Pastorin Christiane Eller im Interview Abendmahl in den Dünen

Pastorin Christiane Eller leitete sechs Jahre das Frauenwerk Mecklenburg-Vorpommern und war von 2012 bis 2017 Referentin im Frauenwerk der Nordkirche mit Büro in Rostock.

Foto: Marion Wulf-Nixdorf

25.04.2017 · Güstrow. Von 2006 bis 2012 war Pastorin Christiane Eller (55) Leiterin des Evangelischen Frauenwerks in Mecklenburg-Vorpommern. In Vorbereitung der Nordkirche arbeitete sie an der Eingliederung des MV-Frauenwerkes in die Nordkirche mit. Seit der Fusion 2012 war sie eine der beiden Referentinnen des Frauenwerks der Nordkirche im Büro Rostock. Am 21. April wurde Pastorin Eller im Güstrower Dom aus ihrem Amt verabschiedet. Über ihre Erfahrungen sprach Marion Wulf-Nixdorf mit ihr.

Frau Eller, Sie haben die evangelische Frauenarbeit in Mecklenburg-Vorpommern geleitet und dann als Referentin Frauenarbeit in der Nordkirche mitgestaltet. Was unterscheidet beides?

Christiane Eller: Die soziale Zusammensetzung in den Kirchenkreisen Mecklenburg und Pommern und in den alten nordelbischen Kirchenkreisen ist anders. Daraus müsste sich auch eine jeweils andere Arbeit ergeben. Das ist meine große Trauer, dass es uns nicht gelungen ist, dafür das Bewusstsein im Frauenwerk der Nordkirche in Kiel und im zuständigen Hauptbereich zu schaffen. Die Vereinzelung der Ehrenamtlichen vor Ort bei uns und die Entfernungen sind viel größer. Die Verarbeitung der DDR-Zeit und der Wende- und Nachwendezeit ist für viele Frauen längst nicht abgeschlossen. Im Gegenteil: Manches beginnt jetzt erst langsam in ihnen zu arbeiten. Dafür brauchen die Frauen Unterstützung und Gemeinschaft.

Ein konkretes Beispiel?

Frauen im Osten erwarten überhaupt noch etwas von Kirche. Wenn es um das Thema Spiritualität geht, dann ist Kirche da noch eine ernstzunehmende Ansprechpartnerin. Das habe ich gerade auf einer Besuchsreise mit meiner Kollegin Flora Mennicken in Pommern und in Ostmecklenburg erlebt.

Das Amt für Gemeindedienst, die Kinder- und Jugendarbeit zum Beispiel sind bei der Fusion Bestandteil der Dienste und Werke in den beiden Kirchenkreisen Mecklenburg und Pommern geblieben. Warum ist das Frauenwerk auf die gesamtkirchliche Ebene fusioniert?

Wir haben damals in der Frauenarbeit in Mecklenburg-Vorpommern, auch in der nordelbischen Frauenarbeit, gewusst, dass das eine sachlich falsche Entscheidung ist. Aber ich habe auch sehr früh gesehen, dass wir keine Wahl hatten. Es ging für die beiden damaligen Landeskirchen Mecklenburg und Pommern darum, Geld zu sparen. Aus meiner Sicht haben es die Verantwortlichen auch als zu mühsam angesehen, in einer Zeit, in der die Beziehung zwischen Mecklenburg und Pommern nach den missglückten Fusionsverhandlungen ohnehin nicht so gut waren, neu über das fusionierte Frauenwerk zu verhandeln. Die Vereinbarung für unser gemeinsames Frauenwerk in MV ging ja nur bis Anfang 2012. Als wir dann 2011 im Kuratorium sehr konzentriert versucht haben, die Entscheidung der Mecklenburgischen und der Pommerschen Kirche zurückzudrehen, ist uns das nicht gelungen. Der Preis wäre die Aufspaltung der Frauen aus Pommern und Mecklenburg gewesen. Es gab 2011/2012 von Seiten der beiden ehemaligen Landeskirchen in MV keine Perspektive mehr für eine gemeinsame Frauenarbeit. Man hat uns gesagt, es wäre egal, ob wir auf der Ebene der Kirchenkreise oder auf landeskirchlicher Ebene arbeiten würden, die Arbeit wäre doch dieselbe und wir würden alles so weitermachen wie bisher.

Nun gibt es aber seit einem halben Jahr wenigstens eine 50-Prozent-Projektstelle für fünf Jahre für eine Frauenpastorin.

Was wir in den Fusionszeiten geschafft haben, ist die Bildung eines Ausschusses für Frauenarbeit in den beiden Kirchenkreisen Mecklenburg und Pommern. Dafür haben die Kuratoriumsfrauen sehr gekämpft. Und wir waren so froh, als der Ausschuss durch beide Kirchenkreisräte durchgekommen ist. Diese Frauen haben sich dann wiederum zusammen mit uns beiden Hauptamtlichen, die wir ja inzwischen institutionell gar nicht mehr für MV zuständig waren, über mehrere Jahre dafür eingesetzt, dass es wieder hauptamtliche Frauenarbeit in den beiden Kirchenkreisen in MV gibt. Damit meine ich Frauenarbeit, die wirklich für die Frauen vor Ort zuständig ist. Es fing damit an, dass die mecklenburgische Pröpstin für Dienste und Werke, Christiane Körner, unsere verzweifelte Situation wahrgenommen hat. Und dann hat sie zusammen mit der zuständigen pommerschen Pröpstin Helga Ruch und sehr engagierten Ausschussfrauen das Thema in die Kirchenkreisräte und -synoden gebracht.

In Rostock gibt es nun ein „Frauenbüro“ der Nordkirche und eins des Sprengels. Wie arbeiten beide zusammen?

Einiges wird aus dem Frauenwerk Nordkirche nun wieder ausgegliedert in die Projektstelle Frauenarbeit im Sprengel MV, wie die Weltgebetstags- Regionaltage und einzelne Seminare. Bei einer 50-Prozent-Stelle können Sie sich vorstellen, dass man das nicht mit dem früheren Frauenwerk in MV vergleichen darf. Da können nur einzelne Aufgaben weitergeführt werden.

Frau Eller, Sie haben Frauen in Mecklenburg-Vorpommern viele Jahre lang begleitet. Welche Entwicklungen haben Sie wahrgenommen?


Am Anfang war die Gemeinschaftlichkeit innerhalb der Seminare überhaupt keine Frage, das hat sich inzwischen verschoben in Richtung mehr Individualität, aber auch Individualismus. Trotzdem lassen sich die Frauen noch sehr offen auf Gemeinschaft ein. Am meisten hat mich berührt, die Entwicklung einzelner Frauen mitzuerleben; manche waren über viele Jahre in unseren Seminaren und irgendwann haben sie gesagt: Jetzt brauche ich euch nicht mehr. Für manche ist das Frauenwerk eine (zweite) Gemeinde auf Dauer, für manche Gemeinde auf Zeit.

Zu Beginn Ihrer Amtszeit 2006 kam die „Bibel in gerechter Sprache“, BigS genannt, heraus.

Die BigS hat uns viele Impulse für die Auseinandersetzung mit Bibeltexten in fast all unseren Seminaren gegeben. Sie hat uns gezeigt, wie wertvoll es sein kann, vergleichend, also mit verschiedenen Übersetzungen zu arbeiten. Dadurch setzt man sich automatisch auch neu mit theologischen Fragen auseinander.

Wenn Sie zurücksehen: Was war Ihr schönstes Erlebnis in der Arbeit mit Frauen?

Die Abendmahlsfeiern in den Dünen bei den Seminaren auf Hiddensee. Und die inhaltliche Zusammenarbeit mit meiner Kollegin Sibylle Gundert-Hock bei der Fastenaktion. Und ...

Pastorin Eller, Sie hatten eine befristete Stelle im Frauenwerk, die nicht verlängert worden ist. Was werden Sie künftig tun?

Ich werde erst einmal Vertretungsdienste wahrnehmen, also in eine sogenannte zbV-Stelle, zur besonderen Verwendung, gehen.

Quelle: Mecklenburgische und Pommersche Kirchenzeitung Nr. 16/2017