Neue Pfarrstelle in Lubmin/Wusterhusen Pastorin Katrin Krüger: „Wichtig ist, dass die Gemeinde bleibt“

Von Christine Senkbeil

Auf dem Weg zur Kirche, in der sie fast 12 Jahre auf der Kanzel stand: Katrin Krüger in Hohenmocker.

Foto: Christine Senkbeil

23.02.2014 · Lubmin/Wusterhusen.

Das mache ich jetzt zum letzten Mal“, dachte Katrin Krüger, als bei der vergangenen Hubertusmesse die Jagdhörner aufspielten und sie ihre Kanzel bestieg. „Vielleicht wird es nie wieder so schön.“ Ein bisschen Wehmut und ganz viel Dankbarkeit stiegen in der Pastorin auch auf, als bei ihrem Verabschiedungsgottesdienst vor drei Wochen alle Gruppen und Gemeindeglieder versammelt waren und unzählige Hände ihre eigenen schüttelten.

Seit 2002 war sie Pastorin in Hohenmocker zwischen Demmin und Altentreptow. Da wächst so Einiges. Die Kinder sind in dem 500-Seelen- Dorf groß geworden, haben ihre ganze Schulzeit in der Umgebung erlebt. Dabei war es für die gebürtige Rüganerin aus Göhren kein einfacher Schritt, aus der Unistadt Greifswald ihre erste Pfarrstelle so weit draußen auf dem Land und so weit weg vom Wasser anzutreten. „Wir mussten uns so manches Mal Brot oder Milch borgen, weil es hier eben keinen Laden gibt, in den man schnell mal gehen kann“, erinnert sie sich lächelnd.

Aber auch die großen Fußstapfen ihres Vorgängers legten eine gewisse Last auf sie. 30 Jahre war Pastor Hans-Joachim Möller-Titel mit der Gemeinde verwachsen – und nun kam diese zierliche junge Frau. Doch sie erinnert sich gern, wie offen sie hier begrüßt wurde, wie gut der Weg gerade durch die Arbeit Möller-Titels geebnet war. Am Anfang war ja noch nicht abzusehen, dass sich schon drei Jahre später ihr Gebiet praktisch verdoppeln würde. 2005 kam zu ihrer Gemeinde Hohenmocker, der 18 Dörfer mit sechs Kirchen zugegliedert waren, noch die gesamte Gemeinde Daberkow hinzu. Also noch einmal fünf Kirchen in 16 Dörfern. Aus zwei vollen Pfarrstellen wurde eine: Von nun an gab es für sie nicht nur elf Kirchen zu versorgen, sondern auch zwei ganz unterschiedliche Gemeinden inklusive Gemeindekirchenräte zu führen. „Wie das eigentlich funktioniert, hat nie jemand gefragt“, sagt sie.

„Ich musste mich auf ganz unterschiedliche Bedingungen einstellen"

Es gibt nicht eine Strategie, nach der beide Gemeinden geführt werden können. So ihre Erfahrung, die zu machen Kraft kostete. „Ich musste mich auf ganz unterschiedliche Bedingungen einstellen. Und es geht natürlich auch nicht alles überall.“ So entwickelten sich für die verschiedenen Orte eigene Profile. In Golchen gibt es das Gemeindefest, in Bartow den Seniorenkreis und die Band probt in Hohenmocker.

Sich wie einige Amtskollegen quasi nur noch als Bauherrin statt als Pastorin zu fühlen, blieb ihr durch die selbständige Arbeit der Bauausschüsse der Kirchengemeinderäte erspart. Dachsanierung Alt Tellin, Kirchturm Golchen, es gab einiges zu bauen. „In Letzin haben die Leute im Dorf ganz viel selbst an der Kirche gemacht.“ Es gelang besser, die Arbeit auf viele Schultern zu verteilen.

Doch die Strukturreform blieb nicht der einzige Stein, der ihr in den Weg rollte. Von wegen nichts los auf dem Lande. 2008 sorgten die Pläne zum Bau der größten Sauen- und Ferkelaufzuchtanlage Europas für harte Auseinandersetzungen. 250 000 Ferkel sollten nach Alt Tellin, in ihr Gemeindegebiet Daberkow. Ein umstrittenes Projekt. Die „Bürgerinitiative Leben am Tollensetal“ sowie verschiedene regionale und überregionale Organisationen versuchten, die Gigantomanie zu stoppen. Auch die Kirchengemeinde sollte sich positionieren.

Doch es herrschte alles andere als eine Linie. Dass die Pastorin gegen diese Form der Massentierhaltung argumentierte, und dass sie auch die Kanzel nutzte, um die Gemeinde aufzurütteln, „das gefiel nicht allen“, wie die langjährige Küsterin Herta Lippold erzählt. „Kommt man in die Kirche und will seine Ruhe haben, dann geht das weiter“, sagte ein alter Mann. Nein, Ruhe geben wollte Katrin Krüger nicht. Auch nicht auf die Drohung hin, dass man dann eben nicht mehr zum Seniorenkreis käme. „In Einzelgesprächen haben mir ja viele Recht gegeben“, sagt sie. Die meisten seien eben der Meinung: „Ich sag nichts mehr, ändert ja doch nichts.“ „Aber ihre Lebenserfahrung ist doch wichtig!“, versuchte die junge Pastorin dann zu ermutigen.

„Ich habe hier gern gelebt“

Die Daberkower gaben keine Position ab. 2010 erteilte das Staatliche Amt für Landwirtschaft und Umwelt die Genehmigung zum Bau der Anlage. Doch das Gespräch blieb. Auch über generelle Fragen, was wir essen und wie viel Fleisch nötig ist. „Sie ist ja so sehr für die Umwelt, aber das ist hier ja auch nötig“, sagt die Küsterin über die nun scheidende Pastorin. „Der Schäfer verlässt die Herde“, sagen nun andere Gemeindeglieder traurig. Aber Katrin Krüger sieht sich als Teil der Herde. „Christus bleibt die Mitte und wichtig ist, dass die Gemeinde bleibt.“

Das es nur zusammen funktioniert, war ihr immer wichtig. Und dieses „Zusammen“ ist stark, auch bei verschiedenen Meinungen. Wenn einmal im Jahr die Ehrenamtlichen feiern, waren es allein 80 Einladungen, die die Pastorin austeilte. Auch, dass sie sich auf Pastor Lothar Sommer stützen konnte, der 2008 aus Westphalen ins Golchower Pfarrhaus zog und viele Vertretungen machte, nahm ihr viel Last. „Ich habe hier gern gelebt“, sagt sie.

Dennoch freut sie sich nun darauf, sich auf eine Gemeinde konzentrieren zu können. Die Gemeinde Lubmin/Wusterhusen, die im vergangenen Herbst Pastorin Susanne Möckel verabschiedete, wird neuer Einsatzort und Lebensmittelpunkt ihrer vierköpfigen Familie. Und das Boot kann wieder schwimmen, das unter Planen auf dem Pfarrhof friert und schon zwei Jahre kein Wasser gesehen hat.

Quelle: Mecklenburgische und Pommersche Kirchenzeitung Nr. 08/2014