Arbeitskreises Kirche und Tourismus Gastfreundliche Kirche

Gestalten einladende Kirche für Touristen: Axel Matrisch aus Satow, Gunna Weise aus Sternberg, Kersten J. Koepcke, Carola Nickel aus Graal-Müritz, Martin Heider aus Doberan, Rita Penzin aus Retschow und Kirchenredakteur Hans-Joachim Kohl (Ostseewelle).

Foto: M. Wulf-Nixdorf

16.11.2014 · Sternberg. Immer mehr Menschen wohnen im Sommer in MV und nutzen kirchliche Angebote – doch die Zahl der Pastoren hängt nur von den Kirchenmitgliedern ab. Ein Problem, sagt Tourismusexperte Kersten J. Koepcke vom Zentrum Kirchlicher Dienste in Rostock. Um mögliche Lösungen und weitere Herausforderungen ging es jetzt bei dem Herbsttreffen des mecklenburgischen Arbeitskreises Kirche und Tourismus in Sternberg.

Mehr als 7 Millionen Touristen kommen jährlich nach Mecklenburg-Vorpommern mit seinen rund 1,6 Millionen Einwohnern – ein Verhältnis von 1:4. Etwa 20 Prozent unserer Bevölkerung sind evangelisch und auch jeder fünfte Gast fragt nach Kirche – im Urlaub vielleicht noch öfter als zu Hause. Sind unsere kirchlichen Strukturen und unsere Ressourcen hinreichend auf diese Nachfrage ausgerichtet?“, fragt Kersten J. Koepcke, Referent für Kirche und Tourismus im Zentrum kirchlicher Dienste in Rostock. Immer mehr Menschen haben Zweitwohnungen in unserem Bundesland, nutzen gern kirchliche Angebote, zahlen ihre Kirchensteuer aber an dem Ort, an dem sie in der kalten Jahreszeit leben.

So haben Pastoren im Sommer einen oft gigantisch höheren Anteil an Menschen zu betreuen – die Stellen sind aber auf die Zahlen der Kirchengemeindeglieder ausgelegt. Kurprediger seien wichtige Hilfen – oft könnten aber Kirchengemeinden keine Wohnungen für diese vorhalten bzw. finanzieren, sagt Koepcke. „Es müssen gerade in den herausragenden Regionen wie an der Ostseeküste oder in der Müritzregion Lösungen gefunden werden, dass Urlauber einladende Kirche und dort, wo es die Verweildauer der Gäste möglich macht, auch seelsorgerliche Angebote vorfinden.“

Viele Touristen im Land sind sehr mobil. Wassertouristen in der Mecklenburgischen Seenplatte seien meist nur kurz an einem Ort, ebenso die zunehmende Zahl der Radwanderer. Gerade hier engagiert sich Kirche, so erscheint seit 2010 ein Heft „Kirchliche Angebote am Ostseeradweg“, das aktuell mit den Kirchen von Heiligenhafen bis Stralsund mit Adresse, Foto, Öffnungszeiten, Gottesdienst und Kirchenmusikterminen die Besucher mit den wichtigsten Informationen versogt. Auch die Pilgerwege in MV werden immer besser ausgeschildert, Kirchen am Weg sollten unbedingt offen sein.

Derzeit befindet sich eine weitere Publikation in der Vorbereitung. Sie wird sich mit den kirchlichen Angeboten an der Müritz-Elde-Wasserstraße befassen und soll zur nächsten Saison verfügbar sein, kündigt Koepcke an.

Für die Smartphonebesizer gibt es dann auch alle Angaben in der KirchenlandMV- App, versichert Koepcke, der als Koordinator gemeinsam mit einem Team, bestehend aus dem Programmierer Gerald Exner, dem Internetredakteur Daniel Vogel und einem Lektor für die Weiterentwicklung der App, verantwortlich zeichnet.

Das Spektrum des Gästeinteresses geht von „nur“ Kirche ansehen bis zur Teilnahme am Gottesdienst, Trauung, Taufe. Darauf müssen Kirchengemeinden reagieren, fordert Koepcke – wohl wissend, wie angespannt die personelle Struktur vor Ort ist. „Wir müssen uns Gedanken machen, wie wir dieser Situation begegnen. Ich sehe hier eine enorme Herausforderung, aber auch große Chancen.“ Wichtig sei auch, dass die Gäste, die ihren Urlaub planen, sich schon vorab im Internet verlässlich informieren können über Öffnungszeiten von Kirchen und besondere Veranstaltungen wie Seebrückengottesdienste oder Kirchenmusiken.

Auch ist zu wünschen, dass Kinder mehr in den Blick genommen werden. Ist ein Maltisch in einer offenen Kirche vorhanden? Dies geht auch in Kirchen, in denen keine Aufsichtsperson bereit stehe. Martin Heider, Kustos am Doberaner Münster, berichtete bei der Sitzung des Arbeitskreises von Führungen von Kindern für Kinder, die die Gemeindepädagogin Anne Jax gemeinsam mit der Münsterschule erarbeitet hat und die sowohl bei den führenden Kindern als auch den Gastkindern großen Anklang fänden. Parallel zu den Münsterführungen könnten im Juli und August dienstags um 11 Uhr so auch sonnabends um 11 Uhr Kinderführungen angeboten werden – auch im Winter. „Diese Kinder möchte ich später als Erwachsenenführer haben“, ist Heider begeistert.

Solche Möglichkeiten haben aber nur das Münster oder große Stadtgemeinden, in kleineren Orten wie Sternberg müssen die Aufsichtspersonen „mächtig flexibel sein“, betont Gunna Weise. Außerdem müssen die Ehrenamtlichen motiviert und geehrt werden, fügt Rita Penzin aus Retschow hinzu.

Der Kirchen-Tourismus-Fachmann in Mecklenburg Kersten J. Koepcke weist noch einmal auf die Ausbildung zum Kirchenführer hin, die Dr. Maria Pulkenat vom Zentrum kirchlicher Dienste anbietet. Dabei sei die Anbindung an eine Kirchengemeinde wünschenswert.

Das nächste Treffen des Arbeitskreises findet am Donnerstag, 9. April, 9.30 bis 12 Uhr, in Rostock im Zentrum kirchlicher Dienste statt. Neue Mitarbeiter und Interessierte sind herzlich willkommen!

Quelle: Mecklenburgische und Pommersche Kirchenzeitung Nr. 46/2014