottes angeordnet schmücken die Vorderseite. Der 54-Jährige erzählt: „Die gesamte Oberfläche des Kreuzes war regelrecht zerhackt und hatte allen Glanz verloren“. Seine Vermutung: „Die Kette, die erst 25 Jahre später hergestellt wurde, hat auch diese zahlreichen Einschnitte in der Oberfläche und ist dadurch mattiert. Offensichtlich hat man also in den 1920er-Jahren diese als Gestaltungselement hinzugefügt. Wahrscheinlich um den Verdacht des Prunks etwas abzumildern.“ Ein Gedanke, dem der Schmiedemeister nicht viel abgewinnen kann: „Die kirchlichen Gegenstände wurden ja über Jahrhunderte mit den besten Materialien von den besten Handwerkern angefertigt.“

Für den neuen Bischof im Sprengel Mecklenburg und Pommern ist sein Amtskreuz weit mehr als eine Insignie: „Unser zentrales christliches Symbol erinnert uns an den Weg Jesu, der am Kreuz geendet oder besser zunächst geendet ist. Es ist ein Zeichen des Leidens, der Ohnmacht und des Sterbens. Es ist gut, immer daran erinnert zu werden – auch bei allem, was gut läuft in der Kirche – dass unser Leben endlich ist und wir uns dennoch in Gottes Hand wissen.“

Quelle: Bischofskanzlei Greifswald