Zum Tod der Theologin, Publizistin und Kultusministerin Regine Marquardt Aus christlicher Verantwortung politisch tätig

Von Hermann Beste

Regine Marquardt

Foto: Archiv

06.03.2016 · Schwerin.

Herbst 1989. Auch im Pfarrhaus in Carlow trafen sich bei dem Ehepaar Regine und Holger Marquardt Menschen, die mit dem Neuen Forum fragten, was können wir tun, um den friedlichen Umbruch mit zu gestalten. Regine Marquardt, Theologin mit abgeschlossener Ausbildung, arbeitete damals als Katechetin in der Kirchgemeinde und war verantwortlich für die Zusammenarbeit der katechetischen Mitarbeiterinnen in der Propstei Gadebusch.

Jetzt entdeckte sie eine neue Aufgabe für sich: die journalistische Arbeit. Das Wochenblatt „Mecklenburger Aufbruch“ entstand. Zum Jahreswechsel 1989/90 erschien die erste Ausgabe in einer Auflage von 80 000 Exemplaren. Von Regine Marquardt herausgegeben und redigiert, bot es Raum für Informationen und für die Meinungsbildung zu Fragen, wie wir mitarbeiten können, die freien Räume aktiv zu füllen und verantwortlich zu handeln in der gewonnenen Freiheit. Regine Marquardt fand Förderer und Sponsoren für dieses Blatt in Schleswig-Holstein und konnte es bis 1993 erscheinen lassen.

Nach schwerer Krankheit ist Regine Marquardt am 24. Februar in Schwerin verstorben. Schon mehrere Jahre war sie durch die Folgen der Krankheit gezeichnet, hat sich aber immer wieder den ihr übertragenen Aufgaben gestellt.

Die Verstorbene wurde 1949 in Grevesmühlen geboren. Sie wuchs in einem mecklenburgischen Pfarrhaus auf. Ihr Vater, Heinrich Baltzer, war in den 1950er- und 60er Jahren einer der Verantwortlichen für die „Dorfmission“ in der mecklenburgischen Landeskirche. Die Pastorentochter kam so schon sehr früh mit dem Leben der Landeskirche in Kontakt und erlebte auch hautnah die Auseinandersetzungen mit dem kirchen- und menschenfeindlichen Regime.

Verantwortlich handeln in gewonnener Freiheit

Nicht christliche Politik, aber polisches Handeln aus christlicher Verantwortung war die Devise von Regine Marquardt in den verschiedenen Aufgaben. Als Kultusministerin von 1994 bis 1998 war sie für die Verbindung zu den Kirchen zuständig, war aber auch keine leichte Verhandlungspartnerin, wenn es um die Zuweisung von Mitteln der Denkmalpflege für Kirchen ging.

In späteren Funktionen, als Direktorin der Landeszentrale für politische Bildung und als Geschäftsführerin der Stiftung Mecklenburg war „die Identität unseres Landes ihr großes Thema“, wie Ministerpräsident Erwin Sellering zum Tode von Regine Marquardt schreibt. Die Einrichtung einer Gedenkstätte für die Opfer deutscher Diktaturen in dem ehemaligen Stasi- Gefängnis in Schwerin hat sie mit Energie betrieben. Die Stiftung Mecklenburg, die lange ihren Sitz in Ratzeburg hatte, holte sie nach Schwerin und gab ihr mit einer zeitgemäßen Satzung eine neue Stellung, das kulturelle Erbe unseres Landes möglichst vielen vertraut zu machen.

Regine Marquardt setzte sich für die Erhaltung der niederdeutschen Sprache ein. „Wenn diese Sprache verloren geht, verlieren wir viel von unserer Identität“, hat sie einmal gesagt. Eines ihrer letzten großen Projekte war vor gut einem Jahr die Einrichtung eines virtuellen Landesmuseums.

Mit Regine Marquardt hat unser Land eine prägende Persönlichkeit verloren, schreibt Ministerpräsident Sellering, doch nicht nur das. Die Zahl derer, die in der SPD, Regine Marquardt war SPD-Mitglied, aus christlicher Verantwortung politisch mitarbeiten, wird zusehends kleiner. Wer Regine Marquardt verbunden war, ist dankbar für manche Gespräche und Anregungen und trauert mit der Familie.

Quelle: Mecklenburgische und Pommersche Kirchenzeitung Nr. 10/2016