Reformdebatte in der katholischen Kirche Papst Franziskus ermutigt deutsche Katholiken

30.06.2019 · Rom/Hamburg.

Papst Franziskus hat sich in einem Brief an die deutschen Katholiken zur kirchliche Reformdebatte in Deutschland geäußert. In dem am Sonnabend veröffentlichten Schreiben "An das pilgernde Volk Gottes in Deutschland" ermutigt Franziskus zum geplanten "synodalen Weg" bei der Erneuerung der Ortskirche, die sich nach Missbrauchskandalen mit einem erheblichen Vertrauensverlust konfrontiert sieht. Zugleich ruft der Papst zu einer Evangelisierung auf. Den Skandal um sexuellen Missbrauch durch Kirchenvertreter erwähnte er aber nicht.

Der Hamburger Erzbischof Stefan Heße hat die Initiative des Papstes begrüßt. "Ich freue mich, dass der Papst diesen Prozess wahrnimmt und persönlich reflektiert", schreibt Heße in einem Brief an die Seelsorger und pastoralen Gremien des Erzbistums. Franziskus erkenne an, dass die Auseinandersetzung mit den vielfältigen Themen der Katholiken in Deutschland berechtigt und notwendig sei, und dass es gut sei, diese Auseinandersetzung gemeinsam zu gestalten. Heße: "Der Brief des Papstes bestärkt mich, dass es richtig ist, diesen Prozess zu beginnen."

Franziskus lobt die Reformanstrengungen der deutschen Katholiken angesichts "zunehmender Erosion" und "Verfall des Glaubens". Zugleich warnt er vor rein strukturellen und verwaltungstechnischen Veränderungen, vor einem "'Zurechtflicken', um so das kirchliche Leben zu ordnen und zu glätten". Verlangt werde vielmehr eine "pastorale Bekehrung", eine Haltung, die darauf abziele, das Evangelium zu leben und transparent zu machen.

Evangelisierung sei "keine Taktik kirchlicher Neupositionierung in der Welt von heute" und auch "kein Akt der Eroberung", sondern führe zur Freude am Christsein, schreibt Franziskus. Er ruft dazu auf, offen auf Menschen am Rande der Gesellschaft zuzugehen, die "auf den Straßen, in den Gefängnissen, in den Krankenhäusern, auf den Plätzen und in den Städten zu finden sind".  

Auf konkrete strittige Themen wie die Priesterweihe für verheiratete Männer ging der Papst in seinem Brief nicht ein. Er unterstrich aber die Bedeutung einer weltkirchlichen Perspektive. Weltkirche und einzelne Ortskirchen seien aufeinander angewiesen und lebten voneinander. Der Blick auf die Einheit der Kirche könne verhindern, dass man sich in den Ortskirchen in einzelnen Fragen "verstricke" und den Weitblick verliere.

Die deutschen katholischen Bischöfe hatten im März Reformvorstellungen formuliert. In einem als "synodaler Weg" bezeichneten Beratungsprozess mit dem Zentralkomitee der deutschen Katholiken, also den kirchlichen Laien, sowie außerkirchlichen Experten soll es um Themen wie Machtstrukturen und Sexualmoral sowie das Zölibat der Priester gehen.

Quelle: epd