"Mehr Freude am Lesen, Hören und Predigen des biblischen Wortes" Revidierte Perikopenordnung wird auch in der Nordkirche eingeführt

29.09.2018 · Lübeck-Travemünde. Auf neue alt- und neutestamentliche Lesungen und Predigttexte können sich die Gottesdienstbesucher auch in den rund 1.000 Kirchengemeinden der Nordkirche vom 1. Advent an freuen: Die Landessynode stimmte auf ihrer Tagung in Travemünde einer revidierten Perikopenordnung zu. Diese wird bundesweit in allen Landeskirchen sowie in vielen evangelischen Kirchen in Europa eingeführt. Ziel ist, den Reichtum biblischer Worte, Bilder und Geschichten besser zu berücksichtigten.

„Ein schöner Moment ist das für mich“, gestand Propst Marcus Antonioli vor der Landessynode. Der mecklenburgische Theologe und langjährige Gemeindepastor gehörte seit 2010 der AG Periokopenrevision der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) an und durfte „die Nutzerperspektive in den sehr gründlichen aber moderaten Revisionsprozess einbringen“, wie er rückblickend feststellte.

Perikope bedeutet „Abschnitt“, wörtlich „ein rings um gehauenes Stück“ aus der Heiligen Schrift. In der Ordnung ist geregelt, welche Texte aus der Bibel an einem bestimmten Sonn- oder Festtag im Gottesdienst gelesen werden und welche Texte Grundlage der Predigt sind. Der jetzigen Einführung ging eine Probezeit in bundesweit 5.000 Kirchengemeinden voraus, darunter in der Johannes-Gemeinde in Neubrandenburg. Da sich die Kirche um das Wort Gottes versammelt, ist die Auswahl der Lese- und Predigttexte in den Gottesdiensten eine fortwährende Aufgabe. „Jede Generation muss sich fragen, ob die Auswahl der Lesungen für den Gottesdienst noch den heutigen Bedürfnissen und theologischen Einsichten entspricht. Grundsätzlich versteht sich diese Ordnung als Vorschlag“, unterstrich Propst Antonioli bei der Einbringung der Beschlussvorlage.

Im Ergebnis bietet die aktuelle Überarbeitung, wie vielfach gewünscht, „doppelt so viele Texte des Alten Testaments an, und sogar Psalmen sind künftig als Predigttexte vorgeschlagen“. Berücksichtigt worden sei bei der Auswahl ebenso der Gender-Aspekt. Die größte Veränderung für regelmäßige Gottesdienstbesucher ergibt sich aus der Mischung der Reihen. Konkret heißt dies: „Wenn in dieser Woche ein alttestamentlicher Text in der Predigt  ausgelegt wurde, dürfen wir uns in der kommenden Woche auf einen Brieftext freuen und diesem folgt ein Abschnitt aus einem Evangelium und so fort“, erläuterte Marcus Antonioli. Diese Änderung sei mit der Hoffnung verbunden, dass das Wort Gottes in seiner ganzen Vielfalt erlebbar werde. „Darum bilden die Texte eines Sonntages jeweils einen Textraum, der mal harmonischer und mal spannungsreicher unterschiedliche Stimmen unserer Bibel in einem Gottesdienst zum Klingen bringt.“

Die Revision der Perikopenordnung setzt zudem an wichtigen Punkten theologische Schwerpunkte: So bietet die Ordnung den Kirchengemeinden in der Passionszeit eine Reihe von Passionsabschnitten aus unterschiedlichen Evangelien als Lese- und Predigtreihe an. Der drittletzte Sonntag im Kirchenjahr ist in Anlehnung an die Friedensdekade zum Friedenssonntag geworden. Die gründlichste Veränderung hat der 10. Sonntag nach Trinitatis, der auch als Israelsonntag bekannt ist, erfahren. Antonioli: „Das war nötig geworden, weil sich unsere Sicht auf die jüdischen Glaubensgeschwister gründlich gewandelt hat. Aber auch das bisherige Evangelium des Erntedankfestes vom reichen Kornbauern wurde nach langen Diskussionen durch die wunderbare Brotvermehrung Jesu ersetzt.“

Dagegen hat die Ordnung des Kirchenjahres lediglich in der Epiphaniaszeit und im Übergang zum Osterfestkreis eine kleine Anpassung erfahren. Denn laut Propst Antonioli leuchtete es nicht recht ein, dass „in manchen Jahren, bei einem späten Ostertermin, die Epiphaniaszeit deutlich über den Weihnachtsfestkreis hinausragte“.

Aus der Nordkirche kam darüber hinaus der Vorschlag, mit dem 11. November (Martinstag) und dem 6. Dezember (Nikolaustag) zwei Tage als „weitere Feste und Gedenktage“ aufzunehmen. „Beide sind heute feste Größen in unserem Festkalender geworden, auch wenn sie nicht biblischen Ursprungs sind“, begründete der Propst. Mit der Revision der Perikopenordnung wird zugleich eine aktualisierte Sammlung der Wochenlieder geboten, die heutiger liturgischer Praxis Rechnung trägt.

„Es wäre doch schön, wenn diese neue Perikopenordnung unseren Appetit am Wort Gottes steigern könnte“, sagte Propst Antonioli und ergänzte: „Möge sie einen segensreichen Gebrauch in unseren Gottesdiensten finden!“

Hintergrund: Die bisherige Perikopenordnung galt seit 1978. Die „Neue Ordnung gottesdienstlicher Texte und Lieder“ soll am 1. Advent 2018 mit einem Gottesdienst in Wittenberg eingeführt werden.

Mehr zum Thema: www.velkd.de/gottesdienst/perikopenrevision.php

Quelle: Bischofskanzlei Schwerin (cme)