Idee übersteigt die Möglichkeiten Schweriner Kirchenladen schließt nach nur einem Jahr

Von Marion Wulf-Nixdorf

Der Kirchenladen schließt, das „Salädchen“ vergrößert sich

Foto: Marion Wulf-Nixdorf

21.02.2016 · Schwerin. Schade: Viele Jahre gab es in Schwerin den Traum von einem Kirchenladen, einem gemeinsamen Ort für Kirche außerhalb der eigenen Mauern – wie es in einigen Städten üblich ist. Wo man sich informieren kann, sich trifft, redet, zu Veranstaltungen eingeladen wird. Vor gut einem Jahr wurde ein solcher „Kirchenladen“ gemeinsam mit einem Bistro und einer Korbwerkstatt zwischen Hauptbahnhof und Zentrum eröffnet. Jetzt schließt er schon wieder. Warum?

Mittags ist es richtig voll im „Salädchen“ in der Schweriner Wismarschen Straße zwischen Hauptbahnhof und Marienplatz. Auch in dem sich anschließenden Raum, der schon zum Kirchenladen gehört und man eine Trennung gar nicht richtig ausmachen kann, sitzen Frauen und Männer und löffeln Suppe, essen Salat oder Kuchen. Ein gern genutzter Ort für eine Pause.

Bleiben wird aber nur das „Salädchen. Der Kirchenladen, ein Kooperationsprojekt zwischen den Schweriner Stadtgemeinden, der Evangelischen Jugend und dem Diakoniewerk Neues Ufer, schließt Ende Februar nach nur gut einem Jahr, wie Fachbereichsleiterin Petra Bittner von der Evangelischen Jugend auf Anfrage bestätigte. Der Regionalkonvent Schwerin, zu dem alle Stadtkirchengemeinden gehören, hatte im Oktober beschlossen, sich nicht mehr zu beteiligen und „ohne den macht das keinen Sinn mehr“, bedauert Petra Bittner die Entscheidung. Auch Regionalpastor Andreas Greve fand den Kirchenladen „eine schöne Idee“.

Wer macht das?

Aber es habe sich gezeigt, dass die Idee die Möglichkeiten der Ortsgemeinden übersteige, sagt Pastor Greve. Beim Laden stelle sich, wie bei allen Projekten, die Frage: Wer macht das? Und dann richte sich der Blick schnell auf die Pastoren. Die aber konnten das nicht leisten. Hinzu komme, dass das Interesse an einer Mitarbeit auch von den jeweiligen Schwerpunktsetzungen abhängt. Und da sei die Motivation einer Gemeinde, deren Arbeitsschwerpunkt zum Beispiel am Stadtrand auf dem Großen Dreesch oder in Lankow liege, nicht besonders groß gewesen.

Trotzdem ist Petra Bittner mit dem, was in diesem einen Jahr im Kirchenladen gelaufen ist, zufrieden: „Über einen vor allem soziokulturell geprägten Ansatz haben wir im Kirchenladen informelle christliche Bildungsräume geschaffen. Durch die Verortung des Kirchenladens in einem gewerblichen Raum mitten in der Stadt haben wir Zugangsschwellen niedrig gehalten und tatsächlich Kirche mit Anderen und Kirche am anderen Ort realisieren können“, betont sie. So seien Kita-Kinder ihrer Einladung zum interaktiven Friedenstheater im Kirchenladen gefolgt, Jugendliche hätten sich „mit uns über das Erwachsen werden Gedanken gemacht und einen Kurzfilm darüber entstehen lassen“, zählt sie auf.

Im Rahmen des Projekts „95 Schweriner Thesen“ haben sich Jugendliche auf den Spuren der Reformation unter anderem mit der Technik des Buchdrucks praktisch auseinandergesetzt. Der Kirchenladen war ein Veranstaltungsort für Buchlesungen, zum Beispiel auch in Verbindung mit Live-Musik im Rahmen der Schweriner Literaturtage. Es war zu drei Christ-Politischen Gesprächssalons mit prominenten Gästen in der Mittagspause eingeladen worden „und damit gesellschaftspolitische heiße Eisen mundgerecht serviert“ worden.

Bistro "Salädchen" bleibt

Jenseits dieser Höhepunkte nutzten Menschen den Kirchenladen, sagt Petra Bittner, um sich niederzulassen, an der Hörbar christlichen Radiofunk oder die Bibel als Hörbuch zu hören, an der sogenannten Schreibstelle Gedanken zum Glauben aufzuschreiben, an der Druckstelle Verse, Grüße und anderes zum Mitnehmen und Verschenken zu produzieren, sich christlich geprägte Kunst aus dem Kunstautomaten zu ziehen, sich über Veranstaltungen in den Kirchengemeinden zu informieren, Kirchenzeitung zu lesen oder bei Irre Schön, der Kreativwerkstatt der Ramper Werkstätten, eben schöne Dinge zu kaufen. Der kleine Raum, in dem der Kirchenladen untergebracht war, wird künftig vom „Salädchen“ genutzt. Das „Salädchen“ im vorderen Teil ist ein Bistro, das zu einem bundesweit tätigen franchise Unternehmen gehört und als einziges in der Kette von einem gemeinnützigen Verein, dem Diakoniewerk Neues Ufer, betrieben wird.

In Schwerin habe es lange den Wunsch nach einem Kirchenladen gegeben, hieß es noch bei der Einweihung vor gut einem Jahr. Der Gedanke daran sei bereits vor 14 Jahren aufgekommen, anderthalb Jahre habe die bauliche Vorbereitung für „Salädchen“, Kirchenladen und die Korbwerkstatt, die hier ebenfalls zu finden ist, gedauert. Unterstützt hatte die Einrichtung Kirchenladen die Stiftung „Kirche mit anderen“, der Fonds Lebendige Kirchenregion sowie die drei Projektpartner mit 20.000 Euro.

Am 26. Februar findet eine Abschlussveranstaltung im Kirchenladen statt. Geplant sind unter anderem eine Ausstellung der sichtbaren Resultate der Arbeit des Kirchenladens und auch ein vorerst letzter Christ-Politischer Salon.

Quelle: Mecklenburgische und Pommersche Kirchenzeitung Nr. 08/2016