Schritte in eine ungewisse Zukunft Nordkirche will sich für gesellschaftliche Vielfalt weiter öffnen

14.11.2019 · Lübeck-Travemünde. Der Mitgliederschwund der Nordkirche wird erheblich sein, lautet die Prognose. Er könnte aber durch attraktive Maßnahmen abgemildert werden. Flexibler, vielfältiger und unbürokratischer will die Nordkirche deshalb werden.

Die Nordkirche will sich in den kommenden Jahren weiter für die gesellschaftliche Vielfalt öffnen und sich zugleich auf ihr Kernanliegen konzentrieren. Dazu zählten die stärkere Einbindung der Jugend, eine Neugestaltung der Amtshandlungen und neue Zugänge zum Pastorenberuf, sagte Synoden-Präses Ulrike Hillmann am Donnerstag zum Auftakt der dreitägigen Landessynode (Kirchenparlament) in Lübeck-Travemünde. Erprobt werden soll etwa, Taufen auch ohne Paten zu ermöglichen. Entscheidender sei, so Dezernent Mathias Lenz, die Anbindung an die Kirchengemeinde.

Hintergrund ist die Prognose der "Freiburger Studie", nach der sich die Mitgliederzahl der Kirchen bis 2060 etwa halbieren wird, wenn keine geeigneten Maßnahmen zur Mitgliederbindung ergriffen werden. Der Blick in die Zukunft könne schon Zweifel nähren, sagte Bischöfin Kirsten Fehrs. Gefragt sei daher sowohl "realistische Nüchternheit" als auch "Glaubensmut".

"Nicht in Depression verfallen"

Angesichts der Prognosen werde die Nordkirche "nicht in Depression verfallen", betonte Hillmann. Um die Chancen zu nutzen, sollten die rechtlichen Hindernisse für innovative Gemeindeprojekte weitgehend abgebaut werden. Darüber soll am Freitag weiter diskutiert werden.

Auf der Tagesordnung steht auch ein Antrag, die Bürokratie in der Nordkirche wirksam abzubauen. So soll für jedes Kirchengesetz künftig eine "Bürokratiefolgenabschätzung" vorgelegt werden. Sollte sich durch ein Gesetz der Verwaltungsaufwand erhöhen, soll Bürokratie an anderer Stelle abgebaut werden.

Neue Zugänge

Um dem prognostizierten Pastorenmangel entgegenzuwirken, werden nach dem Votum der Landessynode neue Zugänge ermöglicht. Danach ist auch eine Zulassung für ausgebildete Religionslehrkräfte möglich. Künftig soll auch für die Examensphase im Theologie-Studium ein Stipendium mit monatlich 300 Euro gewährt werden. Die Bezüge für jungen Theologen in der praktischen Ausbildung (Vikariat) sollen um 300 Euro auf rund 1.800 Euro angehoben werden.

Kirchliche Amtshandlungen sollen nach den Worten von Theologie-Dezernent Lenz vielfältiger gestaltet werden können. Nach dreijähriger Diskussion sei ein Papier erarbeitet worden, das etwa Fragen zur Taufe bei nicht-kirchlichen Eltern oder kirchliche Bestattungsfeiern für Nicht-Mitglieder regelt. Kirchengemeinden sollen die Möglichkeit erhalten, an einer dreijährigen Erprobungsphase teilzunehmen. Gleichzeitig soll die theologische Bedeutung der Amtshandlungen präzisiert werden. Dazu zähle etwa, so Lenz, was einen Gottesdienst anlässlich einer Trauung oder Beerdigung im Kern ausmache.

Haushaltsberatungen verschoben

Die Haushaltsberatungen, die traditionell die November-Synode bestimmen, sind auf den Februar 2020 verschoben worden, weil die neu gewählte Kirchenleitung mehr Zeit für die Beratung braucht. Abgesetzt wurde auch die Wahl für einen Ausschuss, der die Klimaschutzpläne der Nordkirche überprüfen soll. Synoden-Präses Hillmann hatte bei der Vorbereitung entdeckt, dass ein solcher Ausschuss noch gar nicht existiert.

Während der Synodentagung werden auch der Gemeindebriefpreis und der Gottesdienstpreis vergeben. Am Freitagabend wird die neu gewählte Kirchenleitung mit einem Gottesdienst in ihr Amt eingeführt. Der Schleswiger Bischof Gothart Magaard wird am Sonnabend über das kirchliche Leben in Schleswig-Holstein berichten.

Quelle: epd