Die Suppenküche der Kirchengemeinde Bad Doberan beschreitet neue Wege Lunchpaket statt Mittagstisch

Von Marion Wulf-Nixdorf

Mitglieder vom Rotary Club aus Kühlungsborn brachten vor einer Woche Lebensmittel zur Suppenküche in Doberan.

Foto: privat

26.04.2020 · Bad Doberan. Ella M. geht jeden Tag in die Suppenküche in Bad Doberan, isst dort zu Mittag und trifft Bekannte. So wie etwa 100 andere Menschen auch. Andere helfen bereits ab acht Uhr beim Kochen. Zurzeit können sich die Menschen nicht hier treffen, sondern die Grundnahrungsmittel werden zu ihnen nach Hause gebracht. Eine Notlösung.

Die Stühle sind zusammengestellt, die Tische an die Wände gerückt. Darauf liegen Grundnahrungsmittel – von Brot über Kartoffeln bis zu Obst und Gemüse. Wo sonst Gaststättenatmosphäre herrscht, sieht es nun aus wie in einem kleinen Supermarkt.

In „normalen“ Zeiten wird in der Suppenküche in Bad Doberan in Trägerschaft der Kirchengemeinde montags bis freitags ab acht Uhr morgens zusammen gekocht. Ab elf Uhr kommen etwa 100 Menschen aller Altersstufen an meist mit Blumen geschmückten Tischen zusammen, essen und klönen. Es ist für sie der Höhepunkt des Tages und gibt ihnen neben einer warmen Mahlzeit auch Struktur. Hier werden soziale Probleme besprochen, es wird nach Hilfsmöglichkeiten gesucht. Es ist ein guter Ort der Begegnung geworden, den in der Region niemand missen möchte. 35 Ehrenamtliche helfen beim Einkauf und in der Suppenküche mit.

Seit Wochen nun herrscht dort gähnende Leere. Obwohl nicht ganz. „Wir sehen unsere Aufgabe nun darin, dabei mitzuhelfen, dass niemand verloren geht, vergessen wird, hungern muss“, sagt Barbara Niehaus, die das sozialdiakonische Projekt der Kirchengemeinde leitet. „Wir haben eine Handynummer, die wir breit gestreut haben. Die Nummer kann man montags bis freitags von 9 bis 13 Uhr anrufen und dort bestellen. Wir fragen nur, wie viele Menschen im Haushalt wohnen und ob Kinder dazugehören. Wer kein Geld auf seinem Handy hat, kann uns auch vor Ort erreichen.“

Die drei halbtags angestellten Mitarbeiter kaufen ein, stellen Lebensmittelbeutel zusammen, die dann von drei oder vier Ehrenamtlichen ausgefahren werden. Die meisten Ehrenamtlichen gehören zur Risikogruppe und können deshalb zurzeit nicht mitarbeiten.

In der vergangenen Woche wurden etwa 100 Menschen mit Lebensmittelbeuteln versorgt. „Das zeigt uns, dass diese Form von Unterstützung notwendig ist“, meint Gemeindepastor Albrecht Jax. Das Problem aber ist, dass einige von ihnen nicht mehr kochen können wie die demente Ella M. oder der über 90-jährige Mann. „Sie werden sich nun von kalten Sachen ernähren“, vermutet Barbara Niehaus und macht aber Hoffnung auf Besserung der Situation dieser Menschen: „Wir sind auf dem Sprung, wollen frische Suppen kochen und heiß zu den Menschen bringen, die sich selber nicht mehr versorgen können“, sagt sie.

"Wie die Speisung der 5000“

Anders als die Tafeln, die Lebensmittelspenden abholen und verteilen, wird für die Suppenküche eingekauft, mit Ausnahme von Obst- und Gemüsespenden aus Kleingärten der Region oder dem Suppenküchen-Garten, den Ehrenamtliche liebevoll bestellen. „Aber noch ist keine Ernte.“

13 000 Euro stehen normalerweise im Jahr für den Lebensmitteleinkauf zur Verfügung. „Wenn man kocht, kauftman anders ein, kann anders wirtschaften“, weiß Barbara Niehaus. „Von rund 250 Euro werden jede Woche 500 Essen gekocht – es ist wie die Speisung der 5000“, sagt sie lachend.

Doch nun werden allein in der Woche 1000 Euro gebraucht. Dankbar ist sie zum Beispiel für eine Spende der Reriker Kirchengemeinde oder die Lebensmittel im Wert von 500 Euro, die der Rotary Club Kühlungsborn am vergangenen Sonnabend brachte. Bei der „Aktion Mensch“ wurde nun ein Antrag auf Lebensmittel-Förderung gestellt, um drei Monate zu überbrücken.

„Bisher hat sich immer eine Tür geöffnet“, sagt Frau Niehaus und hofft, dass im Sommer die Menschen wieder in den Räumen der Suppenküche in Bad Doberan zusammenkommen können. Dann gibt es wieder jeden Tag zwei Gerichte zur Auswahl, Brot, Kuchen und Nachtisch. Und bis dahin werden die Menschen trotz allem nicht allein gelassen, verspricht Barbara Niehaus.

Quelle: Mecklenburgische und Pommersche Kirchenzeitung Nr. 17/2020