Berauschende Klangfülle Landesposaunenfest MV auf Rügen begeisterte hunderte Spieler und Besucher

Von Sybille Marx

Abendlieder am Hafen von Lauterbach: Die Bläser spielten, das Publikum sang.

Foto: O. Zender

07.06.2015 · Bergen. 400 Bläser, ein doppelter Regenbogen und zig Konzerte auf Rügen – das war das Landesposaunenfest 2015 unter dem Motto „Bergen – Bark – geborgen“.

Klar, der Evangelische Kirchentag stand auch kurz zur Debatte. Aber extra nach Stuttgart? „Ein büschen zu weit“, sagt Martin Seemann aus Flensburg. So habe er mit seinem Posaunenchor beschlossen, lieber am Wochenende zuvor nach Rügen zu brettern und beim Landesposaunenfest Mecklenburg-Vorpommern mitzumachen. Nette Leute, gute Laune, mal wieder Teil sein von einem Riesenchor und dieser berauschenden Klangfülle – das reizte. Oder wie Seemann es auch nennt: „Großgebläse“.

So sitzen er und seine acht Chorleute jetzt am Sonntag, 31. Mai, zwischen rund 400 anderen Blasern auf der Freilichtbuhne am Rugard, einem bewaldeten Hügel am nordöstlichen Rand der Inselhauptstadt Bergen. Das letzte Konzert soll gleich beginnen, der Abschluss nach eineinhalb Tagen voller Proben und mitreisender Konzerte mit Laien und Profi s, vor allen in Putbus, Lauterbach und Bergen. Auf einer Bühne sitzen die jüngsten Blaser, auf der Tribüne, die wie ein kleines Amphitheater auf einer Lichtung angeordnet ist, verteilen sich die anderen – und noch einmal rund 400 Zuhörer.

Lehrer Olaf Zender, Mitglied der Bergener Kirchengemeinde, steht am oberen Rand, schenkt Kaffee aus und lasst zufrieden den Blick über das Gemenge schweifen. Ein Teil der Tribüne ist zwar leer, weit mehr Zuschauer hatten kommen können. „Aber so ist das immer auf Rügen, da kann man spielen, was man will“, sagt er. Kein Grund zur Enttäuschung also, im Gegenteil: Das Posaunenwerk MV und seine vielen Helfer hatten es geschafft, nicht nur hunderte Bläser aus der Nordkirche zusammen zu bringen, sondern auch ein paar der vielen kirchenskeptischen Rügener zu beeindrucken, glaubt Zender.

Am Vorabend etwa, als der Greifswalder Bischof Hans-Jürgen Abromeit am Hafen von Lauterbach eine Andacht hielt und die Bläser unter Leitung von Posaunenwerkchef Martin Huss bei Wind, Regen und einem doppelten Regenbogen Abendlieder spielten – „da standen überraschend viele dabei, die mit Kirche sonst nichts am Hut haben“, erzählt Olaf Zender. Volksnah und eindrücklich habe der Bischof gepredigt. Dann dieses Vaterunser, von vielen gemeinsam gesprochen. „Bewegend.“

„Jetzt schwappt die Nordkirche hierher“

Auch Kantorin Maria Uhle, die mit ihrem halben Posaunenchor aus Wolgast angereist ist, fühlt sich erfüllt und belebt von den zwei Tagen. „Es ist großartig, dass es eine solche Veranstaltung in unserer Region gibt“, sagt sie. Seit der Nordkirchenfusion hatten die Vorpommern oft das Gefühl, von spannenden Fortbildungen und Veranstaltungen ausgeschlossen zu sein, weil so vieles in Hamburg oder Kiel stattfinde. „Und jetzt schwappt die Nordkirche mal hierher!“

Um die 70 Bläser aus Hamburg und Schleswig- Holstein waren angereist, schon am Morgen hatten sie und die anderen sich auf die ganze Insel verteilt: In 13 Kirchen gestalteten sie Sonntagsgottesdienste mit. Uhle und ihre sechs Wolgaster spielten in Gingst, zusammen mit den Flensburgern und anderen Blasern. „Ich habe eine 70-jahrige Anfängerin, die einfach mal versuchen sollte mitzumachen“, erzählt Maria Uhle lächelnd. „Ich hab sie beobachtet: Sie hat sich wirklich getraut.“ Zwischen 23 anderen Blasern sei das eben leichter als in kleiner Gruppe zu Hause. Und die Flensburger seien so nett und fähig! „Ich glaub, die muss ich mal einladen“, sagt sie. „Vielleicht können wir uns gegenseitig besuchen.“ Im Grunde seien die Bläser der Nordkirche doch so etwas wie eine Großfamilie. Nur eben so groß, dass man bei jedem Treffen ausloten müsse: „Zu welchem Zweig der Familie gehörst Du eigentlich?“

Schon gewusst? - Gott ist ein Bläser

Das jedenfalls behauptete Ralf Bareis, Chef des Evangelischen Posaunendienstes in Deutschland, auf Rügen. Sein Argument: „Gott hat uns den Atem eingeblasen.“ - Über 100 000 Bläser spielen in 7000 Chören unter dem Dach des Evangelischen Posaunendienstes in Deutschland, rund 1300 in MV. - Drei Jahre lang hat ein Team unter Martin Huss das Landesposaunenfest 2015 vorbereitet. Das nächste soll 2019 in Plau am See stattfinden. - Fast 1000 Hocker hat die Posaunenmission Hamburg-Schleswig-Holstein dem Posaunenwerk MV geschenkt, pünktlich zum Fest.

Quelle: Mecklenburgische und Pommersche Kirchenzeitung Nr. 23/2015