Verwirrung um die Kirchensteuer? Über hundert Austritte im Januar

Von Sybille Marx

08.02.2014 · Greifswald/Schwerin. Irritation in der evangelischen Kirche: Weit mehr Menschen als sonst sind im Januar aus der Kirche ausgetreten, auch in Mecklenburg-Vorpommern. „In mehreren mecklenburgischen Gemeinden waren es doppelt so viele“, sagt Christian Meyer, Sprecher des Mecklenburgischen Kirchenkreises. Im Pommerschen Kreis registrierte man statt der 50 Austritte, die üblicherweise im gesamten Januar kommen, 70 schon zum 20. Januar.

Meyer und viele andere vermuten dahinter ein Missverständnis: die Verwirrung über einen neuen Erhebungsweg bei der sogenannten „Kirchensteuer auf Kapitalerträge“ (siehe Info rechts). Zum Januar hatten viele Banken ihren Kunden erklärt, dass diese Steuer künftig automatisch abgezogen werde. „Diese Schreiben sind aber total verschwurbelt verfasst“, sagt Sebastian Kühl, Sprecher des Pommerschen Kirchenkreises. „Viele haben wohl gedacht, sie müssten jetzt mehr zahlen.“ Das ist nicht der Fall, beeilt sich auch der Finanzdezernent der Nordkirche, Oberkirchenrat Wichard von Heyden, zu erklären: „Es gibt nur einen neuen Weg, wie Kirchensteuer im Zusammenhang von Kapitalerträgen bei Kirchenmitgliedern erhoben wird.“

Um die Verwirrung zu beenden, haben die Sprecher der Kirchenkreise über die Pröpste die Pastoren in MV angeschrieben, ihnen Infozettel geschickt und sie gebeten: Klärt Eure Gemeindeglieder auf! Zwar gehe es nicht um Tausende Ausgetretene, sagt Christian Meyer. „Aber wenn sich in einer Gemeinde mit 660 Gliedern plötzlich 15 verabschieden, ist das beunruhigend.“ Ginge es so weiter, wäre eine solche Gemeinde bald verschwunden. „Da mussten wir Alarm schlagen.“ Auch an die Tagespresse haben er und die Kollegen sich gewendet – in der Hoffnung, dass das Problem damit vom Tisch ist.

Auch aus anderen Gründen treten natürlich Menschen aus, in Pommern im Schnitt 480 pro Jahr, in Mecklenburg etwas über 1000. Beide Kreise begrüßen aber jedes Jahr weit mehr neue Mitglieder durch Taufen und Aufnahmen. Dass sie trotzdem schrumpfen, ist Wegzügen und dem Tod geschuldet. Der Pommersche Evangelische Kirchenkreis hat derzeit noch etwa 87766 Glieder, der Evangelisch-Lutherische Kirchenkreis Mecklenburg 183344 (Stand vom 31. Dezember 2013).

Quelle: Mecklenburgische und Pommersche Kirchenzeitung Nr. 06/2014


Kirchensteuer auf Kapitalerträge

Ab 2015 müssen Kirchenmitglieder nicht mehr bei ihrer Bank beantragen, dass die „Kirchensteuer auf Kapitalerträge“ einbehalten wird. Der Abzug erfolgt automatisch. Das ist neu. Die Steuer ist die gleiche geblieben: Jeder ist verpflichtet, Einkommen wie Zinsen aus Kapitalvermögen zu versteuern, wenn diese Einnahmen den Sparerpauschbetrag (801 Euro bei Ledigen, 1 602 Euro bei Paaren) übersteigen. Auf diese Abgeltungssteuer fällt für Gemeindeglieder noch eine Kirchensteuer in Höhe von neun Prozent an. Infotelefon der Nordkirche: 0800-1181204, E-Mail: steuern@lka.nordkirche.de