Pommersche Kreissynode entscheidet am Wochenende Zinnowitzer Haus Kranich soll verkauft werden

Von Christine Senkbeil

Das Foyer des Zinnowitzer Erholungshauses auf Usedom

© C. Senkbeil

20.03.2014 · Zinnowitz.

Es herrscht Geschäftigkeit im Haus Kranich in Zinnowitz. Putzwagen mit Bettzeug und Besen werden hin und her geschoben. Der Duft nach Rotkohl breitet sich in der Lobby aus. Mittagszeit. Vom großen Saal unterm Dach des Rüstzeitheimes her dringt Gesang. Der Chorverband der Evangelischen Kirche Deutschlands veranstaltet im Haus seine Seniorensingwoche. „Wir haben Chorsänger aus der ganzen Republik zu Gast“, erklärt Hausleiterin Petra Klatt lächelnd.

Haus Kranich ist beliebt bei Reisenden von überall her. Bei Familien aus der Militärseelsorge, bei kirchlichen Gruppen, bei Individualtouristen. Chorfahrten und Konvente finden hier statt, Rüstzeiten oder mehrtägige Seminare. „Wir sind wirklich gut ausgelastet“, berichtet die Leiterin des Hauses. Christa Heinke, Mitglied im Kuratorium des Hauses, nickt dazu und verweist auf die Gründe, die das Haus so attraktiv machen. Die Nähe zur Ostsee spiele eine Hauptrolle, die gute Bahnanbindung des Ortes. „Wir haben Wald und Strand“, sagt sie, „aber auch Kultur und Geschichte zu bieten“.

8 000 Übernachtungen hatte Haus Kranich 2013. „Schwarze Zahlen“, sagt Petra Klatt nicht ohne Stolz. Buchungen bis 2015 liegen vor. Dennoch ist der Optimismus der Frauen an diesem sonnigen Vorfrühlingstag getrübt. „Der Kirchenkreis will das Haus abstoßen“, berichten sie. Eine Entscheidung, die wie ein Blitz einschlug und die niemand hier nachvollziehen kann. „Erst 2012 hat sich der Pommersche Kirchenkreis ja für eine Übernahme des Hauses entschieden“, erklärt Christa Heinke, die auch Gemeindepastorin in Zinnowitz ist. Dafür sei sogar eine Ausgleichszahlung von knapp über einer Million Euro an die neue Landeskirche gegangen.

Stühle im DDR-Chic – Investitionen notwendig

Immer offenbarer tritt nun allerdings zutage, was an dem 1985 erbauten Bau alles gemacht werden muss. Petra Klatt weist auf eine Couchgarnitur im Foyer, die noch aus der Bauzeit stammen muss. Lampen, Stühle im DDR-Chic – das Mobiliar trifft sicher nicht Jedermanns Geschmack. „Da bräuchten wir einiges neu“, erläutert sie. Ein weiterer Seminarraum wäre nötig. Ein paar Einzelzimmer mehr. Ein Fahrstuhl, um das Haus behindertengerecht zu gestalten. Und die Heizung – inzwischen 30 Jahre alt – die sei natürlich ein Sorgenkind.

„Wir müssen eben aufholen, was in den letzten zehn Jahren versäumt wurde“, fasst Christa Heinke zusammen. Im Grund jedoch sei der Bedarf überschaubar. „Wir sind an den Kirchenkreis herangetreten, weil wir einen Investitionsplan in Auftrag geben wollten“, sagt Petra Klatt. „Darin enthalten soll auch eine Brandschutzbewertung sein“, ergänzt Cord Bollenbach, der als Synodaler und Ehemann der Gemeindepastorin die Geschicke des Hauses ebenfalls verfolgt. 30 000 Euro koste so eine professionelle Planung, die ohnehin jeder Investor benötige. „Das ist eine Summe, die wir aus Rücklagen sogar selbst bestreiten könnten“, versichert Petra Klatt. „Wir brauchten eigentlich nur die Genehmigung, dass wir sie veranlassen dürfen.“

Haus soll verkauft werden

Doch der Kirchenkreis spielte nicht mit. Nach „umfänglichen Beratungen“ im November 2013 und Januar 2014 beschloss der Kirchenkreisrat, wie es im Sitzungsprotokoll heißt, dass der Kirchenkreissynode die Beendigung der Trägerschaft durch den Pommerschen Kirchenkreis ans Herz gelegt wird. Sprich: Das Haus soll verkauft werden. Vorzugsweise an einen kirchlichdiakonischen Träger, Bedingung ist dies aber nicht.

„Wir wissen, dass es einen riesigen Investitionsstau gibt und sehen die Möglichkeiten nicht, diesen abzubauen“, sagt Propst Gerd Panknin aus Demmin. Eine Einschätzung, die das Kuratorium nicht teilt. „Man verkauft doch kein Haus an der Ostsee“, sagt Christa Heinke. „Die Besucherzahlen sind gut und decken sich mit denen auf der gesamten Insel. Wir sind attraktiv, wir könnten die Investitionen in absehbarer Zeit wieder erwirtschaften.“

Doch ein anderes Argument schwebt im Raum und wird auf der Synode am Wochenende in Greifswald vermutlich die Diskussion anheizen: „Die Gemeinden wollen das Haus gar nicht“, sagt Pröpstin Helga Ruch aus Stralsund. Eine Umfrage an alle 90 Gemeinden hätte gerade 13 Rückläufe gefunden. „Wenn jetzt alle gesagt hätten: Wir brauchen Haus Kranich, wegen seiner unverwechselbaren Atmosphäre der geistigen Ermutigung. Aber uns konnte letzten Endes keiner erklären, warum wir dieses Haus eigentlich brauchen. Auch das Kuratorium nicht“, sagt das Kreiskirchenratsmitglied.

Kreissynode soll entscheiden

Die Kreissynode soll nun entscheiden, ob der Kirchenkreis Pommern das Haus in Form einer gGmbH in seiner Zuständigkeit behalten wird oder sich vollständig vom Haus trennt. Der Synodale Cord Bollenbach warnt vor vorschnellen Entscheidungen. Er möchte vor allem Klarheit: wem genau das Haus verkauft werden soll – und für welche Summe. „Wir sehen eine wesentliche Beauftragung darin, den missionarischen und diakonischen Charakter zu erhalten. So wie die Beschlussvorlage jetzt da liegt, könnte es irgendwie an irgendwen verkauft werden“, sagt er und mahnt, dass so ein Objekt auch schnell mal in falsche Hände geraten könne. „Nicht umsonst machen wir schließlich eine Themensynode zum Rechtsextremismus.“

Nachvollziehen könnten er und das Kuratorium die Sorge des Kirchenkreises, das Haus personell in Eigenregie zu führen. „Das ist einfach zu umfassend“, sagt Bollenbach. Darum sähen sie eine plausible Möglichkeit darin, dass der Eigentümer zwar der Kirchenkreis bliebe, Betreiber aber eine gGmbH in Begleitung des Kuratoriums werde. „Das Haus ist eine bessere Geldanlage, als das Geld für das Haus auf der Bank.“

Es bleibt abzuwarten, für welche der beiden vom Kirchenkreis vorgeschlagenen Varianten sich die Synode entscheidet.

Quelle: Mecklenburgische und Pommersche Kirchenzeitung Nr. 12/2014



Weitere Nachrichten