Mehrheit deutscher Regierungsmitglieder gehört einer Kirche an Umfrage: Minister in Mecklenburg-Vorpommern sind meist evangelisch

Ministerpräsident Erwin Sellering (SPD) ist evangelisch.

Foto: kirche-mv.de/D. Vogel

23.07.2016 · Berlin/Schwerin. Die Mehrheit deutscher Regierungsmitglieder bekennt sich zum christlichen Glauben. Wie eine Erhebung des Evangelischen Pressedienstes (epd) ergab, gehören 118 der insgesamt 177 Mitglieder (66 Prozent) der Bundes- und Landeskabinette einer christlichen Kirche an. Auch in der Landesregierung von Mecklenburg-Vorpommern sind zwei Drittel Mitglied einer Kirche - meistens der evangelischen. Laut Umfrage sind bundesweit 40 Regierungsmitglieder (23 Prozent) konfessionslos, 20 machten keine Angaben zu ihrer Religionszugehörigkeit. Kein Mitglied einer Regierung bekannte sich zum muslimischen Glauben.

Schwerins Ministerpräsident Erwin Sellering (SPD) ist evangelisch. Auch Innenminister Lorenz Caffier (CDU), Wirtschaftsminister Harry Glawe (CDU), Agrarminister Till Backhaus (SPD) und Energieminister Christian Pegel (SPD) sind Mitglied der evangelischen Nordkirche. Caffier ist Pastorensohn und hat als Organist sogar schon eine CD veröffentlicht. Justizministerin Kuder (CDU) ist die einzige bekennende Katholikin. Finanzministerin Heike Polzin, Bildungsminister Mathias Brodkorb und Sozialministerin Birgit Hesse (alle SPD) sind konfessionslos.

Die Protestanten sind auch unter den Christen in den Spitzenämtern der bundesweiten Politik in der Mehrheit: 62 Kabinettsmitglieder (35 Prozent) sind evangelisch, 55 katholisch (31 Prozent). Eine Ministerin gehört der Neuapostolischen Kirche an. Unter den 16 Ministerpräsidenten sind sieben evangelisch, sechs katholisch und drei konfessionslos. Gemeinsam mit der evangelischen Pfarrerstochter Angela Merkel (CDU) sind damit acht Regierungschefs in Deutschland Protestanten. Im Bundeskabinett gehören alle Mitglieder einer christlichen Konfession an: Zehn sind evangelisch, sechs katholisch.

Kaum Unterschiede zwischen Ost und West

Auch wenn sich bei der Kirchenbindung in Ost und West nach wie vor ein Unterschied zeigt, fällt er geringer aus als vielfach erwartet. In den westdeutschen Bundesländern sind knapp 24 Prozent der Kabinettsmitglieder konfessionslos, in den ostdeutschen Bundesländern mit Berlin 27, ohne Berlin 30 Prozent.

Dennoch vermutet der Religionssoziologe Detlef Pollack, dass es im Ansehen noch immer Unterschiede gibt. "Im Westen gehört es nach wie vor eher zum guten Ton, kirchlich gebunden zu sein", sagte er dem epd. 80 Prozent der Menschen seien dort irgendwie religiös gebunden. Diese Mehrheitsverhältnisse hätten Auswirkung auf die Bereitschaft, sich zu seiner Konfession zu bekennen, erklärte der Professor aus Münster: "Im Westen ist man eher vorsichtig anzugeben, dass man konfessionslos ist, im Osten könnte es genau andersherum sein."

Konfessionsangehörige in der Politik überrepräsentiert

Vergleichen mit dem Durchschnitt der Bevölkerung seien Konfessionsangehörige in der Politik überrepräsentiert, resümiert Pollack. Es gebe einen erwiesenen Zusammenhang zwischen Bildungsniveau und Beteiligung am kirchlichen Leben. Es glaubten zwar weniger formal hoch Gebildete an Gott, aber es gingen auch formal mehr hoch Gebildete zum Gottesdienst. Zudem engagierten sich Ehrenamtliche der Kirche auch stärker außerhalb. "Es gibt offensichtlich einen bestimmten Typ, der sich sowohl in Parteien, sozialen Bewegungen, Vereinen als auch in Kirchen stärker einbringt."

Überrascht äußerte sich Pollack über das Fehlen von Muslimen in den Regierungen: "Ich hätte gedacht, dass man gerade in der Politik großen Wert darauf legt, Muslime in das politische Geschäft zu integrieren." Entweder sei es schwer, geeignete Kandidaten zu finden. "Es könnte aber auch sein, dass man die politische Hebelkraft einer solchen integrativen Maßnahme noch nicht erkannt hat."

Mit Aygül Özkan (CDU) in Niedersachsen und Bilkay Öney (SPD) waren bereits zwei Musliminnen Mitglieder früherer Landesregierungen. Prominente Musliminnen in der Politik sind heute die Integrationsbeauftragte der Bundesregierung, Aydan Özoguz (SPD), die im Kabinett kein Stimmrecht hat, sowie die neue baden-württembergische Landtagspräsidentin Muhterem Aras (Grüne).

Quelle: epd