Weihnachtsbotschaft 2011 von Bischof Dr. Hans-Jürgen Abromeit, GreifswaldDer Anbruch des Friedens

22.12.2011 | Greifswald (rn). Heute, am Tag der Geburt Jesu Christi, feiern wir, dass der Frieden schon mitten unter uns angebrochen ist. Eine Welt, die immer noch zum Krieg rüstet, oder sich nur nach materiellen Gütern sehnt, ist eine überlebte Welt. Gott als Vater der Zukunft wird zu seiner Zeit sein Friedensreich vollenden.

 

Weihnachten ist der Anbruch des Friedens. Mit der Geburt Jesu Christi im Stall zu Bethlehem hat ein Friedensreich begonnen, das kein Ende haben wird. Wie die Engel es auf dem Feld gesungen haben: „Ehre sei Gott in der Höhe und Friede auf Erden bei den Menschen seines Wohlgefallens.“ (Lukas 2, 14).

 

Man versteht die Engelsbotschaft nur recht, wenn man sie im Zusammenhang der alttestamentlichen Verheißungen von „Friedensfürsten“ (Jesaja 9, 6) stellt. Verheißen ist mit dem Kommen des Retters der Anbruch eines Weltfriedensreiches ohne Ende. Dieses Friedensreich stützt sich auf die Durchsetzung von Recht und Gerechtigkeit. Es ist die Aufrichtung eines universalen Friedens (Schalom), der Heil, Wohlergehen, Ganzsein umfasst und von keinem Übel oder Krieg gestört ist. Genau das ist die faszinierende Weihnachtsbotschaft. Aus der rührenden Geburt in einem Stall und dem verletzlichen Kind wächst ein Menschheitsfriedensreich. Weihnachten verbindet das Persönliche und Private mit dem Öffentlichen und Politischen. Die heile, aber angefochtene Familie steht im Zusammenhang mit den großen Menschheitssehnsüchten nach Recht, Gerechtigkeit und Frieden. Das Kleine hängt mit dem Großen zusammen: „Alles muss klein beginnen. Lass etwas Zeit verrinnen. Es muss nur Kraft gewinnen, und endlich ist es groß“ (Gerhard Schöne). Nach diesem Beginn müsste die Kirche eigentlich die größte Friedens- und Gerechtigkeitsbewegung aller Zeiten sein. Leider ist sie es nicht immer gewesen. Heute aber erkennen wir immer deutlicher: Krieg soll nach Gottes Willen nicht sein. Und ohne Gerechtigkeit ist das ganze Leben beschädigt. Es wird keinen Frieden ohne Durchsetzung des Rechts und der Verwirklichung der Gerechtigkeit geben. Die Friedensbotschaft der Engel trifft zusammen mit der Friedenssehnsucht und dem Freiheitsstreben der Menschen. Die „Arabellion“ der Völker Nordafrikas und Vorderasiens hat es gezeigt. Nicht die Unterdrückung und die Gewaltherrschaft werden ewig bleiben. Sie entsprechen nicht dem Willen Gottes. Gott will ein Leben in Frieden und Selbstbestimmung für alle Menschen.

 

Die Zeit der orientalischen Gewaltherrscher wird vorübergehen. Wie die Zeit Herodes des Großen, der schon dem Kind in der Krippe ans Leben wollte, zu Ende gegangen ist. So wird auch die Herrschaft eines Bashir al-Assad in Syrien oder anderer Diktatoren eines Tages aufhören. Der Ruf nach Freiheit, Recht und Gerechtigkeit wird immer lauter. Selbst in Russland ist er zu vernehmen. Die Occupy-Bewegung fordert ganz zu Recht die Rückführung des Bankenhandelns auf das Kerngeschäft von Vermögensverwaltung und Kreditgewährung. An Wetten und Glücksspiel (getarnt als sogenannte Derivate) sollten sich Banken nicht beteiligen dürfen. Auch die Regulierung der Finanzmärkte gehört zur Herstellung von Frieden und Gerechtigkeit.

 

Es gilt schon jetzt aus Kräften der Ewigkeit Gottes zu leben, denn eine Welt, die Krieg führt, gegen ein fremdes oder das eigene Volk, in der die Banken nicht eine Hilfe zum Florieren der Wirtschaft, sondern Ursache ihrer Krise sind, ist keine Welt, die Gottes Friedensreich entspricht, das auf der Basis von Recht und Gerechtigkeit aufgebaut wird. Initiiert wird es durch Jesus Christus, dem, der in der Krippe geboren wurde und am Kreuz für uns starb. Mit seiner Geburt hat das Friedensreich schon begonnen. Noch ist es verletzlich und zerstörbar. Aber in Ewigkeit wird es vollendet werden und Weihnachten ist der Beginn dieser neuen Zeit.