Pommersche Kirchenkreisrat soll ungewöhnlichen Fall prüfen Wirbel um Pfarr-Wahl auf Usedom

Von Sybille Marx

31.01.2016 · Usedom. Sechs Kirchengemeinderäte mussten zusammenkommen, um über einen Pastor für die Pfarrstelle Usedom I abzustimmen. Der Kandidat wurde abgelehnt. Lief alles korrekt ab?

Nirgendwo sonst gibt es das im Pommerschen Kirchenkreis: ein Pfarramt mit drei Pfarrern und sechs Kirchengemeinderäten. 2010 war es im Süden der Insel Usedom geschaffen worden, als dort mehrere Pfarrstellen wegfielen. „Man wollte, dass sich die drei Pastoren als Team verstehen“, meint Annegret Möller-Titel, seit 2010 Pastorin in Benz. Ihre sechs Gemeinden seien als Verband organisiert, so könnten sie zusammen auch Hauptamtliche anstellen und Friedhöfe verwalten.

Ein Vorteil. Doch jetzt fragen sich manche Usedomer, ob die Struktur nicht auch Nachteile hat. Anfang Januar sollte über den einzigen Bewerber für die vakante Pfarrstelle I im Westen des Inselverbands abgestimmt werden: Pastor Christoph Tiede aus Altenhagen. Ein aufwändiges Prozedere rollte an. Nachdem Tiede sich den sechs KGRs in einer großen Sitzung und einem Gottesdienst vorgestellt hatte, waren alle 52 Kirchenältesten zur geheimen Wahl geladen. Mindestens Dreiviertel der jeweiligen KGR-Mitglieder mussten anwesend sein. Und jeweils die Mehrheit der KGR-Mitglieder, nicht nur der Anwesenden, hätte Ja ankreuzen müssen, damit der Kandidat gewählt worden wäre.

Wenn man dem Bericht der Ostsee-Zeitung glaubt, schrammte der Gemeindeverband nur haarscharf daran vorbei: Der KGR aus Usedom Stadt stimmte als einziger gegen den Kandidaten. Von neun Mitgliedern sollen vier Ja angekreuzt haben, zwei Nein, zwei Enthaltung, einer fehlte. Eine einzige Ja-Stimme mehr hätte Tiede ins Amt gehoben. „Ich fände es gut, wenn bei den Bewerbungsverfahren künftig mehr Zeit für Gespräche wäre, damit alle fundierter abstimmen können“, sagt Annegret Möller-Titel.

„Das ist rufschädigend“

Dass ein Pastor abgelehnt wird, nachdem man ihn zum Vorstellungsgottesdienst gebeten hat, passiert selten im PEK. Wohl auch deshalb schossen nach der Wahl die Gerüchte ins Kraut: Pastor Gunnar Schulze, Vertretungspastor auf der Pfarrstelle I, habe Stimmung gemacht gegen Tiede, heißt es. Um länger auf Usedom bleiben zu können, habe er sich für die Wahl Verbündete gesucht. Schulze selbst sagt: „Ich habe auf niemanden Einfluss genommen.“

Der für den Wahlvorgang zuständige Propst Andreas Haerter aus Pasewalk vermutet eher, dass manchen Ältesten trotz aller Erklärungen nicht bewusst war, dass eine Enthaltung in diesem Verfahren wie ein Nein wirke. Die Tatsache, dass nicht alle für Tiede stimmten, sei aber auch gar nicht das Problem. „Wir können die Wähler ja nicht dafür schelten, dass sie von ihrem Wahlrecht Gebrauch machten!“ Der Skandal liege vielmehr darin, dass ein Kirchenältester gegenüber der Ostsee- Zeitung ausgeplaudert habe, welcher KGR wie abgestimmt habe. „Das ist Wissen aus nichtöffentlichen Sitzungen, damit verstößt man gegen die Schweigepflicht“. Auch Tiede sagt: „Das hat mich erschüttert.“ Zumal Einzelne dem Journalisten auch noch erklärten, was ihnen an ihm nicht passe. „Das ist rufschädigend.“

Nun soll der Kirchenkreisrat klären, ob bei der Wahl selbst wenigstens alles korrekt ablief. Wie Propst Gerd Panknin als Chef bestätigt, haben mehrere Gemeindeglieder Einspruch erhoben. Offenbar monieren sie etwa, dass auf den Wahlzetteln auch das Kästchen „Enthaltung“ stand. Bei seiner nächsten Sitzung am 16. Februar soll der Kirchenkreisrat alle Vorwürfe prüfen.

Quelle: Mecklenburgische und Pommersche Kirchenzeitung Nr. 05/2016