Den Frieden schmieden Vom Schwert zur Pflugschar – Friedensdekade in der Nordkirche startet

Von Sybille Marx

Der Frieden fordert den vollen Einsatz. Auch das zeigte eine Aktion in Greifswald, bei der Schmied Mirko Myslak und sein Lehrling Paul Müller ein Schwert zu einer Pflugschar umschmiedeten.

Foto: B. Müllejahns

09.11.2014 · Greifswald. Rund 300 Menschen waren dabei, als kürzlich vor dem Greifswalder Dom ein Schwert zur Pflugschar wurde. Jetzt reist es durch die Nordkirche – als Symbol der Friedensdekade ab dem 9. November.

Das muss ich meinem Sohn erzählen“, sagt Margarete Stelzer, als sie am Reformationstag vor dem Greifswalder Dom steht. Umringt von rund 300 Besuchern haben ein Schmied und sein Lehrling gerade begonnen, ein Schwert zu einer Pflugschar umzuschmieden. Schwere Hämmer sausen auf die glühende Klinge nieder.

Für die 75-jährige Margarete Stelzer und viele andere Besucher ein Bild, das Erinnerungen weckt. An die Friedensbewegung in der DDR, an die Friedensdekade, die 1980 zum ersten Mal von den Kirchen veranstaltet wurde und die seitdem jedes Jahr wieder Mut zu einer Welt ohne Waffen machen soll. Wie auch jetzt zwischen dem 9. und 19. November in der Nordkirche, mit Vorträgen, Gebeten und Aktionen (siehe Seite 12).

Margarete Stelzers Sohn trug damals wie so viele junge Leute das Logo der Friedensdekade auf der Jacke: das Bild von einem Schmied, der ein Schwert zu einer Pflugschar umschmiedet, in Anlehnung an ein Bibelzitat. „Wer pflügt, will ernten und nicht zerstören“, erklärt Dompastor Matthias Gürtler. Menschen auf beiden Seiten der Mauer hätten sich damals nicht mehr damit abfinden wollen, dass die Androhung von Waffengewalt zur Normalität geworden war. „Es war an der Zeit abzurüsten.“ Angesichts der weltweiten Krisen heute müsse man sich leider fragen, „ob die Welt zu den alten Denkmustern zurückkehrt“.

Manchen Studenten in der DDR kostete das Bekenntnis zum Frieden den Studienplatz, manchen Schüler das Abitur – auch den Sohn von Margarete Stelzer. Und doch ist ihr etwas anderes in Erinnerung geblieben: das Gefühl, dass viele zusammen etwas bewegen können. 25 Jahre nach dem Mauerfall soll der neu geschmiedete Pflug nun durch die Nordkirche reisen. Pastorin Anne Freudenberg vom Zentrum für Ökumene und Mission hat mit vielen Partnern Debatten, Gebete und Workshops zum Thema „Befreit zum Widerstand“ organisiert. Die Friedensdekade sei heute aktueller denn je, sagt sie. „Viele Menschen fühlen sich angesichts der zahlreichen kriegerischen Konflikte in der Welt hilflos.“ Die Pflugschar sei ein Symbol, das Mut machen könne – dazu, den Frieden überhaupt wieder zu denken und um ihn zu beten; so wie 1989 für die Öffnung der Mauer.

Aber was soll „Schwerter zu Pflugscharen“ konkret bedeuten: „Bundeswehr abschaffen“? Anne Freudenberg formuliert es lieber so: „Bei vielen Konflikten wird zu schnell militärisch gehandelt, werden gar nicht alle diplomatischen Möglichkeiten ausgeschöpft.“ Das müsse sich ändern. „Außerdem gibt es ein Riesenungleichgewicht zwischen den Kosten, die in die Militarisierung fließen und denen, die für Friedensprojekte gegeben werden.“ Wenn die Friedensprojekte wenigstens genauso viel bekämen – es wäre ein Anfang.

Quelle: Mecklenburgische und Pommersche Kirchenzeitung Nr. 45/2014