Archäologie Neue Erkenntnisse zur Geschichte des Franziskanerklosters

29.05.2019 · Greifswald.

Jüngste Ausgrabungen im Bereich des 1262 gegründeten Franziskanerklosters in Greifswald haben neue bauhistorische Erkenntnisse zutage gefördert. So ist der ursprüngliche Chorbau der Ende des 13. Jahrhunderts begonnenen Klosterkirche wohl bereits spätestens Anfang des 14. Jahrhunderts wieder aufgegeben worden, sagte Bauhistoriker André Lutze bei der Vorstellung der Grabungsergebnisse am Dienstag in Greifswald. Grund sei die "Aufhöhung" der Stadt gewesen.

Mit der Verleihung des Stadtrechts 1250 hatte Greifswald das Lübische Recht angenommen, das bestimmte Bauvorschriften enthielt. So war festgeschrieben, dass die in der Nachbarschaft des Klosters liegenden Bürgerhäuser mit einem Keller und einer Brandmauer ausgestattet sein mussten. Damit habe im historischen Stadtkern von Greifswald eine rasche "Aufhöhung" des Bauniveaus eingesetzt. "Das Erdgeschoss wurde zum Kellergeschoss", so Lutze.

Um dieser baulichen Entwicklung Rechnung zu tragen, brauchte auch der Chorbereich des Klosters eine Aufhöhung um rund 1,5 Meter. Eine Urkunde von 1348 belegt, dass eine Greifswalder Familie den späteren Chorneubau stiftete. Bauhistoriker Lutze betonte, das Aufgeben der alten Kirche sei eine "gravierende Entscheidung" gewesen, die auch Auswirkungen auf den weiteren Bau gehabt habe. "Auch der gesamte Klausurbereich der Mönche musste höher gelegt werden."

Dies sei nicht nur eine "Sondersituation" in der Greifswalder Stadtgeschichte, sondern auch ein Novum in der europäischen Baugeschichte der Franziskanerklöster. Bei den Ausgrabungen am heutigen Pommerschen Landesmuseum hatten Fachleute erstmals die etwa 100 Quadratmeter große Fläche im ehemaligen Chorbereich komplett freigelegt. Zwischen Franziskaner-Konvent und Gemäldegalerie soll die "Galerie der Romantik" errichtet werden.

Neben rund 50 Münzen legten die Archäologen die Überreste von rund 30 Personen frei, viele von ihnen Kinder. Der erhoffte Sensationsfund, das Skelett des Greifswalder Bürgermeisters und Universitätsgründers Heinrich Rubenow (um 1400 bis 1462), war jedoch nicht dabei. Rubenow wurde in der Silvesternacht 1462 im Auftrag seiner innerstädtischen Gegner mit einer Axt erschlagen und im Franziskaner-Chor bestattet.

Nach der Einführung der Reformation in Pommern war den Franziskanern gestattet worden, bis zu ihrem Lebensende im Kloster zu bleiben. Im Herbst 1556 gelangte das Kloster in den Besitz der Stadt. Die Stadt ließ in den Gebäuden des Klosters eine Stadtschule und eine Armenanstalt einrichten. Die Kirche ist 1789/90 abgerissen worden. Erhalten geblieben sind ein Sühnestein (heute in der Marienkirche) eine Stundenglocke (heute im Dom St. Nikolai) und die zwei Holzfiguren Petrus und Paulus (heute in der Jacobikirche).

Quelle: epd