Wiedersehensfreude und Unser Vater Vor 250 Jahren wurde in Bützow der Grundstein für die Reformierte Kirche gelegt

Von Marion Wulf-Nixdorf

Foto: M. Wulf-Nixdorf

26.04.2015 · Bützow. Am 23. April 1765 wurde der Grundstein für die Reformierte Kirche in Bützow gelegt. Am Sonntag, 26. April, wird das 250-jährige Jubiläum mit Gottesdienst (15 Uhr) und Konzert gefeiert. Heute gehören zur Reformierten Gemeinde Mecklenburg- Bützow rund 340 Gemeindeglieder.

Was ist denn für mich als lutherische Christin anders, wenn ich einen reformierten Gottesdienst besuche?, frage ich Pastorin Christine Oberlin von der Reformierten Gemeinde Mecklenburg-Bützow. Sie zeigt ein reformiertes Gesangbuch. Darin stehen vorn 150 Psalmlieder, eins werde immer zu Beginn des Gottesdienstes gesungen, erklärt sie. Die Texte sind der modernen Sprache angeglichen, genannt Reimpsalmen, von Insidern RPS abgekürzt.

Ins Auge fällt die Schlichtheit des Gottesdienstraumes. Keine Bilder: „Das zweite Gebot: Du sollst dir kein Bildnis machen, wird ernst genommen in reformierten Kirchen“, sagt die Pastorin, die seit 2012 in Bützow tätig ist.

Die Kanzel steht zentral, vorn mittig, „was bei uns heißt: Das Wort steht in der Mitte“, sagt sie. Rechts und links neben der Kanzel hängen in Bützow Gebotstafeln. Links die ersten vier Gebote, die das Verhältnis Gottes zu den Menschen klären; rechts die restlichen sechs, in denen steht, was wir unserem Nächsten schuldig sind. Im Gottesdienst werden immer die zehn Gebote von einem Presbyter (Kirchenältester) vorgelesen und auch eine Frage aus dem Heidelberger Katechismus gestellt und von der ganzen Gemeinde beantwortet. Aus dem Heidelberger Katechismus stamme auch die Besonderheit, dass der Reformierte das „Unser Vater“ betet, der Lutheraner „Vater Unser“.

Aber das erste, was auffalle, wenn man einen reformierten Gottesdienst in der Diasporagemeinde in Bützow besuche, geschehe vor dem Gottesdienst. Es sei, so meint die Pastorin, die Wiedersehensfreude und große Herzlichkeit. Denn man wohne weit verstreut im Land Mecklenburg-Vorpommern. Von den rund 340 Gemeindemitgliedern kämen meist zehn bis zwölf regelmäßig. Die Sonntagsgottesdienste werden im 14-tägigen Rhythmus im Pfarrhaus in der Pfaffenstraße 11 gefeiert; bei besonderen Anlässen geht man in die Kirche im Ellernbruch. Die fügt sich, wie viele, auf hugenottischen Ursprung zurückgehende reformierte Kirchen, in die Häuserzeile ein und hat keinen Kirchturm.

Die evangelisch-reformierte Kirche mit den Kernlanden Grafschaft Bentheim und Ostfriesland, zu der auch Bützow-Mecklenburg gehört, ist die drittkleinste Landeskirche in der Evangelischen Kirche in Deutschland mit 180 000 Mitgliedern und 142 Pfarrstellen. Eine zweite rein reformierte Landeskirche gibt es im Lippischen.

In Mecklenburg-Bützow erließ 1699 Großherzog Friedrich einen Erlass, dass verfolgte französische Protestanten sich im dünn besiedelten Bützow niederlassen dürften. Sie waren Tuchmacher, gute Kaufleute, Putzmacher oder im Tabakanbau und der Verarbeitung kundig. Der Großherzog versprach ihnen unter anderem freie Ausübung ihrer Religion, einen gottesdienstlichen Saal, Steuerprivilegien, einen Kantor und einen Prediger. Bis heute zahlt das Land MV den größten Teil der Pfarrstelle, solange das Pfarrhaus besetzt ist. „Das war sicher ein Grund, dass wir nach nur kurzer Vakanz hier her entsandt wurden“, sagt Pastorin Oberlin (53) , die in Wuppertal und Göttingen evangelische Theologie studierte und 1983 von der Pfalz in die reformierte Landeskirche wechselte.

Die Reformierte Kirche in Bützow war 1988 an die Kommune verkauft worden, weil die zahlenmäßig sehr klein gewordene Gemeinde seinerzeit keine Mittel hatte, die stark baufällig gewordene Kirche zu erhalten. Die Stadt Bützow hat nach der Wende das neben der Kirche stehende Haus dazu gekauft und aus beiden ein Kulturzentrum gemacht, mit Musikschule und einem einladenden Innenhof – ein Schmuckstück. Die Reformierte Gemeinde hat das Nutzungsrecht des Kirchraums, in dem auch eine Winzer- Orgel von 1862 steht. Leider ist sie nicht bespielbar. Die Restaurierung wird rund 45 000 Euro kosten, die Gemeinde plant unter anderem Benefizkonzerte für die Finanzierung. Das erste findet an diesem Festsonntag um 17 Uhr statt.

Quelle: Mecklenburgische und Pommersche Kirchenzeitung Nr. 17/2015