26.10.2014 · Hamburg.

Das Reformationsfest 2017 kann nach Ansicht von Landesbischof Gerhard Ulrich nur gemeinsam mit Katholiken und anderen Konfessionen gefeiert werden. Die Feierlichkeiten würden einerseits an die gegenseitigen Verletzungen und Verfolgungen durch die beiden großen Kirchen erinnern, andererseits an die Freude über die Gemeinschaft und den gemeinsamen Auftrag zur Verkündigung des Evangeliums, sagte Ulrich der "Evangelischen Zeitung". Ulrich ist im Nebenamt auch Leitender Bischof der Vereinigten Evangelisch-Lutherischen Kirche Deutschlands (VELKD).

Auch wenn das Interesse an christlicher Religion nach wie vor groß sei, führe dies derzeit nicht zu höheren Mitgliederzahlen der großen Kirchen, räumte Ulrich ein. Nachgefragt seien vor allem ästhetische Formate, die sinnlich erfahrbar seien. Christlicher Glaube und seine Konsequenzen für die eigene Lebensführung seien dagegen weniger gefragt. Für eine solche verstandesmäßige Auseinandersetzung müsse die kirchliche Bildungsarbeit gestärkt werden.

Unterschiede innerhalb der evangelischen Kirche zu ethischen Fragen zeigen sich nach Einschätzung von Ulrich nur selten bei den christlichen Grundlagen. Strittig sei dagegen oftmals die Frage, welche Folgerungen sich aus diesen theologischen Einsichten für die konkrete Lebenspraxis ergeben. Dies habe sich besonders deutlich in den Fragen zur Familie gezeigt. Aber auch die Bewertung von Homosexualität sei eine solche Frage. Moralische Aussagen zielten immer in eine konkrete Situation und eine bestimmte Zeit. "Auf die Fragen, die uns heute beschäftigen, geben die biblischen Texte keine unmittelbare Antwort."

Dass Frauen in Leitungspositionen seltener vertreten sind als Männer, ist nach Ulrichs Worten kein kirchliches, sondern ein gesamtgesellschaftliches Phänomen. Frauen hätten offenbar weniger Interesse, ihre Lebenszeit vornehmlich der Arbeitswelt zu "opfern". In Deutschland werde allerdings kaum zur Kenntnis genommen, dass in den vergangenen Jahren viele Kirchen in Afrika und Lateinamerika die Frauenordination eingeführt haben. In den Gremien des Lutherischen Weltbundes müssten Männer und Frauen inzwischen mindestens zu jeweils 40 Prozent vertreten sein. Und in den Vikarsgruppen der Nordkirche seien Männer mittlerweile eine Minderheit.

Quelle: epd