Neujahrsgespräch Kirchen und Gewerkschaften wollen mehr gegen soziale Spaltung tun

24.01.2019 · Schwerin. Die beiden großen Kirchen in Norddeutschland und der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) Nord wollen gemeinsam mehr gegen die soziale Spaltung in der Gesellschaft tun. Geplant sei, verstärkt gemeinschaftliche Maßnahmen zu überlegen und Projekte aufzulegen, sagte der Nordkirchen-Landesbischof Gerhard Ulrich am Mittwoch nach dem ersten Neujahrsgespräch von Nordkirche, katholischem Erzbistum Hamburg und DGB Nord. Die Kirchen seien als Institution gefordert, ihr Ohr an den Kirchengemeinden zu haben, um besser zu verstehen, was erforderlich ist und um dann stellvertretend zu handeln.

Der DGB Nord-Vorsitzende Uwe Polkaehn kündigte an, dass der DGB zwischen dem 23. und 27. März in mehreren Orten Gespräche mit gesellschaftlichen Gruppen organisieren will. Dabei soll es um die Themen gehen, die für ein gutes Miteinander in der Region wichtig sind.

Um die soziale Spaltung zu überwinden, müssten mehr Betriebe Tariflohn zahlen, forderte Polkaehn. Nur 23 Prozent der Betriebe in MV zahlten nach Tarif. Tariflohn bedeute, 300 bis 500 Euro mehr im Monat zu verdienen. 70 Prozent der Armen in Deutschland gingen einer Erwerbstätigkeit nach oder seien Rentner. MV habe mit 75 Prozent des deutschen Durchschnittsverdienstes die geringsten Löhne in Deutschland. Aber auch bezahlbarer Wohnraum und eine funktionierende öffentliche Daseinsvorsorge seien wichtig gegen Armut.

Auf das unterschiedliche Arbeitsrecht in der Nordkirche angesprochen, sagte Landesbischof Gerhard Ulrich, dass die Nordkirche dabei sei, ein gemeinsames Arbeitsrecht zu gestalten. Bei diesem Arbeitsrecht sollen die Gewerkschaften angemessen beteiligt werden. Die Kirche müsse nach innen bewerben, was sie nach außen fordere.

Zunehmend garstigeren Graben zwischen Arm und Reich

Ulrich beklagte, dass es einen "zunehmend garstigeren Graben" zwischen Arm und Reich gebe. Fast 17 Prozent der Menschen in MV, Schleswig-Holstein und Hamburg lebten in relativer Armut. Ein Skandal sei es, dass jedes fünfte Kind armutsgefährdet sei. Besonders Erwerbslose, Alleinerziehende und Menschen in prekären Arbeitsverhältnissen seien dem Armutsrisiko ausgesetzt. Das könne niemanden gleichgültig lassen. Materielle Armut habe auch eine soziale Komponente und führe in gesellschaftliche Isolation. Auch die Scham sei nicht zu unterschätzen.

Viele Menschen könnten nicht am sozialen Leben teilnehmen, kritisierte der katholische Weihbischof Horst Eberlein. Das schränke das Leben ein. Oben und Unten in der Gesellschaft breche auseinander. Es sei sehr wichtig, den Menschen an den Rändern der Gesellschaft Aufmerksamkeit zu schenken und sich solidarisch miteinander zu zeigen.

Der Diakonie-Landespastor in MV, Paul Philipps, sagte, dass die Beratungsangebote der Wohlfahrtsverbände wichtig seien, um Menschen zu stärken und damit das gesellschaftliche Miteinander. Der Diözesan-Caritas-Direktor im Erzbistum Hamburg, Steffen Feldmann, lud den DGB Nord ein, sich finanziell an der ökumenischen Telefonseelsorge in MV zu beteiligen.

Quelle: epd