Ev.-Luth. Kirchengemeinde SchönbergPredigt zum Predigttext 2 Chronik 5,2-5 und 12-14 vom 10.5.2020

Zeit für das Wort und ein Wort für die Zeit

Liebe Gemeinde,
seit 1. Advent 2018 ist die neue Ordnung von Texten für die Gottesdienste in Kraft und der heutige Predigttext gehört zu den neuen Texten für diesen Sonntag. Wir haben ihn in der Lesung gehört. Er ist aus dem Buch, das wir „Chronik“ nennen. Im Hebräischen heißt es dibre hajamim - Begebenheiten der Tage – also Zeitgeschehen. Aufgeteilt auf 2 Bücher wird in diesen Texten nochmal die Geschichte der Stämme und des Volkes Israel erzählt. Sie umfasst rund 700 Jahre (von 1000 bis 300 v. Chr.) Der Schwerpunkt in den Texten der Chronikbücher, ja das inhaltliche Zentrum, ist der Tempel in Jerusalem. Geplant von David, gebaut unter Salomo, und schließlich, als Strafe für Ungehorsam gegen Gott von den Babyloniern verwüstet. Mit der Aussicht auf einen Neuanfang sowie den Wiederaufbau des Hauses des Herrn endet die Chronik.

Unser Abschnitt erzählt nun aber noch vom Anfang des Tempels:von seiner Einweihung. Gott, der, seitdem er seinen Bund mit dem Volk Israel geschlossen hatte, in einem Zelt und einer sog. Stiftshütte sein Heiligtum hatte, bekam nun einen festen Ort. Die Lade, der Kasten, in dem die steinernen Gebotstafeln aufbewahrt wurden, sollte in den fertigen Tempel geholt werden. Das ist ein Grund zum Feiern. Der König Salomo, so heißt es, versammelte alle Ältesten Israels, alle Häupter der Stämme und die Fürsten der Sippen Israels in Jerusalem, damit sie die Lade des Bundes des HERRN hinaufbrächten aus der Stadt Davids, das ist Zion. Und es versammelten sich beim König alle Männer Israels zum Fest, das im siebenten Monat ist.

Ein Fest wird gefeiert und ich hoffe, dass nicht nur die Männer feierten, sondern auch Frauen und Kinder.

Wie sehr Feste zu unserem Leben gehören, wie sie den Alltag unterbrechen und uns gut tun, merken wir in dieser Zeit (2020), in der wir nicht zusammen kommen dürfen, um Feste in der Familie, einer Stadt, einem Dorf, dem Museum u.a. zu feiern, besonders. Da bleiben uns erstmal nur die Erinnerungen an gefeierte Feste und die Hoffnung, dass wir nach der Coronakrise wieder miteinander feiern können, wie wir es gewohnt sind: mit offenem Gesicht, nah beieinander und mit Musik und Gesang. Bei meinen Großeltern wurde z.B. an allen Geburtstagen gesungen „Geh aus mein Herz“ – und alle haben mitgesungen, auch die, die sagten, dass sie eigentlich nicht singen können. Dass nun das gemeinsame Singen wegen der Infektionsgefahr mit ei-nem Virus untersagt ist, bekümmert viele Menschen. Beim Singen gehen wir aus uns heraus – der Atem strömt und gerade das ist nun gefährlich. Aber nicht gemeinsam zu singen, hat auch (gefährliche) Folgen – für unsere Seele, für unser Herz.

An so was brauchte bei der Einweihung des Tempels vor ungefähr 3000 Jahren niemand denken. Stattdessen wurde einfach gesungen. Naja – nicht ganz einfach, sondern unser Text erzählt von einer Art Chor. Unter den Leviten, das war die Gruppe, die für kultische Aufgaben zuständig war, gab es eine Sängergruppe. Dies waren Männer, die anlässlich der Tempeleinweihung in weiße Gewänder gekleidet waren und östlich vom Altar standen. Sie hatten Zimbeln und Saitenintrumente bei sich, um ihren Gesang zu begleiten. Und dazu kamen 120 Priester mit Trompeten. Die Sänger und Trompeter beginnen – der Predigttext beschreibt das, was sich dann ereignet, wie ein Wunder:

Es war, als wäre es einer, der trompetete und sänge, als hörte man eine Stimme loben und danken dem HERRN. Und als sich die Stimme der Trompeten, Zimbeln und Saitenspiele erhob und man den HERRN lobte: »Er ist gütig, und seine Barmherzigkeit währt ewig«, da wurde das Haus erfüllt mit einer Wolke, als das Haus des HERRN, sodass die Priester nicht zum Dienst hinzutreten konnten wegen der Wolke; denn die Herrlichkeit des HERRN erfüllte das Haus Gottes.

Dass viele Stimmen und viele Instrumente sich wie EINE Stimme anhören ist erhebend, da bekommt man Gänsehaut und: es ist zeichenhaft.
Steht nicht die Betonung des Einen in Verbindung zu Gott, der als „Einer“ beschrieben wird? So vielfältig die Welt, die Schöpfung auch ist, so verschieden wir Menschen sind – Gott ist eins. Eine Quelle, aus der alles fließt, ein Klang aus vielen Stimmen. Die einzelnen Stimmen ergänzen sich und werden zu etwas Neuem, Ganzen. Das allein ist schon ein Wunder und nun erzählt die Geschichte weiter, dass beim Lobgesang der Tempel sich mit einer Wolke füllt. Mit einer Wolke, die so offenbar, so manifest ist, dass die Priester tatenlos bleiben. Es waren ja schon Tieropfer dargebracht worden und der aufsteigende Rauch eines Feuers galt als Zeichen dafür, dass das Opfer angenommen wird. Doch dieses Zeichen, diese Wolke kommt nun herab. Die Wolke, so deutet es der Text, ist wie bzw. ist die Herrlichkeit Gottes, die das Haus Gottes erfüllt. Gott nimmt Raum im Tempel – und nimmt ihn, im Verständnis der Menschen an. Der Umzug von der Stiftshütte in den festen Bau, ist geglückt.
Gott ist als Wolke/in der Wolke anwesend. Die Priester werden nicht mehr gebraucht. Ihren Dienst, durch Opfergaben Wege zum nicht-sichtbaren Gott zu öffnen, haben die Sänger und Musiker mit ihren Gaben getan. (Im Lied: Die güldene Sonne heißt es auch: Lasset uns singen, dem Schöpfer bringen Güter und Gaben; was wir nur haben, alles sei Gotte zum Opfer gesetzt! Die besten Güter sind unsre Gemüter; dankbare Lieder sind Weihrauch und Widder, an welchen er sich am meisten ergötzt.)
Im weiteren Text, sprechen nicht mehr die Priester, sondern Salomo, der König, segnet die Gemeinde Israel und betet zu Gott. Erzählt wird also die Geschichte, wie durch den Gesang Gottes Herr-lichkeit „angezogen“ worden ist. Gottes Herrlichkeit hat sich ereignet, wo oder auch weil in Harmonie gesungen wurde. Ich glaube dass, wo immer und wann immer Harmonie entsteht, Gott nah ist. Vielleicht entsteht aber auch da, wo Gott ist – Harmonie? Wir können sie jedenfalls nicht nach Belieben herstellen, aber ich glaube wir können uns Gott zur Verfügung stellen – wie Singende in einem Chor sich zur Verfügung stellen.
Gemeinsames Singen bzw. Musizieren scheint segensreiches Tun zu sein. Ein Segen für Gott und für Menschen. Wir singen nicht nur für uns, sondern auch für Gott. Und wir singen nicht nur für Gott, sondern auch für uns.
Wir feiern Gottesdienste – seit jeher mit Gesang. Dass dies nun gerade in Kirchen eingeschränkt sein soll, finde ich traurig. Mir fehlt dann etwas Wesentliches.

Wann wir wieder gemeinsam und aus voller Brust singen können, ohne Angst vor eine Ansteckung, weiß ich nicht. Vielleicht am nächsten Kantate-Sonntag 2021? Wird die Krise dann vorüber sein oder länger dauern? In der nächsten Liedstrophe (s.u.), die in der Zeit nach dem 30-jährigen Krieg geschrieben wurde, wird auch von einer Krise erzählt, vom realen Hunger, der die Menschen immer wieder leiden ließ. Auch wenn wir, Gott sei Dank, genug zu essen haben, so verspüren viele von uns doch einen Hunger des Herzens nach anderen Menschen, nach Begegnungen.
Wie in dem Liedtext will ich Gott vertrauen auch diesen Hunger zu lindern und hoffen, dass wir bald wieder feiern können mit Liedern und Umarmungen.

Ich glaube, dass Gottes Herrlichkeit uns auf viele Weisen erreichen kann, durch Gesang, Gesten, Worte, Vogelgezwitscher, Bilder, etc.… und ich wünsche uns, dass wir dafür aufmerksam sind und bleiben.


Amen

Und der Friede Gottes…

Lied: 302, 5

Er weiß viel tausend Weisen, zu retten aus dem Tod, ernährt und gibet Speisen zur Zeit der Hungersnot, macht schöne rote Wangen oft bei geringem Mahl; und die da sind gefangen, die reißt er aus der Qual.

 

 

Pastorin Wilma Schlaberg

Ev.-Luth. Kirchengemeinde Schönberg St. Laurentius

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