Urteile über das Festjahr fallen sehr unterschiedlich aus Reformationsjubiläum vor dem Höhepunkt - Landesbischof Ulrich zieht positive Bilanz

30.10.2017 · Schwerin/Frankfurt/Schleswig. Unter dem Slogan "Du hast frei" nimmt die evangelische Kirche Kurs auf den Höhepunkt des Reformationsjubiläums. Die Urteile über das Festjahr fallen sehr unterschiedlich aus.

Die Feiern zum 500. Reformationsjubiläum steuern auf ihren Höhepunkt zu. Das mit dem Reformationstag endende Festjahr habe zu "einer breiten Wahrnehmung des christlichen Glaubens in der Öffentlichkeit geführt", bilanzierte Nordkirchen-Landesbischof Gerhard Ulrich. Kritisch äußerte sich der Wittenberger Theologe Friedrich Schorlemmer, aus dessen Sicht die evangelische Kirche derzeit mit der christlichen Botschaft zu wenige Menschen erreicht. Am Dienstag jährt sich der Thesenanschlag durch Martin Luther an die Wittenberger Schlosskirche zum 500. Mal.

Schorlemmer: "Resonanzkrise" nicht schönreden

Schorlemmer sagte im "Morgenmagazin" des ZDF, die evangelische Kirche dürfe sich ihre "Resonanzkrise" durch die "schönen großen Veranstaltungen" im zu Ende gehenden Festjahr nicht schönreden. "Wir müssen den Menschen mehr klar machen, was wir zu sagen haben", forderte der evangelische Theologe, der in der DDR-Bürgerbewegung aktiv war. Nordkirchen-Bischof Ulrich indes erklärte als oberster Repräsentant der lutherischen Landeskirchen, viele Menschen hätten in den zurückliegenden Monaten das geistliche Anliegen der Reformation neu verstanden.

Nach Ansicht des evangelischen Theologen Volker Dally können die Kirchen in Deutschland von Kirchen in anderen Erdteilen lernen, sich stärker öffentlich zum Christsein zu bekennen. Auch die Bedeutung der Bibel im Alltag sei als reformatorisches Erbe in vielen asiatischen und afrikanischen Kirchen viel stärker präsent als hierzulande, sagte der Generalsekretär der Vereinten Evangelischen Mission (VEM).

Bischof Magaard: Fröhliche und kritische Reformationsfeier

Auch in der Nordkirche hat die Auswertung der Jubiläumsfeiern zu 500 Jahre Reformation begonnen. Der Schleswiger Bischof Gothart Magaard würdigte die breite Resonanz in den Gemeinden. Das Jubiläum habe nicht nur Raum zum Feiern, sondern auch für kritische Diskussionen gegeben, sagte Magaard. Mit scharfer Aufmerksamkeit seien dabei auch die Schattenseiten der eigenen Geschichte in den Blick genommen worden. Magaard: "Wir haben das Reformationsjubiläum fröhlich und selbstbewusst, aber auch nachdenklich und selbstkritisch gestaltet."

Magaard zeigte sich besonders dankbar für die ökumenische Verbundenheit mit der katholischen Kirche, sowie mit den dänischen und polnischen Nachbarn der Nordkirche. "Solch eine globale Gemeinschaft in Christus ist - im besten Sinne des Wortes - katholisch, also umfassend." Er habe das Reformationsjubiläum als eine "bereichernde Erfahrung von Vielfalt" erlebt. Magaard: "Ich wünsche mir, dass vieles davon zum fröhlichen, nachdenklichen und selbstbewussten Weitermachen ermutigt."

"Alle Menschen im Norden erreicht“

Nach Einschätzung von Oberkirchenrat Daniel Mourkojannis, Leiter der Arbeitsstelle für das Reformationsjubiläum 2017, hat das Reformationsgedenken nahezu alle Menschen im Norden erreicht. "Die vielfältigen Aktivitäten zum Reformationsjubiläum haben es auf breiter Ebene ermöglicht, sich mit den Folgen der Reformation bis heute - auch kritisch - zu beschäftigen." Dazu habe es eine breite mediale Berichterstattung und viele Diskussionen auf öffentlichen Podien, im Internet und über Social Media gegeben.

Zu den vielfältigen Aktivitäten gehörten Theaterprojekte, Musicals, Kirchenmusik und die Kunstaktion "Artists in parish". Mourkojannis: "Im Norden war Luther zwar nie, doch Reformatoren wie Bugenhagen, Slüter, Block, von Zütphen, Tast und andere verbreiteten die neuen Ideen über Norddeutschland hinaus bis nach Skandinavien und ins Baltikum." Besonders erfolgreich sei der Törn des Nordkirchenschiffs gewesen, das im Juli alle 13 Kirchenkreise und die Nordschleswigsche Gemeinde besuchte. Mehr als 30.000 Menschen besuchten die Hafenfeste der Kirchenkreise.

Zentraler Festgottesdienst für MV in Rostock

Das Festjahr zu 500 Jahren Reformation war am 31. Oktober 2016 eröffnet worden. 1517 hatte Martin Luther (1483-1546) seine 95 Thesen gegen die Missstände der Kirche seiner Zeit veröffentlicht, die er der Überlieferung nach am 31. Oktober an die Tür der Wittenberger Schlosskirche nagelte. Der Thesenanschlag gilt als Ausgangspunkt der weltweiten Reformation, die die Spaltung in evangelische und katholische Kirche zur Folge hatte.

Am bundesweit einmalig arbeitsfreien Reformationstag finden in ganz Deutschland Gottesdienste und Jubiläumsfeiern statt. Der zentrale Festgottesdienst beginnt am Nachmittag in Wittenberg, für den Anschluss ist ein Festakt geplant, bei dem Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) sprechen wird. Die Nordkirche erinnert mit zentralen Gottesdiensten und Empfängen in Rostock, Hamburg und Schleswig an die Reformation vor 500 Jahren. Der zentrale Festgottesdienst für Mecklenburg-Vorpommern wird am 31. Oktober (10 Uhr) in der Rostocker Marienkirche gefeiert. Erwartet werden etwa 500 Gäste aus Politik, Wirtschaft, Kultur und Medien.

Quelle: epd/kmv