„Da wächst was nach“ Pfingstmontag wird das 25-jährige Bestehen des Pilgerklosters in Tempzin gefeiert

Von Marion Wulf-Nixdorf

An diesem Ort werden die Besucher des Pilgerklosters gern in der Sonne sitzen, ist sich Doris Mertke sicher

Foto: Marion Wulf-Nixdorf

05.05.2019 · Tempzin. Hunderte Menschen haben im vergangenen Vierteljahrhundert das Pilgerkloster Tempzin in Mecklenburg lieben gelernt. „Auf diesem Haus liegt Segen“, sagte ein Pilger einmal. Schritt für Schritt wird weiter saniert. Einzelpilger, Einkehrer und Gruppen finden hier Herberge.

Die rutschigen Holzbohlen der alten Terrasse sind Vergangenheit. Auch die bei Nässe schnell glitschigen Kacheln vor den Eingangstüren gehören der Vergangenheit an. Schritt für Schritt wird am Pilgerkloster Tempzin weiter saniert. Da der Trägerverein nachkommenden Generationen keine Schulden hinterlassen will, werden keine Kredite aufgenommen. Es muss immer erst das nötige Geld da sein, bevor eine Erhaltungs- oder Verschönerungsarbeit begonnen werden kann. Im Fall der Sanierung der drei Eingänge und der Terrasse waren das 60 000 Euro ohne einen Fördercent. Am Seiteneingang fing es an zu bröckeln, erzählt Doris Mertke, die seit 2014 als Leiterin hier lebt und arbeitet. Die neuen Stufen wurden verlängert, es gibt nun Handläufe.

Auch am Haupteingang entsprachen die Stufen nicht der Verkehrssicherheitsnorm und das Podest hatte sich gesenkt. Nun ist es gepflastert und damit bei Nässe auch nicht mehr glatt. Was sich nach kleiner Arbeit anhört, sei eine große Aktion gewesen, sagt Doris Mertke. „Es wurde an allen drei Stellen – zumindest teilweise – Bauschutt als Grundierung verwendet. Das rutscht halt im Laufe der Jahre dann doch zusammen. Nun soll alles die nächsten 50 Jahre halten. Oder länger …“

Es sei nach stabilen, verkehrstechnisch sicheren und möglichst wartungsfreien Varianten gesucht worden, die sich dem Ambiente anpassen – schließlich steht das Haus unter Denkmalschutz „Und wir stehen mit der Behörde bezüglich unserer Bauarbeiten auch in Kontakt.“

Leider noch nicht behindertengerecht

An der Rückwand des Hauses ist eine halbrunde Treppe zur Terrasse hin entstanden, „die wird viel besetzt sein in der Nachmittagsund Abendsonne“, ist sich Doris Mertke sicher. Vormittags scheint die Sonne am Haupteingang und auch da sitzen die Pilger gern. Dass die alte Holzterrasse hinten, die seit zwei Jahren schon desolat war, eigentlich gar nicht so gut zum Haus passte, habe man erst gemerkt, als sie abgerissen war. Aber einige, die einmal daran mitgebaut hatten, hätten sich schwergetan, sich von ihr zu trennen, erzählt Doris Mertke. Wer während der Bauarbeiten vorbeigekommen war, war aber doch begeistert. Die neuen Eingänge werten das Haus auf.

Behindertengerecht ist das Haupthaus, das früher einmal Gutshaus war, leider immer noch nicht. „Wir haben da einen Blick drauf, wenn wir uns an die Innenrenovierung machen. Aber vielleicht geht behindertenderecht nur bedingt, denn der Denkmalschutz geht vor.“ Dann werde auch eine Rampe installiert. „Im Moment nützt uns das gar nichts, denn ein Rollstuhl kommt nur bis ins Foyer.“

Wenn die Treppen und die Terrasse fertig sind, soll an der Heizung modernisiert werden. „Natürlich soll die sehr ökologische Holzvergaserheizung bleiben“, sagt Doris Mertke. „Und nicht nur aus Umweltgründen: Holz machen für die Heizung ist auch ein sehr wichtiges Format. Besonders suchende Männer beginnen gerne mit einer Ora-et-Labora-Holz-Woche, denn männliche Spiritualität geht über Körperlichkeit. Natürlich freuen wir uns über jeden und jede mit Sägeschein, genauso werden die gebraucht, die das zurechtgesägte und gespaltene Holz tragen.“

Und natürlich seien immer auch Frauen dabei, manchmal sogar mit Sägeschein. Als die Heizungsanlage unter den vorigen Leitern des Hauses, Magdalena und Joachim Anders, eingebaut wurde, war sie eine Innovation Heute braucht sie Nachsorge. Wenn die Gästewohnungen im Haupthaus im Winter alle belegt sind, ist eine ungleichmäßige Wärmeverteilung zu beobachten. In der Leiterwohnung ist es dann zum Beispiel deutlich kühler als im Rest des Hauses. „Schon aus Umweltgründen wollen wir das Umlaufsystem effektiver machen“, sagt Doris Mertke.

Der Zwischenspeicher soll inden Keller des Haupthauses wandern, um den Wärmeverlust des Umlaufes zu verringern. „Und wir brauchen intelligente Pumpen“, erklärt Frau Mertke, „So etwas gibt es. Dann kann man die Umlauftemperatur in unterschiedlichen Bereichen des Hauses unabhängig voneinander einstellen. So kann dann die in den Zwischenspeicher geleitete Wärme viel gezielter und effektiver eingesetzt werden.“

Ora et labora vom 6. bis 12. Mai

In diesem Jahr wird das Pilgerkloster 25 Jahre alt. Gefeiert wird Pfingstmontag – wie jedes Jahr ab 11 Uhr. Dabei wird auch Rückschau gehalten werden. Pastor i.R. Joachim Anders, der knapp 20 Jahre mit seiner Frau Magdalene, die im vergangenen Jahr verstorben ist, das Pilgerkloster mit vielen Helfern aufbaute, arbeitet in seinem Ruhestandsort Waren an einem Vortrag über diesen in Mecklenburg einmaligen Ort.

Vom 6. bis 12. Mai wird zu Frühjahrsputz und Gartenpflege eingeladen – eine Ora-et-labora-Woche (Bete und arbeite). Wer zu Einkehrtagen kommen möchte, als Einzelpilger oder als Einkehrer, der hier Ruhe sucht oder auch nur als Gast, ist das ganze Jahr über willkommen. „Gut 80 Einzelpilger waren im vergangenen Jahr hier“, sagt Doris Mertke und ist zufrieden.

Zu den viermal im Jahr (mittwochabends) stattfindenden Gottesdiensten „Segnen und Heil werden“ kommen Menschen aus der ganzen Region. Die Pilgerwege sind gut besucht, sowohl die von Ort zu Ort mit rund 25 Kilometern am Tag als auch die familienfreundlichen mit rund 12 Kilometern am Tag und das Kleeblattpilgern, meist zwischen 15 und 17 Kilometern, bei denen man von Tempzin losgeht und abends wieder ankommt.

Es kommen kirchliche, aber auch nicht kirchliche Gruppen, zum Beispiel Wandergruppen oder Gruppen, die hier Seminare durchführen und die Herbergsatmosphäre lieben. „Für Gruppen, die keine Fördergelder bekommen, ist es preiswert hier.“ Die Belegung und der Besuch eigener Veranstaltungen sei gut.

Glücklich ist sie über den „Generationenfluss“. Die Gründergeneration sei miteinander alt geworden, aber es kämen jüngere nach. Dadurch, dass seit fünf Jahren hier das Jugendcamp „Fette Weide“ stattfinde, lernten auch junge Leute diesen besonderen Ort kennen und erinnerten sich vielleicht später wieder daran. Ein 30. Geburtstag wurde hier letztens gefeiert – ein „Kind“ der „Fetten Weide“. „Da wächst was nach.“

Neue Hausleitung ab November 2020

Doris Mertke will im November 2020 mit der Arbeit in Tempzin aufhören. Da dieses Datum nun schon bekannt ist, sei gut Zeit, nach einer Nachfolge zu suchen. Sie habe sich verausgabt und merke manchmal an ihren Reaktionen anderen gegenüber, dass es genug sei, schätzt sie sich selbstkritisch ein. „Ich mache das hier unheimlich gern. Aber ich will die letzten sechs Jahre bis zu meiner Rente arbeitsmäßig kürzertreten, eine Aufgabe haben, bei der ich mich zeitlich abgrenzen kann. Das kriege ich hier nicht hin.“ Außerdem wolle sie noch ihre Kreativität ausleben: weben, malen, schreiben. „Dazu möchte ich noch Kraft haben. Wenn ich damit bis zur Rente warte, kann ich es vielleicht nicht mehr.“ Ein Gespräch über die Tempzin-Zukunft mit dem zuständigen Propst habe es schon gegeben.

Bis zu ihrem Weggang möchte sie, dass die Arbeiten an der Heizung wenigstens begonnen haben. „Wenn man an den Berliner Flughafen denkt, haben wir ein irrsinniges Tempo“, sagt sie lachend und verweist auf das vor zwei Jahren neu gedeckte Dach auf dem Gutshaus, auf die neuen Fenster und die Eingangstür, die nun drei neuen Treppen an den Eingängen, die neue Terrasse.

Das Warmhaus mit dem wunderschönen Saal und den Gästezimmern oben sei bis inklusive erste Etage saniert. Viele Spender, dabei viele, die treu jeden Monat eine Summe geben, beteiligen sich am Erhalt dieses Pilgerklosters, ist sie dankbar. „Das ist eine große Verlässlichkeit. Mit diesen Spenden und damit, dass die Haushaltungskosten über Veranstaltungen und Belegung gedeckt sind, findet ein Nachfolger eine gute Basis vor.“

Quelle: Mecklenburgische und Pommersche Kirchenzeitung Nr. 18/2019


Info

Der nächste Gottesdienst „Segnen und Heil werden“ findet am Mittwoch, 8. Mai, 18.30 Uhr, statt; Der Pilgerweg „Die Lewitz“ findet vom 12. bis 21. Juli statt, Familienpilgern vom 30. Juli bis 4. August, Kleeblatt-Pilgern vom 20. bis 25. August.

Klosterführungen sind nach Absprache jederzeit möglich. Weitere Infos gibt es bei Doris Mertke, An der Klosterkirche 3, in Tempzin, E-Mail: info@pilgerkloster-tempzin.de

Weitere Infos: Pilgerkloster Tempzin