Zweiter Platz beim Eine-Welt-Preis der Nordkirche für Petrus-Gemeinde Schwerin „Waches politisches Bewusstsein“

Von Tilman Baier

Preiswürdig ist das soziale Engagement der Schweriner Petrus-Gemeinde. Regina Haubold (li.) und Michael Schönmehl (r.) mit Laudator Dirk Ahrens, Diakoniepastor in Hamburg, bei der Verleihung der Goldenen Giraffe.

Foto: Claudia Ebeling

07.02.2016 · Hamburg. Immer lauter werden derzeit die Stimmen, die davor warnen, dass das Engagement für Flüchtlinge nicht zu Lasten von sozial benachteiligten einheimischen Bevölkerungsgruppen gehen darf. Dass das eine das andere nicht ausschließt, beweist die Petrusgemeinde in Schwerin. Dafür hat sie den zweiten Platz des Eine-Welt-Preises der Nordkirche erhalten.

Das Petrus-Gemeindezentrum im Schweriner Plattenbaugebiet Großer Dreesch steht im größten sozialen Brennpunktgebiet der Landeshauptstadt, dem Mueßer Holz. Mit viel Engagement und Ideenreichtum stellt sich die Gemeinde den Herausforderungen, die damit verbunden sind. Angeboten werden neben einer umfangreichen Tafel- und Antialkoholikerarbeit auch Unterstützung für Menschen, die aus ihren Wohnungen geklagt worden sind, Resozialisierungshilfen, ein offener Kindertreff und Hausaufgabenhilfe, ein offener Seniorentreff. Neben dem Deutschunterricht für Russischsprachige gibt es nun auch zwei Deutschkurse für Flüchtlinge, Taufunterricht für Menschen aus dem Iran und Afghanistan in Farsi / Dari, und das dreisprachige Angebot „Bibel and Dance“.

Zusätzlich kümmert sich die Gemeinde auch um von Abschiebung bedrohte Flüchtlinge. Seit 2013 hat sie 19 Menschen aus Tschetschenien, Afghanistan, Ghana und dem Iran ins Kirchenasyl aufgenommen. Das war der Jury, die über die Vergabe des Eine- Welt-Preises der Nordkirche entscheidet, einen zweiten Preis in Höhe von 2000 Euro wert. Denn durch die Angebote für alle Bedürftigen werde der soziale Friede im Stadtteil bewahrt, heißt es in ihrer Begründung.

Die Auszeichnung nahmen am Freitagabend vor einer Woche Regina Haubold und Michael Schönmehl für die Petrusgemeinde entgegen. Sie waren wie etliche andere Vertreter von nominierten Kirchengemeinden und Initiativen zur Verkündigung der Preisträger in die Christianskirche in Hamburg-Altona eingeladen worden, ohne zu wissen, ob sie einen der drei Preise oder einen Ehrenpreis erhalten werden. Diesmal hatte es mehr als 50 Bewerbungen gegeben.

Offizielle Verleihung auf nächster Synodentagung

Alle zwei Jahre wird dieser 1996 gestiftete Preis vergeben. Mit ihm werden Gruppen und Einzelpersonen aus Hamburg, Mecklenburg-Vorpommern und Schleswig-Holstein geehrt, die sich „mit Phantasie, Hingabe und Kreativität für mehr Gerechtigkeit in der Welt einsetzen und dabei etwas Beispielhaft es und Neues geleistet haben“, wie es in der Ausschreibung heißt. Über die Vergabe der Preise entscheidet eine Jury aus Mitgliedern der Kirchenleitung, der Landessynode und Fachleuten der Entwicklungszusammenarbeit.

Der mit 3000 Euro dotierte erste Preis ging diesmal an das Team des „Refugio – Café der Gastfreundschaft “ in Hamburg-Harburg. Somit werden auf den beiden vorderen Plätzen gleich zwei kirchliche Flüchtlingsinitiativen geehrt. Den dritten Preis, dotiert mit 1500 Euro, erhielt die Kooperation „Netzwerken für eine bessere Zukunft“. In ihr sind die Partnerschaftsgruppen der Kirchengemeinden Luther-Melanchton in Lübeck und Angaza-Igoma im tansanischen Mwika sowie der Fachhochschule Lübeck zusammengeschlossen. Gemeinsam haben sie Projekte zur Wasserversorgung und Verbesserung der hygienischen Bedingungen entwickelt und durchgeführt.

Außerdem ging ein Ehrenpreis an die Schülerfirma der Klasse 9c der Stadtteilschule Stellingen in Hamburg für ihr Projekt „Plastik war gestern“, das Plastemüll vermeiden hilft . Einen weiteren Ehrenpreis erhielten Organisatoren und Teilnehmer des ökumenischen Pilgerwegs für Klimagerechtigkeit nach Paris zur Weltklimakonferenz. Die offizielle Verleihung der „Goldenen Giraffe“ wird auf der Tagung der Landessynode Ende Februar in Lübeck-Travemünde erfolgen.

„Das Engagement geht durch alle gesellschaftlichen Gruppen hindurch“, betonte Synodenpräses Andreas Tietze in der Hamburger Christianskirche. Jedes der eingereichten Projekte von ehrenamtlich aktiven Personen und Gruppen sei Beispiel einer höchst lebendigen Wahrnehmung und Mitgestaltung gesellschaftlicher und globaler Entwicklungen. „Sie zeugen von einem wachen politischen Bewusstsein.“

Quelle: Mecklenburgische und Pommersche Kirchenzeitung Nr. 06/2016